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Lukas Nottbeck über Karriereende„Der Fußball wird mir fehlen, die Zeit war wunderschön“

Lesezeit 7 Minuten
1.FC Köln U21 vs. Rot-Weiss Ahlen, Regionalliga West, Lukas Nottbeck (1.FC Köln), 26.03.2022, Bild: Herbert Bucco

Lukas Nottbeck war zuletzt Kapitän der U21 des 1. FC Köln.

Lukas Nottbeck war für den FC, Fortuna und Viktoria aktiv – bei allen Vereinen hinterließ er Eindruck. Nun endet seine Karriere.

Herr Nottbeck, welche Gefühle begleiten Sie durch die letzten Tage Ihrer aktiven Karriere?

Meine Gefühle sind gemischt. Einerseits ist eine gewisse Vorfreude auf das neue Leben da. Aber es ist auch sehr, sehr viel Wehmut dabei. Der Fußball hat mir viel gegeben, ich habe viel Energie und Emotionen hineingesteckt. In den vergangenen Jahren war der Fußball mein Leben. Er wird mir fehlen, die Zeit war wunderschön.

Wie wichtig ist es für den Gesamteindruck, dass Sie mit der U21 des 1. FC Köln noch einmal die Kurve bekommen und die Klasse gehalten haben?

Meine Laufbahn vernünftig und sauber mit dem Klassenerhalt zu beenden, habe ich mir im Winter als persönliches Ziel gesetzt. Ein Abstieg in meinem letzten Jahr? Das hätte ich nicht mit meinem Gewissen vereinbaren können. Wir haben im Winter nochmal alle Energien gesammelt, ein paar Dinge angepasst und verändert. Und es hat funktioniert. Jetzt kann ich mit einem guten Gefühl die Schuhe an den Nagel hängen.

Lukas Nottbeck kam 2006 erstmals zum 1. FC Köln

Sie haben 2006 zum ersten Mal beim 1. FC Köln unterschrieben.

Ich bin als 17-Jähriger von Zuhause weg und zu einer Gastfamilie gezogen. Beim FC habe ich in der U19 gespielt. Das war ein Riesen-Schritt. Aber rückblickend war es der beste Schritt, den ich gehen konnte. Ich habe mich in meiner Laufbahn immer wieder für Vereine in Köln entschieden, die Stadt hat eine enorme Bedeutung für mich.

Wie unterscheidet sich der 18-jährige Lukas Nottbeck von heutigen Nachwuchsspielern?

Es hat sich auf jeden Fall etwas verändert. Die aktuelle Generation an Nachwuchsspielern ist eine andere als wir damals. Neben dem Sport gibt es auch abseits des Platzes in der heutigen Zeit viele Themen, die Einfluss nehmen.

Wer hat Ihnen in der Frühphase beim FC geholfen?

Carsten Cullmann, Michael Niedrig und Stefan Schwellenbach waren in der zweiten Mannschaft die drei erfahrenen Spieler, die drei Säulen, an die man sich hängen konnte. Carsten zum Beispiel war sehr ruhig. Aber er hat vorgelebt, wie es ist, Profi zu sein. Das konnte man nicht übersehen. Ich konnte mir damals schon vorstellen, dass ich auch einmal gut in eine solche Mentoren-Rolle passen würde.

18.11.2017, Fussball, Regionalliga West, Saison 2017/2018, 18. Spieltag, Sportclub Arena, Verl SC Verl - FC Viktoria Köln 1904 1 : 1 Lukas Nottbeck (FC Viktoria Köln 1904), Aktion, Einzelbild, Quer *** 18 11 2017 Football Regional League West Season 2017 2018 18 Round of the Game Sportclub Arena Verl SC Verl FC Viktoria Cologne 1904 1 1 Lukas Nottbeck FC Viktoria Cologne 1904 Promotion Single Picture Quer

Lukas Nottbeck im Trikot von Viktoria Köln

Wie kann man sich das Leben eines jungen Fußballers in einer Gastfamilie vorstellen?

