Der Mittelfeldspieler spricht über die Ergebniskrise des Drittligisten und seine steile Entwicklung in Höhenberg.
Viktoria Kölns Florian Engelhardt„Es ist nicht der Zeitpunkt, um zu zweifeln“
Herr Engelhardt, nach Viktoria Kölns starkem Start in die Drittliga-Saison haben zuletzt die Ergebnisse nicht mehr gestimmt. Im Oktober und November gab es nur einen Sieg. Was klappt nicht mehr so gut wie zu Saisonbeginn?
Ich sehe kein großes, einzelnes Problem. Gegen Cottbus (0:1, d. Red.) haben wir trotz Überzahl den Ball einfach nicht ins Tor bekommen. In dieser englischen Woche gegen Borussia Dortmund II (3:5) und Ingolstadt (4:4) hatten wir ein Top-Offensivspiel, kassieren aber viel zu viele Tore und haben letztlich zu wenig Punkte geholt für den Aufwand, den wir betrieben haben. Aber trotz der Ergebnisse fühlt es sich innerhalb der Mannschaft so an, dass wir Schritte nach vorne machen. Dann ist es doppelt schmerzhaft, wenn man sich nach einem Spiel wie gegen Cottbus anguckt und sagt, dass man eigentlich alles richtig gemacht hat – und am Ende ohne Punkte dasteht. Es ist aber nicht der Zeitpunkt, irgendwie zu zweifeln. Wir müssen daran festhalten, was wir können. Und was wir können, dass wissen wir als Mannschaft. Ich bin davon überzeugt, dass man das in den letzten vier Spielen der Hinrunde noch sehen wird.
Vor knapp einem Jahr ist Ihnen mit Ihrem Debüt gegen Jahn Regensburg der Durchbruch bei Viktoria gelungen. Wie würden Sie Ihre Entwicklung seitdem beschreiben?
Ich bin ziemlich zufrieden mit meiner Entwicklung. Natürlich habe ich ein paar Spiele gebraucht, um mich in der Dritten Liga zu akklimatisieren. Aber seitdem fühle ich mich in dieser Rolle, in der ich bin – dass ich fast immer von Beginn an spiele – sehr wohl. Ich weiß natürlich, dass es erst der Anfang ist und ich noch ganz viele Dinge verbessern kann. Aber ich bekomme vom Verein und den Trainern eine Top-Unterstützung. Es macht Spaß, sich weiterzuentwickeln.
Sie sind 21 Jahre alt. Ihr Mittelfeld-Partner Enrique Lofolomo ist 24. Trainer Olaf Janßen vertraut offensichtlich der Jugend.
Auf jeden Fall. Das ist generell der Weg des Vereins. Wenn man mal schaut, wer zuletzt gegen Cottbus gespielt hat: Said El Mala, Jonah Sticker, Luca de Meester, Niklas May. Alles Spieler aus dem eigenen Nachwuchs. Natürlich ist das für so junge Leute gleich viel Verantwortung. Aber wir haben eine echt gute Mischung – und mir macht es auf jeden Fall Spaß, wenn so viele Jungprofis auf dem Platz stehen. Das tut unserem Spielwitz gut.
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Im Sommer gab es einen großen Umbruch, weil gespart werden musste. Wurde den jungen Spielern das Gefühl vermittelt, dass aus Überzeugung auf sie gesetzt wird? Und nicht nur, weil kein Geld für andere Profis da war…
Definitiv. Für jeden jungen Spieler ist es mit das Wichtigste, das Gefühl von Vertrauen vermittelt zu bekommen. Wir jungen Spieler haben für solchen Situationen Respekt. Gerade, weil wir natürlich noch Fehler machen. Und dann ist es umso wichtiger, wenn man das Vertrauen vom Trainer, vom Verein und den Mitspielern spürt. Nur so kann man sich an den Herrenfußball und die Dritte Liga anpassen.
Zur Person: Florian Engelhardt (21) spielte in der Jugend für Fortuna, den FC und Viktoria Köln. Anfang 2023 wurde der Mittelfeldspieler für ein halbes Jahr nach Koblenz verliehen, wenige Monate nach seiner Rückkehr avancierte Engelhardt unter Trainer Olaf Janßen zur Stammkraft. Bislang absolvierte er 34 Pflichtspiele für Viktoria.
