Der FC Bayern zieht trotz der nächsten Meisterschaft personelle Konsequenzen. Vorstandsboss und Sportvorstand müssen gehen.
Aus der Bayern-BosseKahn durfte nicht nach Köln – Salihamidzic: „Ich hätte gerne weitergemacht“
Das Chaos dieser Saison setzte sich beim FC Bayern auch nach der dramatischen Titel-Erlösung fort. Die Münchner Profis bejubelten auf dem Platz im Köln ausgelassen die emotionalste deutsche Meisterschaft seit Jahren. „Da wirst du ja verrückt. Da geht es einem kalt den Rücken runter“, sagte Thomas Müller - während in diesen Minuten die Nachricht die Runde machte, dass Vorstandschef Oliver Kahn und Sportvorstand Hasan Salihamidzic gehen müssen.
Kahn nicht bei Meisterfeier in Köln: „Wurde mir vom Club untersagt“
Neuer Bayern-Chef wird Jan-Christian Dreesen, der als DFL-Präsidiumsmitglied dem verletzten Kapitän Manuel Neuer um 17.41 Uhr die Kopie der Meisterschale übergab. Wenig später feuerte Kahn bei Twitter, die Reise nach Köln sei ihm „vom Club“ untersagt worden. Der „Bild“-Zeitung sagte der Ex-Nationaltorwart zudem, das gelte auch für den „Besuch der Meisterfeier“.
Clubpräsident Herbert Hainer will am Sonntag um 11.30 Uhr die Hintergründe der Aufsichtsratsentscheidung gegen Kahn und Salihamidzic erklären. Salihamidzic wirkte eher erleichtert als enttäuscht. Er hatte nach dem späten Siegtor durch den erst vier Minuten zuvor eingewechselten Jungstar Jamal Musiala (89.) ausgelassen mitgefeiert - nach dem Abpfiff auch auf dem Rasen mit den Spielern. „Ich akzeptiere das natürlich. Ich hätte gerne weitergemacht, weil ich mit dieser Mannschaft unbedingt nochmal die Champions League gewinnen wollte“, sagte er. Für ihn sei es „emotional keine einfache Situation.“ Er wolle aber „der Freund des FC Bayern bleiben. Ich möchte einen schönen Abschied haben, weil das so gehört. Ich werde den FC Bayern im Herzen haben. Und ich hoffe, dass die Fans mich in guter Erinnerung behalten.“
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Thomas Müller: „Das war schon totales Chaos“
Dass es trotz der Konsequenzen für die Bosse eine emotional ganz besondere Meisterschaft war, stellte der nun zwölffache deutsche Meister Müller schnell klar. „Die emotionalste war vielleicht meine erste“, sagte er: „Aber ich glaube, das war die verrückteste. Und ich weiß nicht, ob man das messen kann, was die Bauchspeicheldrüse da so ausschüttet.“
Als Hainer in der Kabine die Trennung von Kahn und Salihamidzic verkündete, „waren wir im Siegestaumel und hatten alle vielleicht schon den ein oder anderen Schluck vom Zielwasser“, sagte Müller, der das Aus der beiden Bosse bedauerte, „aber der Verein hat eben das Gefühl gehabt, dass sie da was tun müssen“. Die Saison wollte Müller auch gar nicht schönreden. „Das war schon totales Chaos“, sagte er: „Wenn das ein Film gewesen wäre, würden ihn auf jeden Fall viele Leute anschauen und würden dann sagen: Also langweilig war er nicht.“
Müller verspürte aber auch ein wenig Mitleid mit Konkurrent Borussia Dortmund. „Ich entschuldige mich auf keinen Fall dafür, dass wir Meister geworden sind und dass wir uns darüber freuen“, sagte er: „Aber wenn man an die anderen denkt, und die Perspektive mal wechseln können, tut es mir schon leid. Auch wenn sie es vielleicht gar nicht hören wollen oder gar nicht gebrauchen können. Ich will mich da auch gar nicht unbedingt als großherzig oder sonst was hinstellen, aber das ist schon hart.“
Salihamidzic: „Ich muss sagen, dass es mir menschlich wirklich leidtut“
Selbst Salihamidzic dachte trotz seiner persönlichen Situation an den Rivalen. „Ich war eigentlich darauf eingestellt, den Dortmundern zu gratulieren“, sagte er: „Ich muss sagen, dass es mir menschlich wirklich leidtut.“
Derweil wirkte Trainer Thomas Tuchel extrem nachdenklich nach der Demission von Kahn und Salihamidzic, die ihn vor rund zwei Monaten als Ersatz von Julian Nagelsmann verpflichtet hatten. „Ich weiß es seit gestern. Die beiden waren maßgeblich verantwortlich, dass wir gemeinsam auf die Reise gegangen sind. Deswegen muss ich es jetzt auch erst verarbeiten“, sagte Tuchel: „Statt zu feiern, haben wir jetzt das nächste Thema.“
Die Freude hatte es schwer, bei ihm durchzudringen. „Ich hätte mich deutlich verantwortlicher für einen Misserfolg gefühlt als ich mich nun verantwortlich für den Erfolg fühle“, sagte er: „Das ist einfach so. Ich bin froh, dass wir das abwenden konnten alle miteinander.“ Bei seinem Amtsantritt habe er nicht mit solch einer Entwicklung gerechnet. „Absolut nicht. Ich habe es mir nicht so vorgestellt und auch nicht gewünscht“, sagte Tuchel: „Obwohl wir jetzt ein Happy End haben. Das wird unsere Saisonanalyse nicht mehr schönfärben. Es wird es einfacher machen. Trotzdem war das keine Saison, bei der wir am Ende sagen können: Alles gut, machen wir die Augen zu, es wird schon alles besser werden. Das ist keine Saison, mit der wir zufrieden sein dürfen.“
Am Ende sorgte ausgerechnet Musiala für das zumindest sportliche Happy End. Der 20-Jährige war der Shootingstar der Hinrunde, danach hat laut Tuchel „seine Entwicklung in einer instabilen Mannschaft gelitten“. Am Samstag strahlte der Meisterschütze. „So ein gutes Gefühl habe ich noch nie gehabt“, sagte er. (sid, red)