Ich hatte die Wahl zwischen Internat und Gastfamilie, ich wollte aber noch dieses Familiäre. Im ersten Jahr wurde noch für uns gekocht und gewaschen. Aber Stück für Stück haben wir es dann selbst übernommen. Irgendwann ist Thomas Kraus dazugekommen und wir haben zusammen in einem kleinen Anbau gewohnt und uns selbst verpflegt. Diese Zeit hat mich geprägt und mir geholfen, selbstständig zu werden.

Sie sind mit dem Traum zum FC gekommen, sich irgendwann einen Platz bei den Profis zu erkämpfen.

Ja, das war das Ziel. Aber es hat letztlich nicht gepasst. Ich habe damals einen Profivertrag unter Christoph Daum unterschrieben. Der ist dann in die Türkei gewechselt. Zvonimir Soldo ist gekommen und hat leider nicht auf junge Spieler gesetzt. Dazu kam eine Verletzung, ich bin zweimal am Sprunggelenk operiert worden und musste fast ein Jahr pausieren – und vielleicht hat die Qualität dann auch einfach nicht gereicht.

Über Dortmund II und Koblenz ging es dann 2011 wieder nach Köln, diesmal zur Fortuna.

Genau, in Koblenz habe ich Uwe Koschinat kennengelernt. Als sein Anruf nach der Insolvenz von Koblenz kam, habe ich kurz überlegt – weil es aus der Dritten Liga ein Rückschritt war. Aber dann war Köln als Stadt wieder das Argument. Und natürlich der Trainer, den ich kannte. So habe ich gesagt: „Für Uwe mache ich das.“

2013 sind Sie von der Fortuna zur Viktoria gewechselt. 2014 ist die Fortuna aufgestiegen. 2018 sind Sie von Viktoria zurück zum FC gegangen. 2019 ist die Viktoria aufgestiegen.

Ich habe die Wege für die Aufstiege geebnet, sagen wir es mal so (lacht). Natürlich ist es schade, dass ich jeweils nicht mehr dabei war. Das Ziel hatte ich mit beiden Teams, ganz klar. Aber ich bin niemand, der viel zurückblickt und sich über irgendeine Entscheidung ärgert. Hinter den Entscheidungen, die ich getroffen habe, stehe ich noch heute voll und ganz. Die Zeiten bei allen Vereinen waren cool. Und es können auch nicht viele von sich behaupten, dass sie beim FC, bei der Fortuna und bei Viktoria größere Spuren hinterlassen haben. Das bestätigt mir, dass ich etwas richtig gemacht haben muss.

Lukas Nottbeck erlebte seinen Karriere-Tiefpunkt bei Viktoria Köln

Beschreiben Sie bitte den 1. FC Köln aus Ihrer Sicht in einigen Sätzen.

Der FC ist mittlerweile mein Verein, ich bin in Summe achteinhalb Jahre da. Dieses Gefühl, wenn man in die Kluballee kommt, das Franz-Kremer-Stadion sieht, das Geißbockheim. Und alle Leute dort trifft. Es ist ein Verein, der dich in seinen Bann zieht. Es ging wahnsinnig schnell bei mir. Es ist ein Privileg für mich, dass ich so lange dort spielen durfte.

Nun den SC Fortuna.

Ein familiärer Verein, damals die Nummer zwei der Stadt. Ich habe mich sehr wohlgefühlt. Allein, wenn man nach Spielen im Vereinsheim mit den Fans ein Bier getrunken und sich ausgetauscht hat.

Und die Viktoria bitte.

Bis auf ein Ereignis im Speziellen, hatte ich fünf tolle Jahre bei der Viktoria. Der Verein hat sich enorm weiterentwickelt. Was sie bei den Profis und mit der Jugend auf die Beine gestellt haben, ist beeindruckend.

