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„Ich dachte, wir schaffen es nicht“So schildern Rückkehrer in Köln das Flammen-Drama auf Rhodos

Lesezeit 4 Minuten
Rhodos: Flucht vor dem Feuer.

Rhodos: Hunderte Urlauber fliehen vor dem Feuer.

Die ersten Rückkehrer aus dem Brandgebiet auf der griechischen Urlaubsinsel Rhodos sind in Deutschland angekommen. Was sie erlebt haben und wie gefährlich nah sie den Flammen waren, erzählen sie bei ihrer Ankunft in Köln.

14.30 Uhr Flughafen Köln/Bonn, Terminal 1: Familie Rau ist heil in Köln angekommen. „Wir sind froh hier zu sein. Es war alles sehr chaotisch.“ Marcel Rau (41) schaut auf seine Familie. Seine Frau hat ihren fünfjährigen Sohn im Arm. Die anderen beiden Jungs (8 und 10) lehnen sich auf die Koffer. Alle sind braun gebrannt, haben T-Shirts an und sehen nach Urlaub aus. Aber die letzten zwei Tage waren alles – nur nicht Urlaubsvergnügen.

„Am Samstagvormittag haben wir noch einen Ausflug gemacht. Als wir gegen Mittag nach Kiotari zurückkehrten, kam die Ansage, dass evakuiert wird“, erzählt Rau. Sie sollten zu einem Treffpunkt in der Nähe des Hotels gehen und auf Busse warten. Dort seien dann geschätzt 1500 Leute gewesen. „Die Situation dort war sehr chaotisch. Wir mussten sehen, dass wir zusammenblieben.“ Es kamen keine Busse.

Familie Rau am Flughafen Köln/Bonn

Familie Rau ist mit drei kleinen Kindern mehr als fünf Kilometer vor den Flammen über den Strand geflüchtet.

„Wir sind dann losgelaufen über den Strand, mit den Kindern auf dem Arm, über fünf Kilometer bei 38 Grad. Das Gepäck haben wir im Hotel lassen müssen. Irgendwann kam an der Strandpromenade ein Pickup vorbei, der uns auf der Ladefläche mitgenommen hat“, erzählt Rau weiter. Als die Familie dann am Samstagabend heil im sicheren Norden im Mitsis Grand Hotel in Rhodos Stadt ankam, konnte sie das erste Mal wieder durchatmen. Von ihrem Reiseveranstalter TUI haben sie bis dahin keine Informationen erhalten. „Herausstellen möchte ich aber die große Hilfsbereitschaft der Einheimischen. Die haben sich ganz toll um uns gekümmert, mit Wasser und Verpflegung“, schwärmt der Familienvater.

„Der Ascheregen wurde immer stärker“

Die Familie Deserno aus Eschweiler hat Ähnliches erlebt. Auch sie hatten ihren Urlaub in dem Ferienort Kiotari gebucht. Pascal Deserno (43) ist nicht gut zu Fuß. Er braucht aktuell eine Krücke. Seine Frau Natalie (35) erzählt von dramatischen Eindrücken an dem besagten vergangenen Samstag: „Bereits am Freitagabend hatte es Asche geregnet. Aber noch am Samstagmorgen hat uns der Animateur des Hotels beruhigt, dass wir uns keine Sorgen machen sollen. Es wäre nicht der erste Brand auf der Insel.“ Und dann sei ein paar Stunden später am Mittag der Ascheregen immer stärker geworden und am Pool habe man die Flammen lodern sehen können, so Deserno weiter.

„Wir sind dann aufs Zimmer gegangen und haben erst einmal gewartet. Ein Hotelmitarbeiter hat uns am Nachmittag mitgeteilt, dass evakuiert wird. Wir haben unsere Pässe und Geldbörsen mitgenommen und sind zum Strand gelaufen“, beschreibt Natalie Deserno die Situation. Am Strand seien hunderte Leute unterwegs gewesen, denen sie sich einfach angeschlossen haben. „Unser Gepäck haben wir im Hotel gelassen.“

Familie Deserno

Familie Deserno aus Eschweiler am Flughafen Köln/Bonn.

„Ich habe starke Rückschmerzen gehabt. Ich war verzweifelt. Teilweise hatte ich Tränen in den Augen, weil ich dachte, wir schaffen es nicht. Das waren extrem emotionale Situationen. Ich werde das nicht vergessen“, erzählt Pascal Deserno. Irgendwann sind sie auf eine Fähre gekommen. Wer Gepäck hatte, musste es am Strand lassen. Auf dem Meer sei dann der Fähre der Sprit ausgegangen. „Wir mussten auf offener See auf ein anderes Schiff wechseln. Chaotisch“, so Deserno.

Der Freund seiner Tochter sei dann noch am Abend von dem Schlaflager, in dem sie provisorisch untergebracht wurden, 60 Kilometer zurück in das Krisengebiet zum Hotel gefahren, um das Gepäck zu holen. „Es war praktisch das letzte Taxi, das durchgelassen wurde. Im Hotel war der Boden komplett mit Asche bedeckt, unser Fluchtweg war verbrannt und ein paar Ziegen standen verloren auf einer verbrannten Wiese. Das war wie in einem Endzeitfilm“, beschreibt Miguel Lexis (20) seine Eindrücke.

Viel Kritik an der TUI

Familie Wegner aus Niedersachsen lobt vor allem die griechischen Einheimischen auf Rhodos, die „selbstlos alle Reisenden in den Notunterkünften mit Decken, Verpflegung und Wasser versorgt haben“. Das sei einfach toll gewesen. „Einige haben sich sogar entschuldigt, dass wir jetzt unseren Urlaub abbrechen müssen. Verrückt.“ Sie haben ihr Gepäck im Hotel ihres Ferienortes Lindos gelassen und hoffen nun, dass ihr Reiseveranstalter dies nachschicken wird. Ansonsten lassen sie kein gutes Haar an der TUI: keine Deutsch sprechende Kontaktperson vor Ort, keine oder nur schlechte Kommunikation, keine klaren Ansagen zur Lage.

Die Einheimischen haben selbstlos alle Reisenden in den Notunterkünften mit Decken, Verpflegung und Wasser versorgt. Das war toll.
Familie Wegner aus Niedersachsen
Familie Wegner am Flughafen Köln/Bonn.

Familie Wegner mussten ihr Gepäck im Hotel lassen.

Was sagt die TUI zu den Vorwürfen? „Aufgrund der unübersichtlichen Lage sowie zahlreicher Stromausfälle war eine bessere Kommunikation nicht in allen Fällen reibungslos möglich“, sagt Aage Dünhaupt von der TUI Unternehmenskommunikation. Sowohl die Hoteliers als auch die Reiseleiter von TUI hätten bei den Evakuierungsmaßnahmen stets die Anweisungen der lokalen Behörden umgesetzt, um die Sicherheit der Gäste zu gewährleisten. Auf Nachfrage der Rundschau, ob die TUI nach den Schilderungen der Reisenden den Behörden auf Rhodos Vorwürfe mache, weil diese zu spät reagiert haben, dazu wollte die TUI sich nicht äußern.

Laut einer Mitteilung der TUI am Abend, wird der Reiseveranstalter in den kommenden Stunden und Tagen zusätzliche Flugzeuge einsetzen, um die Urlauber nach Deutschland zurückzufliegen. Außerdem wolle man alles tun, um das zurück gelassene Gepäck den TUI-Gästen zurückzugeben. Allerdings werde das laut Dünhaupt mehrere Wochen dauern.