Im Sommer wurde die Viktoria allgemein als erster Abstiegskandidat gehandelt. Was hat das mit dem Team gemacht? Gab es eine Jetzt-erst-Recht-Mentalität?
Ja, das kann man so sagen. Am Anfang der Vorbereitung, nach den ganzen Abgängen und Zugängen, da wussten wir alle selbst nicht so richtig, wo wir stehen und ob das was wird. Aber wir haben relativ schnell gemerkt, dass wir mehr als eine Mannschaft sind, die nur irgendwie gegen den Abstieg spielt. Wir haben unsere Automatismen trainiert, sodass wir viel Klarheit in unseren Abläufen haben. Das ist bei einer runderneuerten Mannschaft einfach wichtig. Jeder weiß, was zu tun ist. Spätestens nach dem Saisonauftakt gegen Dresden war uns im Team klar, obwohl wir verloren hatten, dass wir eine sehr gute Saison spielen können – wenn wir uns alle an den Plan des Trainers halten.
Sie haben in der Jugend beim FC, der Fortuna und zuletzt bei Viktoria gespielt. Wo haben die drei großen Kölner Klubs Gemeinsamkeiten? Und wo die größten Unterschiede?
Dem FC steht in seinem NLZ (Nachwuchsleistungszentrum, d. Red.) natürlich das meiste Geld zur Verfügung, das merkt man schon. Die Trainingsbedingungen sind die besten. Man hat viel mehr Trainer, Athletiktrainer und Physios. Das ist schon relativ früh sehr professionell. Die Mitspieler sind in der Regel besser, weshalb das Trainingsniveau höher ist. So entsteht natürlich mehr Druck, aber man kann sich besser weiterentwickeln. Umso höher das Niveau ist, umso mehr musst du im Alltag mitziehen. Als ich in meinem letzten U-19-Jahr bei Viktoria war, gab es dort auch schon das NLZ. Das war natürlich in allen Bereichen kleiner als das beim FC, aber es wurde aus den Möglichkeiten, die es gab, das Beste herausgeholt. Wenn man sieht, wie viele Talente es bis in den Profibereich geschafft haben, sieht man, dass eine sehr gute Arbeit geleistet wird.
Als luxuriös gelten die Bedingungen am Geißbockheim allerdings nicht.
Nein, im Vergleich zu Gladbach, Leverkusen oder Dortmund sicherlich nicht. Aber wenn man als 16-jähriger Spieler zum FC kommt, hat man dort alles, was man braucht. Da fehlt einem nichts.
Ihnen ist in Ihrer Profikarriere erst ein Pflichtspieltor gelungen: Während Ihrer Leihe zu Rot-Weiß Koblenz im Landespokal Rheinland. Mussten Sie sich schon Sprüche von Teamkollegen anhören, dass sie noch nie für Viktoria getroffen haben?
Nein (lacht). Ich weiß auch gar nicht, ob das alle so auf dem Schirm haben, dass ich noch nicht getroffen habe. Ich möchte das auf jeden Fall bald ändern. Richtig oft komme ich als Sechser natürlich nicht zu Torchancen, aber das sollte keine Ausrede sein. Ab und zu gibt es Möglichkeiten. Meine Torpremiere ist jedenfalls eines meiner Ziele, das ich schon länger verfolge.
Die nächste Chance bietet sich am Sonntagabend, wenn Viktoria beim SV Wehen Wiesbaden antritt (19.30 Uhr). Was erwarten Sie?
Einen Zweitliga-Absteiger, der sehr guten Fußball spielt. Aber sie haben nur drei Punkte mehr als wir, mit einem Sieg könnten wir sie überholen. An unseren letzten Spielen hat man gesehen: Es liegt an uns, ob wir Punkte holen. Und nicht daran, was der Gegner macht. Wenn wir gut gegen den Ball spielen und mit Ball, dann haben wir es selbst in der Hand.
Die Viktoria hat vor Saisonstart den Klassenerhalt als Ziel ausgegeben. Gehen Sie mit? Oder hoffen Sie auf mehr?
Zunächst ist der Klassenerhalt natürlich elementar für den Verein. Aber ich halte einen Platz im Mittelfeld für machbar. Wir haben schon 20 Punkte gesammelt. Das sind mehr als uns viele Leute und vielleicht auch wir selbst im Vorfeld zugetraut hatten. Und bis zur Winterpause möchten wir jedes Spiel gewinnen, ich bin überzeugt, dass wir das schaffen können.