Köln – Nach Frohsinn war an diesem Rosenmontag bei den Kölner Haien niemandem zumute, ganz im Gegenteil. Während sich die Fest- und Prunkwagen unter dem Jubel Hunderttausender Jecken durch die Innenstadt schlängelten, herrschte an der Gummersbacher Straße in Deutz eine andere Art von Wahnsinn.
Auf den Tag genau drei Wochen, nachdem Mike Stewart (47) von den KEC-Bossen noch demonstrativ eine Jobgarantie auch für die kommende Saison der Deutschen Eishockey Liga (DEL) ausgesprochen bekommen hatte, wurde der einstige Wunschtrainer nun doch von seinen Aufgaben entbunden. Damit hat der Club innerhalb von nur 21 Tagen seine gesamte sportliche Führung ausgetauscht. Vor Stewart hatte bereits Manager Mark Mahon als Konsequenz aus dem Absturz des einst so stolzen achtfachen Deutschen Meisters gehen müssen.
Nachfolger präsentiert
Einen Nachfolger für den geschassten Stewart präsentierten die Haie gleich mit – und sorgten bei ihrer Wahl für den nächsten kräftigen Paukenschlag: Uwe Krupp (54) kehrt mit sofortiger Wirkung zurück und erhält einen bis 2022 gültigen Vertrag. Die Club-Ikone wurde mit dem KEC als Spieler zweimal Deutscher Meister und führte den Verein während der ersten Trainer-Amtszeit von 2011 bis 2014 ebenso oft ins Meisterschafts-Finale.
Der Streit mit Haie-Hauptgesellschafter Frank Gotthardt, der vor sechs Jahren zum Rausschmiss des zweimaligen Stanley Cup-Gewinners maßgeblich beigetragen hatte, scheint also beigelegt.
Gebürtiger Kölner
„Wieder zurück in Köln zu sein, ist etwas Besonderes für mich“, erklärt Uwe Krupp. Der gebürtige Kölner verspürt in einer Phase der fundamentalen sportlichen Krise eine „große Verantwortung“ gegenüber seinem in den Trümmern der Saison verschütteten Heimatverein: „Der KEC ist generell gut aufgestellt und hat eine riesige Bedeutung für Köln. Ich will mithelfen, dass wir sportlich wieder erfolgreich werden.“
Noch am Montag traf der Ende Januar beim tschechischen Erstligisten Sparta Prag vor die Türe gesetzte ehemalige Bundestrainer in Köln ein. Dort wird Krupp am Dienstagvormittag seine erste Übungseinheit leiten und bereits am Abend (19.30 Uhr, Lanxess Arena) gegen die Grizzlys Wolfsburg seinen Einstand hinter der Haie-Bande geben.
Abwendung des Negativrekords
Krupps allererste Aufgabe lautet, die drohende Einstellung des DEL-Negativrekordes von 18 Niederlagen in Folge, den die Schwenninger Wild Wings und der frühere Erstligist EHC Freiburg vor 17 Jahren aufgestellt haben, irgendwie noch abzuwenden. Die sportlich schlimmste Saison der Vereinsgeschichte soll das Image der bundesweit in die Negativschlagzeilen geratenen Kölner Haie durch einen möglichen Eintrag in die Geschichtsbücher nicht noch weiter beschädigen.
Neben einem „würdigen Abschluss“ der Saison und einem „Signal an unsere Mannschaft und unsere Fans“ verspricht sich KEC-Geschäftsführer Philipp Walter von dem sofortigen Trainerwechsel auch einen perspektivischen Nutzen: „In erster Linie geht es uns darum, dass Uwe Krupp schon jetzt einen Eindruck von der Mannschaft bekommt, und nicht erst im Sommer. So gewinnen wir wertvolle Zeit.“
Trotz Beförderung
Das abrupte Abrücken von Mike Stewart, den Philipp Walter im Zuge der Entlassung Mahons sogar noch zum Interims-Sportchef befördert hatte („Mike Stewart ist der richtige Trainer für die Kölner Haie, davon sind wir überzeugt“), begründet der 45-Jährige mit der auch nach der Länderspielpause einfach nicht enden wollenden Pleitenserie: „Die jüngste Entwicklung hat an Dynamik und Wucht nochmal derart zugenommen, dass wir feststeckten.
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Meine Überzeugung, dass wir in dieser Konstellation – auch im Hinblick auf die neue Saison – erfolgreich sein können, ist verloren gegangen. Daher war dieser Kurswechsel – so schwer er auch fiel – unumgänglich.“ Der Assistenztrainerstab bleibt dagegen im Amt. Offen ist die Zukunft des von Stewart im vergangenen Sommer aus Augsburg mitgebrachten Mentalcoaches Ulf Wallisch. „Ich bin mit Ulf in Kontakt. Wir müssen das erstmal sacken lassen“, sagte Walter der Rundschau.
Mike Stewart war für eine Stellungnahme derweil nicht zu erreichen. Dass der Kanadier nach der morgendlichen Verabschiedung von der Mannschaft in seine Wohnung ins karnevalistische Epizentrum nach Sülz zurückkehrte, gilt als unwahrscheinlich. Doch ausgeschlossen war an diesem denkwürdigen Rosenmontag auch das nicht.