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EU-KommissionWolf soll künftig leichter gejagt werden können

Lesezeit 4 Minuten
Eine ausgewachsener weiblicher Wolf steht in seinem Gehege im Tierpark.

Eine ausgewachsener weiblicher Wolf steht in seinem Gehege im Tierpark.

Die EU-Kommission will den Schutzstatus von „streng geschützt“ auf „geschützt“herabsetzen. Der Wolf wurde zum Symbol für die Kluft zwischen Land- und Stadtbevölkerung.

Um die Jahrtausendwende stand in den Zeitungen, dass die Wölfe nach Deutschland zurückgekehrt sind. Das klang zunächst romantisch. Bis sich Risse von Nutztieren wie Schafen und Rindern häuften und Weidetierhalter in einigen Teilen Europas über Gemetzel auf ihren Wiesen klagten. Das Tier wurde in gewisser Weise zum Symbol für die Kluft zwischen Land- und Stadtbevölkerung.

Der Wolf steht im Zentrum nicht nur eines bizarren Kulturkampfs, sondern seit Jahren auch im Fokus der politischen Streitigkeiten in Europa. Die Auseinandersetzung haben nun vorerst die Konservativen für sich entschieden. Am Freitag schlug die EU-Kommission vor, den Schutzstatus des Wolfs von „streng geschützt“ auf „geschützt“ zu senken und dafür die entsprechende Richtlinie an die sogenannte Berner Konvention anzupassen.

Schutzstatus des Wolfs: Herzensangelegenheit von der Leyens?

Der Vorschlag werde den Mitgliedstaaten „mehr Flexibilität bei der Verwaltung ihrer lokalen Wolfspopulationen geben, sodass sie Maßnahmen ergreifen können, die gut an die regionalen Gegebenheiten angepasst sind“, hieß es von Seiten der Behörde.

„Die Konzentration von Wolfsrudeln in einigen europäischen Regionen ist zu einer echten Gefahr geworden, insbesondere für Nutztiere“, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Die Änderung des Schutzstatus’ werde „den lokalen Behörden helfen, gezieltere Lösungen zu finden, um sowohl die Artenvielfalt als auch unsere Lebensgrundlagen auf dem Land zu schützen“.

Es braucht nicht viel Fantasie, um das Thema Wolf als eine Herzensangelegenheit von der Leyens auszumachen. Im Sommer 2022 wurde ihr 30 Jahre altes Pony „Dolly“ im heimischen Burgdorf in der Region Hannover von einem Wolf gerissen. Damals reagierte die Familie „fürchterlich mitgenommen“, wie sie verlautbaren ließ. Wohl nicht zufällig treibt die Brüsseler Behördenchefin seitdem der Lupus um – zum Ärger einiger EU-Abgeordnete: „Von der Leyens persönliches Pony-Drama darf keine EU-Politik werden“, kritisierte die grüne Europaparlamentarierin Jutta Paulus. Es brauche „wissenschaftliche Fakten statt Märchenstunden“.

Stimmung nach Tod von Dolly gekippt

In Brüssel sind sich die Kritiker des Vorstoßes einig, dass die politische Stimmung nach dem Tod von Dolly vollends gekippt ist. Angesichts der wachsenden Wolfspopulation in vielen Mitgliedstaaten, der Klagen von Bauern und Betroffenen sowie der Kritik von Seiten konservativer EU-Abgeordneten stieg jedoch der Druck auf die Kommission, die aktuelle Regelung zu überarbeiten.

Im völkerrechtlichen Übereinkommen der Berner Konvention ist der Wolf seit 1979 unter strengen Schutz gestellt. Die EU hat den Vertrag durch ihre Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie in europäisches Recht umgesetzt, die „alle absichtlichen Formen des Fangs oder der Tötung“ dieser Tiere in freier Wildbahn verbietet. Damit stehen seit 1992 Großraubtiere wie Wölfe, Braunbären oder Luchse EU-weit unter strengem Schutz. Bis jetzt.

Die Zeiten sind vorbei, als die Wiederansiedelung des Tiers nach rund 150 Jahren als einer der größten Naturschutz-Erfolge in der EU gefeiert wurde. Bis zur Berner Konvention war das Raubtier, zumindest in West- und Mitteleuropa, praktisch ausgerottet. Gibt die Gemeinschaft bald den Wolf wieder zum Abschuss frei?

Umweltexperten betonen regelmäßig, dass bereits heute Wölfe abgeschossen werden dürfen, wenn sie sich auffällig verhalten und eine Gefahr für den Menschen und Weidetiere darstellen. „Weniger Wölfe bedeuten mehr Reh- und Rotwild, geschädigte Wälder und damit höhere Kosten für Waldbesitzer und weniger CO2-Speicherung“, sagte die Grüne Paulus und forderte „eine bessere finanzielle Unterstützung beim Herdenschutz“.

Den jetzigen Schritt der Kommission lobte der CDU-Europaabgeordnete Norbert Lins nun als „entscheidenden Durchbruch“. Im September vergangenen Jahres hatte eine Mehrheit der EU-Mitgliedstaatenbereits für eine Absenkung gestimmt. Nachdem der Ausschuss des Europarats im Dezember den Status des Wolfs dann durch die Berner Konvention herabstufte und damit die Voraussetzung schuf, die Zahl der Tiere insgesamt zu regulieren, trat die Änderung zwar am 6. März in Kraft.

Das heißt aber nicht, dass der strenge Schutz praktisch aufgehoben ist. Vielmehr war der Schritt notwendig, damit die EU die Änderung nun in Recht gießen kann. Der jetzige Gesetzesvorschlag der Kommission ist der Auftakt dieses Prozesses, an dessen Ende stehen könnte, dass in Deutschland eine Jagd auf Wölfe unter bestimmten Umständen einfacher möglich wird.