Digitale Corona-HilfeWas die App „Luca“ zur Kontaktverfolgung leisten kann
Köln – Die digitale Kontakt-Nachverfolgung ist einer der Eckpfeiler der Beschlüsse der Ministerpräsidenten-Konferenz. Die App „luca“ könnte dabei helfen. Neu ist die Idee nicht. Doch „luca“ könnte durch prominente Unterstützung einen Vorteil haben. Fragen und Antworten.
Wie funktioniert die App „luca“?
Die App „luca“ ist bereits in den verschiedenen App-Stores verfügbar und soll in der Pandemie dabei helfen, Kontakte bei einer Infektion schnell und lückenlos nachzuverfolgen.
Ein Beispiel: Der Gastgeber einer Veranstaltung oder der Inhaber eines Restaurants erstellt über die App QR-Codes, die Gäste an ihren Tischen oder beim Einlass scannen müssen. Die App zeichnet dann auf, wie lange sich der Gast am Ort aufgehalten hat. Wer das Restaurant verlässt, kann das manuell mitteilen oder der App erlauben, dies automatisch zu tun. Das funktioniert über die Standortbestimmung des Smartphones. Kontaktangaben in Papierform könnten so überflüssig werden.
Wie werden Infektionsketten zurückverfolgt?
Sobald sich ein Nutzer mit dem Corona-Virus infiziert, teilt er dies dem Gesundheitsamt über die App mit. Das Gesundheitsamt sieht, in welchen Restaurants oder auf welchen Veranstaltungen sich der Nutzer aufgehalten hat und fragt anschließend beim Veranstalter ab, welche Gäste zum gleichen Zeitpunkt wie der infizierte Nutzer vor Ort waren. Über die App informiert das Gesundheitsamt diese Nutzer.
Wer steckt hinter der App?
Zum einen das Berliner IT-Start-up „neXenio“. Zum anderen Kulturschaffende wie die Stuttgarter Band „Die Fantastischen Vier“. Hintergrund: Die Kulturszene könnte von einer sicheren Nachverfolgbarkeit besonders profitieren.
Mit „luca“ lassen sich unter anderem Konzerte und Veranstaltungen sicher durchführen, die Gesundheitsämter werden entlastet und Infektionsketten schneller unterbrochen, was am Ende zu mehr Freiheit führen wird“, teilt die Band auf der Homepage der App mit. Bandmitglied „Smudo“ stellte die App öffentlichkeitswirksam in der Talkshow von Anne Will vor. Weil die Zugriffszahlen rasant stiegen, brachen zwischenzeitlich sogar die Server der App zusammen.
Könnte der Datenschutz zum Problem werden?
Laut den Entwicklern erfülle die App die gesetzlichen Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung. Alle gesammelten Daten werden verschlüsselt auf deutschen Servern gespeichert. Nur das Gesundheitsamt bekommt die entschlüsselten Datensätze. Auch die Entwickler hätten keinen Zugriff darauf.
Wird die Corona-Warn-App jetzt überflüssig?
Die „luca“-Entwickler sehen ihre App nicht als Konkurrenz, sondern als Ergänzung. Die Warn-App der Bundesregierung funktioniert mit eingeschalteter Bluetooth-Funktion passiv. Erst wenn zwei Nutzer sich über einen längeren Zeitpunkt nah sind, erfasst die App das als Begegnung. Wenn ein Nutzer dann seine Infektion in die App einträgt, wird der andere Nutzer darüber informiert.
Die App „luca“ kann am ehesten mit einer Anwesenheitsliste verglichen werden, in die sich jeder Anwesende über sein Smartphone einträgt. Sie ist also auf aktive Hilfe des Nutzers angewiesen. Aus den verschiedenen Einträgen entsteht eine Art Kontakt-Tagebuch, die der Nutzer – ebenfalls aktiv – an das Gesundheitsamt weiterleiten kann.
Kostet die App etwas?
Die App „luca“ ist für Nutzer, Veranstalter oder Gastronomen kostenlos. Lediglich die Gesundheitsämter müssen für die Nutzung der App zahlen.
In welchen Bereichen könnte die App zum Einsatz kommen?
Überall da, wo Menschen zusammenkommen. In der Gastronomie, auf Konzerten und anderen Veranstaltungen, in Supermärkten oder anderen Geschäften. Auch der Einsatz im privaten Bereich sei denkbar, teilen die Entwickler auf ihrer Homepage mit.
Was muss passieren, dass die App zum Einsatz kommt?
Das Bundesgesundheitsministerium teilt auf Anfrage mit: „Die Verbreitung der Luca-App oder vergleichbarer Anwendungen erfordert eine entsprechende Unterstützung der Länder, die zum Teil ihre Corona-Bekämpfungsverordnungen anpassen müssten, und den Zuspruch entsprechender Betreiber sowie den Willen der Gesundheitsämter, diese Anwendung zu nutzen.“ Prinzipiell könne also jedes Bundesland Angebote zur digitalisierten Kontaktdatenerfassung nutzen. Finanziert werden könne dies aus den Mitteln des Paktes für den Öffentlichen Gesundheitsdienst. NRW-Ministerpräsident Armin Laschet hatte bereits in der vergangenen Woche gesagt, es brauche neue Wege im Umgang mit der Pandemie. Dazu würden auch Apps wie „luca“ zählen.
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Auch das Kölner Gesundheitsamt beschäftigt sich mit dem Thema. Auf Anfrage teilte ein Stadtsprecher mit: „Das Gesundheitsamt plant die Anbindung verschiedener gleichartiger Apps. Ob ,luca’ eine davon sein wird, ist noch in Planung.“ In Bonn wird derzeit nicht geprüft, ob ein Einsatz der App Sinn machen könnte.
Andere Anbieter aus NRW mit ähnlicher Idee
Bereits im Sommer des vergangenen Jahres kamen ähnliche Apps zum Einsatz, um der Zettelwirtschaft in Restaurants oder bei Veranstaltungen entgegenzuwirken.
Das Kölner Unternehmen Railslove stellt beispielsweise die Web-App „recover“ zur Verfügung, die ebenfalls mit QR-Codes arbeitet. Geschäftsführer Tim Schneider sagt: „Seit Sommer gibt es viele regionale Lösungen zur Vereinfachung einer Kontakterfassung, die Zusammenarbeit mit den Gesundheits- und Ordnungsämtern funktioniert.“ Landesweit haben sich verschiedene Anbieter von digitalen Lösungen zur Kontaktdatenerfassung zur Initiative „Wir für Digitalisierung zusammengeschlossen. Gemeinsam verzeichneten die sechs Anwendungen bislang mehr als 8,5 Millionen Check-Ins.
Die Start-ups sehen nun die Gefahr, dass ihnen die Verbreitung der „luca“-App mit Hilfe prominenter Unterstützung schaden könnte. „Wir plädieren für eine Kontakterfassungsplattform, an die sich alle Anbieter andocken können“, sagt Schneider. Kontakt zu den „luca“- Entwicklern gäbe es bereits. Das Ziel der Anbieter sei dasselbe: Möglichst einfach und schnell Infektionsherde an die jeweiligen Gesundheitsämter weiterzugeben. (dhi)