Der wegen massenhaften sexuellen Missbrauchs verurteilte frühere US-Sportarzt Larry Nassar ist einem Medienbericht zufolge bei einem Streit mit einem anderen Häftling erstochen worden. Der Vorfall habe sich am Sonntag in einem Gefängnis im Bundesstaat Florida ereignet, berichtete die Nachrichtenagentur AP am Montag unter Berufung auf ungenannte Quellen.

Ehemaliger Sportarzt der US-Turnerinnen niedergestochen

Nassar erlitt demnach Stichwunden in Rücken und Brust. Sein Zustand sei stabil, berichtete auch der US-Sender ABC. ABC sprach von einem nächtlichen Angriff auf Nassar. Weder das Gefängnis noch die US-Gefängnisbehörde bestätigten den Vorfall auf Anfrage zunächst.

Der langjährige Arzt des US-Turnverbandes hatte zahlreiche junge Turnerinnen sexuell missbraucht. Den Stein ins Rollen brachte 2016 Rachael Denhollander, die in einem Interview mit dem „Indianapolis Star“ über den Missbrauch durch Nassar berichtete.

Opfer von Nassar melden sich zu Wort

Denhollander, twitterte am Montag, dass keine der Frauen, mit denen sie gesprochen habe, glücklich sei, dass Nassar angegriffen wurde. „Wir trauern darüber, dass der Schutz anderer vor ihm mit der Gewissheit einherging, dass wir eines Tages damit aufwachen würden.“

Ein weiteres Opfer, Sarah Klein, sagte laut AP, dass die Messerattacke sie und andere dazu zwinge, den Missbrauch und das Trauma durch Nassar und die Institutionen, einschließlich der Strafverfolgungsbehörden, die ihn schützten und ihm erlaubten, Kinder zu missbrauchen, erneut zu durchleben.

Missbrauchsskandal erschütterte die Sportwelt

Nassar wurde wegen sexueller Übergriffe in mehr als 250 Fällen in drei Urteilen zu Haftstrafen von insgesamt bis zu 175 Jahren verurteilt. Im Prozess waren mehr als 150 Mädchen und Frauen angehört worden, darunter mehrere Olympiasiegerinnen wie Weltstar Simone Biles. Viele Sportlerinnen konfrontierten ihre Peiniger im Prozess mit ihren Vorwürfen, Gefühlen und Verletzungen. Nassar bekannte sich im November 2017 schuldig.

Der Fall wurde 2020 auch in der mit dem Emmy ausgezeichneten Netflix-Dokumentation „Athletin A“ von Bonni Cohen und Jon Shenk aufgegriffen, die den harten Kampf der Turnerinnen um Gerechtigkeit nachzeichnet. (jag/dpa)