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Mit Sieg gegen VfB StuttgartFC-Torjäger Modeste krönt seine fabelhafte Hinrunde

Lesezeit 4 Minuten
Baumgart umarmt Modeste

FC-Trainer Steffen Baumgart nimmt den um seinen verstorbenen Vater weinenden Anthony Modeste nach dem Schlusspfiff tröstend in den Arm.

Köln – Als das Fußballjahr 2021 Geschichte war, wurde es im Rheinenergiestadion emotional. Das Flutlicht wurde gedimmt, dazu erklang aus den Lautsprechern das Lied von den „Stääne“. Viele der 15.000 Zuschauer zückten kurzerhand ihre Smartphones und verwandelten die Tribünen in ein funkelndes Lichtermeer.

Modestes Trauer: Der dritte Todestag seines Vaters

Zeitgleich wurde Anthony Modeste auf dem Rasen von seinen Gefühlen übermannt. Der Torjäger des 1. FC Köln hatte in der 89. Minute zum 1:0-Heimsieg gegen den VfB Stuttgart getroffen. Es war sein nun schon elftes Tor in der Bundesliga-Saison 2021/22 – und doch kein Treffer wie jeder andere für den Franzosen, dessen Vater Guy am Sonntag dritten Todestag hatte. „Für mich persönlich war es sehr emotional“, sagte der 33-jährige Routinier, der nach dem Schlusspfiff schluchzend in den Armen seines Trainers Steffen Baumgart gelegen hatte.

Die auffällig lange Umarmung war Ausdruck einer echten Männer-Freundschaft, wie sie im rauen Profigeschäft selten zu sehen ist. Baumgart ist es mit seiner authentischen und nahbaren Art gelungen, Zugang zu seinem sensiblen Angreifer zu finden. Das Ergebnis ist herausragend: Nach sportlich und gesundheitlich frustrierenden Jahren erlebt Anthony Modeste im Herbst seiner Karriere seinen zweiten Frühling.

Modeste: „Wir haben einen geilen Trainer“

Das entgegengebrachte Vertrauen seines neuen Coaches zahlt er mit einem Tor nach dem anderen zurück. „Wir haben einen geilen Trainer“, schwärmte der Torgarant nach dem letzten Spiel vor der Winterpause und gewährte einen Einblick in das besondere Verhältnis zu seinem Trainer: „Steffen Baumgart und ich waren Anfang der Saison ehrlich zueinander. Und jetzt ist es einfach geil.“ Dabei ist Modestes sportliche Wiederauferstehung kein Zufall, sondern Produkt harter Arbeit, wie er selbst betonte: „Ich habe viel investiert“, blickte der Franzose auf einen schweißtreibenden Sommer zurück. „Jetzt haben wir 25 Punkte nach der Hinrunde. Das hätten nicht so viele geglaubt.“

Steffen Baumgart, der nur selten einzelne Spieler hervorhebt, ließ Modestes fabelhafte Hinrunde derweil in aller Sachlichkeit Revue passieren. „Wir sind natürlich alle froh, wenn ein Spieler, der lange nicht so im Fokus war, wieder das macht, was ihn ausgezeichnet hat“, erklärte der FC-Coach, der den Fleiß seines Torjägers lobte: „Tony macht und tut, er arbeitet viel.“ Weitaus lieber sprach Baumgart jedoch über die Leistung des Kollektivs, über das sich die Kölner in dieser Spielzeit definieren. „Tony kann es nicht alleine“, betonte der 49-Jährige. „Das hängt viel mit dem zusammen, wie wir alle gemeinsam arbeiten. Er krönt das im Moment.“

Die Kaffeetasse: Eine neue Form des Torjubels

Am Sonntag sogar in besonderer Art und Weise. Nach dem erlösenden Siegtor hatte Anthony Modeste eine erweiterte Form seines Torjubels zur Aufführung gebracht. Erst formte er die Finger zur bekannten Brille und dann zu einer Kaffeetasse, die er nach mehrfachem Umrühren genussvoll leerte. Der Franzose spielte damit auf seine neue Nebentätigkeit als Kaffeeproduzent an. Beworben werden seine Kaffeebohnen mit dem Slogan: „Kräftig wie Tonys Kopfbälle und sanft wie sein Gemüt.“

Der Sonntagabend in Müngersdorf geriet zu einem Spiegelbild jener Anpreisung. Schließlich war es Modestes achtes Kopfballtor im laufenden Wettbewerb, das einmal mehr den Unterschied ausmachte. Kein anderer Bundesligaspieler hat in dieser Saison so häufig per Kopf vollstreckt wie Kölns Torjäger, der auch gegen den VfB im entscheidenden Moment sein ganzes Können demonstrierte. Modeste, von mehreren Stuttgartern umringt, ließ sich bei einer Hereingabe von der rechten Seite raffiniert in den Rücken der Abwehr fallen, ehe er trotz Rückwärtsbewegung mit Wucht aus elf Metern per Aufsetzer einnickte. VfB-Keeper Florian Müller konnte der im langen Eck landenden Kugel nur noch hinterherschauen.

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Es war ein Kopfball wie aus dem Lehrbuch. Und zugleich der an diesem Abend komplizierteste Abschluss des Franzosen, der in den vorangegangenen 88 Minuten bei zahlreichen Versuchen glücklos agiert hatte. Die Vorlage ging wie schon bei Modestes spätem Siegtor in Wolfsburg (3:2) auf das Konto des eingewechselten Kingsley Schindler. Auch das sei kein Zufall, betonte Modeste: „In jedem Training nehme ich King mit, wir arbeiten immer wieder daran. Deswegen bin ich nicht überrascht über seine Flanken.“ Während er das sagte, feierten die Menschen auf den Rängen ein herausragendes Kölner Halbjahr, das den FC von einem ängstlichen Fast-Absteiger in einen mutigen Tabellenachten verwandelte. „Wir spielen einen anderen Fußball. Das sieht man und funktioniert. Alle Gegner haben viel Respekt vor uns“, freute sich Steffen Baumgart, der seinem Team bis zum 2. Januar frei gab. „Jetzt genießen wir unser Weihnachten“, sagte Anthony Modeste, ehe in den wohlverdienten Urlaub verschwand.