Köln – Die Situation ist eigentlich aussichtlos. Im 4 gegen 5-Unterzahlspiel sieht sich Landon Ferraro drei Bremerhavener Verteidigern gegenüber. Doch der Kanadier schiebt den Puck durch die Beine von Pinguin-Stürmer Stanislav Dietz, zieht von rechts in die Mitte, schließt ab und staubt die von Goalie Tomas Pöpperle nach links abgewehrte Scheibe aus spitzem Winkel zum wichtigen 1:0 ab.
„Es ist zwar schon ein paar Saisons her“, kommentiert der 29-jährige Rechtsschütze, „aber Unterzahltore zählen schon zu meinen Spezialitäten.“ Sein erstes im Haie-Trikot läutete den 3:2-Sieg am Freitag ein. Sieben oder acht Mal sei es ihm in seiner Karriere bisher gelungen, wie der Kanadier sagt: „Den Penalty zu killen und das Momentum zu ändern“. Bei der Betrachtung dieser Szene wird vor allem eines klar: Landon Ferraro, der 1991 als Sohn von NHL-All-Star Ray Ferraro im kanadischen Trail geboren wurde, hat wieder ordentlich Selbstvertrauen getankt. Vor einem Monat war er von Zweitligist Löwen Frankfurt in die Domstadt gewechselt.
Lange Zeit in der Quarantäne verbracht
Der alte Kontakt von Uwe Krupp, der Anfang der 90er Jahre noch zusammen mit Ferraros Vater Ray für die New York Islanders gespielt hatte, wurde aufgefrischt und eine Ausstiegsklausel für die Deutsche Eishockey Liga (DEL) genutzt. „Unser Team wird von seiner Erfahrung und Qualität profitieren“, wusste Krupp schon im Januar. Dem Coach war aber auch klar, dass der Sohn seines ehemaligen Mitspielers nach einer harten Zeit in der DEL 2 Zeit braucht.
Von den zwei Monaten in Frankfurt verbrachte Ferraro die Hälfte in coronabedingter Quarantäne. „Ich konnte nichts tun, nur rumsitzen. Und als ich dann auf dem Eis stand, habe ich eine Menge Chancen vergeben“, erinnert er sich an sechs, sieben Pfostentreffer im Löwen-Trikot. Jetzt sieht seine Eishockey-Welt aber anders aus: „Das erste Tor gegen Iserlohn war ein riesiges Gefühl“, stellt der flexibel einsetzbare Angreifer nach dem erlösenden 2:2 vor elf Tagen klar.
Auch wenn der KEC in der Overtime gegen die Roosters noch das 2:3 hinnehmen musste, platzte bei Ferraro der Knoten. Nach fast einem Jahr ohne Treffer. „Ich komme meiner Topform immer näher“, meint er nun, „es ist einfach gut, wieder Teil eines so gut geführten Klubs zu sein.“ Dass er mit seinem Vertrag in Köln auf viel Geld verzichten muss, verschweigt er nicht. „Ich wollte nach Frankfurt um die Zeit zu überbrücken und habe mich dann sehr über den Anruf von Uwe gefreut“, meint der 77-fache NHL-Spieler u. a. für die Detroit Red Wings oder die Boston Bruins. Schließlich sei die Pandemie eine schlechte Zeit, um keinen Kontrakt zu haben.
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Das Arbeitspapier bei seiner ersten deutschen Station bei den Berliner Eisbären war im März 2020 - trotz zwölf Toren und neun Assists in 40 Spielen - nicht verlängert worden. In Köln spielt Ferraro nun gleich mit sieben Landsleute zusammen. Nicht nur deswegen sei die Stimmung auf dem Eis und in der Kabine sehr gut. In der Angriffsreihe mit Zach Sill stand Ferraro beim 3:2 gegen die Fischtown Pinguins vor vier Tagen erstmals in der Startaufstellung. Sein zweites Saisontor und der Sieg im ersten Back-to-Back-Spiel gaben nicht nur dem Stürmer mehr Vertrauen. Alle Haie verteidigen im Kollektiv besser und wollen heute als Sechster (18.30 Uhr, Magenta Sport) näher an den Zweiten aus Bremerhaven heranrücken. „Die Playoffs sind unser Ziel und wenn wir das erstmal erreicht haben, ist sowieso alles möglich“, glaubt Landon Ferraro. Aussichtslose Lagen scheint der neue Kanadier bei den Kölner Haie also wirklich nicht zu kennen.