Berlin/Köln – Ondrej Duda war nach dem erfreulichen 3:1-Erfolg des 1. FC Köln bei Hertha BSC Berlin einen Moment lang zwiegespalten. Sein Treffer zum 2:0 (32.) löste bei ihm nicht nur die üblichen Glücksgefühle aus. Er weckte auch schöne Erinnerungen an seine Zeit bei der „Alten Dame“. Die Hertha war zwischen 2016 und 2020 seine fußballerische Heimat gewesen. „Hier zu treffen fühlt sich für mich schon etwas seltsam an“, gab der 26-Jährige zu, bevor er sich den wesentlichen Dingen dieses Sonntagnachmittags widmen konnte: „Für uns ist es sehr wichtig, nach der kurzen Pause direkt mit drei Punkten gestartet zu sein“, stellte er seine persönlichen Befindlichkeiten wieder in den Hintergrund.
Fit aus dem Urlaub: Das Entspannen zeigt Wirkung
Drei Wochen lang hatten Duda und seine Teamkollegen die beiden jüngsten Siege in Wolfsburg und gegen Stuttgart sowie die tolle Hinrunde mit 25 Punkten auf sich wirken lassen können. Das Ergebnis des Entspannens und in sich Gehens konnte sich mehr als sehen lassen. Trotz des überraschenden Abgangs von Abwehrchef Rafael Czichos zu Jahresbeginn und der extrem schwierigen Platzverhältnisse im Olympiastadion zeigte der FC eine reife, geschlossene und selbstbewusste Leistung. „Es war kein perfektes Spiel von uns, aber wir haben in einer schwierigen Partie gut gespielt“, befand Ondrej Duda.
Das könnte Sie auch interessieren:
Thomas Kessler führte den verdienten Sieg bei den zuvor unter Neu-Trainer Tayfun Korkut Zuhause ungeschlagenen Berlinern auch auf den bis 2. Januar verlängerten Winterurlaub zurück: „Die Arbeit der Mannschaft war die komplette letzte Woche im Training schon sensationell. Es war gut, dass die Jungs so fit aus dem Urlaub gekommen sind“, erklärte der Sportliche Leiter. Fit wie etwa Duda, der an alter Wirkungsstätte körperlich und mental einen besonders frischen Eindruck hinterließ. Der Arbeitsnachweis des Regisseurs auf einem für ihn eher ungünstigem Geläuf fiel jedenfalls äußerst positiv aus. Duda war neben seinem zweiten Saisontor laufstärkster Kölner, hatten die meisten Torabschlüsse und gewann viele Zweikämpfe.
Der Glaube ab die neue Spielidee ist verfestigt
Er stand zudem stellvertretend für den nächsten Schritt in der Entwicklung der Geißböcke in dieser Saison. Der Feingeist im Zentrum des Kölner Offensivspiels gehörte in der Hinrunde zu den FC-Profis mit den größten Anpassungsschwierigkeiten an den Fußball von Trainer Steffen Baumgart. Die spielfreie Zeit nach den Anstrengungen der famosen Hinrunde hat bei ihm und seinen Teamkollegen den Glauben an die neue Spielidee offenbar noch einmal verfestigt. Besonders gut war der positiv fortschreitende Prozess des FC auch nach Herthas 1:2 durch Vladimir Darida (57.) zu erkennen. „Nach einem Anschlusstreffer geht einem schon mal die Muffe, aber sie haben es sehr gut gemacht“, lobte Steffen Baumgart die Unerschrockenheit seines Teams. Der FC verteidigte den zunehmenden Druck der Herthaner im Verbund unaufgeregt und konzentriert, so dass die Gastgeber bis zum Schlusspfiff zu keiner klaren Torchance mehr kamen. Im Gegenteil: Die Kölner hätten den Sack schon vor Jan Thielmanns coolen 3:1 (90.+2) zumachen können. „Wenn wir die Konter richtig fahren, machen wir auch vier oder fünf“, fand der FC-Trainer inmitten seines Lobs auch einen Satz der Kritik.
Boateng-Trikot für Baumgart
Für FC-Trainer Steffen Baumgart war das Duell mit Hertha BSC ein persönliches Derby. Immerhin trug der 50-Jährige zwischen 2000 und 2004 das Trikot des Berliner Stadtrivalen 1. FC Union und wohnt mit seiner Familie im Stadtteil Köpenick. Nach dem 3:1 bleibt der Coach noch zwei Tage in Berlin. „Er wird zwei schöne Tage in Köpenick verbringen. Er ist grinsend aus dem Olympiastadion nach Hause gefahren“, verriet Thomas Kessler, Sportlicher Leiter des FC. Als Trophäe sicherte sich Baumgart am Sonntag das Trikot von Hertha-Star Kevin Prince Boateng. „Ich möchte immer ganz besondere Hemden haben. Ich habe großen Respekt vor ihm und seiner Leistung. Deswegen gehört Prince dazu“, erklärte der FC-Coach. (sam)
Zustimmung fand er bei einem seiner beiden Innenverteidiger: „An unserer Chancenverwertung wollen wir noch arbeiten“, sagte Luca Kilian. Ansonsten war der 22-Jährige aber sehr zufrieden: „Hinten raus haben wir es gut weg verteidigt und dann den Lucky Punch gesetzt.“ Das junge Duo, dass er mit Timo Hübers (25) im Zentrum der Defensive bildete, machte mit einem konsequenten und harmonischen Auftritt schon gleich im ersten Spiel den Czichos-Abgang fast vergessen.
Der dritte Sieg in Folge und der Sprung auf Platz sechs mit 28 Punkten lässt die Träume in Köln wie von selbst reifen. „Wir wissen das einzuordnen und bleiben entspannt“, reagierte Steffen Baumgart auf die Frage nach Europapokal-Ambitionen des FC: „Wir sind froh, dass wir die 28 Punkte haben, weil der Abstand nach unten wieder größer geworden ist. Wenn die Leistung und die Ergebnisse so bleiben, werden wir bestimmte Sachen nicht aufhalten, aber wir werden nicht darüber reden. Das kommt von alleine.“ Thomas Kessler formulierte die Ansprüche so: „Für uns ist der Sieg in Berlin ein wichtiger Schritt gewesen, um frühzeitig den Klassenerhalt zu schaffen. Da lassen wir uns nicht aus der Ruhe bringen, wir wollen Schritt für Schritt unseren Weg gehen. Das ist ein Prozess seit dem Sommer. Die Mannschaft hat das Spielsystem und die Philosophie des Trainers toll aufgenommen.“