Das Negativ-Ereignis, von dem Sie sprechen, war der verpasste Drittliga-Aufstieg in der Relegation gegen Jena 2017?

Genau. Der Tiefpunkt meiner Laufbahn. Das kann man als Außenstehender vielleicht gar nicht so nachvollziehen. Du wirst Meister, holst über 70 Punkte – und dann entscheidet sich die Zukunft innerhalb von zwei Spielen. Auswärts haben wir ja sogar gewonnen. Am Ende sind wir wegen einer schlechten Halbzeit nicht aufgestiegen. Es hat sehr, sehr lange gedauert, bis ich das verdauen konnte. Lustigerweise habe ich jetzt beim FC jahrelang mit dem damaligen Jena-Trainer Mark Zimmermann zusammengearbeitet. Das war bei unserem ersten Treffen natürlich der Aufhänger.

Was machen die FC-Pokalsieger von 2013?

Und die Höhepunkte Ihrer Karriere?

Die DFB-Pokal-Spiele mit Viktoria gegen Hertha und Leverkusen zählen auf jeden Fall zu den Höhepunkten meiner Karriere. Aber auch die Derbys zwischen Viktoria und Fortuna oder die Drittliga-Spiele in großen Stadien sind Momente, an die ich mich gerne erinnere. So etwas vergisst man nicht.

Im Pokalspiel gegen Leverkusen ist Ihnen 2015 etwas Kurioses unterlaufen. Der Schiedsrichter hatte seine Rote Karte verloren, Sie haben sie aufgehoben, haben dabei Stefan Kießling aus den Augen verloren und sind ihm dann mit der Karte in der Hand hinterhergelaufen. Vergeblich, Kießling traf zum 5:0.

Ich erinnere mich wieder (lacht). Aber ich bin so ein Gerechtigkeitsfanatiker und wollte dem Schiedsrichter helfen. Dann hat es halt geklingelt. Zum Glück war es nicht spielentscheidend.

Nach der Regionalliga-Reform 2011 sind Sie in der West-Staffel der Spieler mit den zweitmeisten Einsätzen. Nur Marcel Hölscher vom SC Wiedenbrück (321) liegt noch vor Ihnen.

Das ist auf jeden Fall eine schöne Bilanz. Wichtig ist mir auch noch das letzte Saisonspiel gegen den SV Lippstadt – es wäre mein 200. für die FC-U-21 und ein perfekter Abschluss.

Wann haben Sie sich dazu entschlossen, Ihre Karriere in diesem Sommer zu beenden?

Schon frühzeitig, nach der letzten Saison. Vom körperlichen Zustand her könnte ich bestimmt noch ein Jahr weiterspielen, ich habe in diesem Jahr noch keine Trainingseinheit verpasst. Aber ich wollte jetzt diesen Übergang haben. Wir hatten über die Jahre hinweg überragende Teams mit vielen tollen Spielern. Aber zuletzt hatte ich ab und zu das Gefühl, dass die Werte, die ich vertrete, nicht mehr so angenommen werden. Neben dem Wunsch, mich beruflich weiterzuentwickeln, hat das meine Entscheidung bestärkt.

Wie soll es ab dem Sommer beruflich weitergehen?

Eine Weiterbeschäftigung beim FC, auch nach meiner aktiven Karriere, wurde schon 2018 bei meiner Rückkehr zum FC beschlossen. Dafür habe ich, zusätzlich zu meinem Sportökonomen und Sportfachwirt, im Bereich Scouting und Kaderplanung Weiterbildungsmaßnahmen absolviert – parallel zum Fußball. Der FC und ich befinden uns derzeit in Gesprächen. Wenn wir zusammenkommen würden, wäre es für beide Seiten eine Win-Win-Situation. Ich bringe von der Ersten bis zur Vierten Liga ein großes Netzwerk mit, kenne den Verein, die Struktur und die Mitarbeiter. Der Verein und die Verantwortlichen kennen mich und meine Kompetenzen.