AboAbonnieren

Thallium-MordprozessAus Polen angereiste Zeugin entlastet angeklagten Hürther doch nicht

Lesezeit 2 Minuten
Das Foto zeigt den Angeklagten am ersten Verhandlungstag im September 2022. Sein Gesicht ist unkenntlich gemacht.

Der 42-Jährige soll mehrere Frauen mit Thallium vergiftet haben, zwei starben.

Der angeklagte Hürther und seine Verteidiger hatten auf die Aussagen einer früheren Pflegerin gesetzt. Gibt es schon bald das Urteil?

Das nennt man wohl ein klassisches Eigentor: Auf die Frage, wem das Thallium gehört, das seit Monaten, wenn nicht seit Jahren in einem Einfamilienhaus in Hürth auf dem Küchenschrank lag, gut versteckt in einem Karton, der ursprünglich für Glühbirnen gedacht war, gab es am 29. Verhandlungstag vor dem Kölner Landgericht eine eindeutige Antwort. Das Rattengift sei in der Familie der Hausbesitzer kein Thema gewesen. „Es war niemals die Rede von irgendwelchen Giften“, beteuerte die ehemalige Pflegerin der verstorbenen Großmutter und Hausbesitzerin im Zeugenstand.

Auch beim Betrachten der Fotos, die die Dose auf dem Küchenschrank zeigte, schüttelte die Zeugin nur verneinend den Kopf und erklärte, diese noch nie gesehen zu haben. Für ihre knapp zehnminütige Aussage hatte das Gericht die 73-Jährige eigens aus Polen einbestellt.

Nie gesehen, dass die Großmutter eine Dose mit Thallium in ihren Händen gehalten habe

Der wegen zweifachen Mordes und eines Mordversuchs angeklagte Krankenpfleger Martin B. hatte zuletzt behauptet, die Pflegerin habe mit eigenen Augen gesehen, wie die Großmutter die Dose mit dem Thallium in den Händen gehalten habe. Dies wiederum habe er selbst beobachtet. Davon konnte nach dieser Zeugenaussage keine Rede sein.

Auch die These, die Senioren hätten das Gift für Ungeziefer im Haus benötigt, verneinte die Pflegerin mit Nachdruck: „Es gab kein Problem mit Ungeziefer." Es habe lediglich mal eine Maus gegeben, aber der habe die Oma „mit einer Lebendfalle den Garaus gemacht“.

Hürther Thallium-Prozess: Das Urteil soll am 3. Juli verkündet werden

Ungefragt erwähnte die Zeugin, dass es im Haus der Großeltern mal einen Hund der Tochter und mal Katzen der Enkelin gegeben habe. Für die Verteidigung reichte diese Aussage für die Annahme, mit diesen Tieren habe man möglicherweise dem Ungeziefer im Haus begegnen wollen. „Nein, ich wollte damit nur sagen, dass es im Haushalt nur diese Tiere gab, aber kein Ungeziefer“, empörte die Pflegerin sich über die Interpretation ihrer Aussage.

Jedenfalls sieht alles danach aus, dass sich der Prozess aktuell tatsächlich auf der Zielgeraden befindet. Am Donnerstag (22. Juni) soll plädiert werden, sowohl der Staatsanwalt als die beiden Nebenklage-Vertreter werden ihre Schlussvorträge halten. Am darauffolgenden Freitag haben dann die Verteidiger das Wort. Geplant ist die Urteilsverkündung für den 3. Juli.