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Interview mit Simon Zoller„Beim FC kann es mit der Stimmung schnell gehen“

Lesezeit 6 Minuten
Simon Zoller Bochum

Simon Zoller 

  1. ​Für Simon Zoller ist es praktisch ein Heimspiel.
  2. Der Angreifer des VfL Bochum wohnt nur unweit des Rheinenergiestadions entfernt, wo er am Samstag (15.30 Uhr, Sky) mit dem Bundesliga-Aufsteiger bei seinem Ex-Club 1. FC Köln gastiert.
  3. Vorab stellte sich der 30-Jährige zum Interview. Tobias Carspecken zeichnete das Gespräch auf.

KölnHerr Zoller, mit welchem Gefühl blicken Sie auf das Spiel?

Es ist ein besonderes Spiel für mich. Ich war sehr gerne beim FC. Wir leben noch immer in Köln, sind hier häuslich geworden und fühlen uns in der Stadt wohl. Mit meinen Jungs von früher, Thomas Kessler, Jonas Hector und Anthony Modeste, habe ich noch viel Kontakt. Ansonsten ist der Bezug zum FC nicht mehr ganz so groß. Ich bekomme zwar mit, was in dem Verein passiert, aber das mit reichlich Abstand.

Was für ein Spiel erwarten Sie am Samstag?

Es wird ein intensives Spiel, weil das für die Art von Steffen Baumgarts Fußball steht. Er ist als Trainer bekannt dafür, dass er sehr emotional ist. Ich glaube, dass das gut zu den Kölnern passt. 25 000 Zuschauer werden da sein, es wird hitzig. Aber wir wollen dem FC in nichts nachstehen.

Sehen Sie die Kölner als direkten Konkurrenten?

Der FC hat alles andere als einfache Zeiten hinter sich. Mit dem neuen Trainer herrscht aber eine gewisse Aufbruchstimmung in der Stadt. Die Kölner ziehen ihr Ding gnadenlos durch. Das ist wichtig, wenn man einen Plan und eine Idee verfolgt. Und dieses Gefühl hat man beim FC. Für uns geht es von Anfang an um den Klassenerhalt. Wo die Kölner am Ende landen werden, das wage ich nicht zu beurteilen.

Zur Person

Simon Zoller, geboren am 26. Juni 1991 in Friedrichshafen, steht seit der Winterpause der Saison 2018/19 beim VfL Bochum unter Vertrag. Mit 25 Scorerpunkten (15 Tore, 10 Vorlagen) hatte er maßgeblichen Anteil an der Bundesliga-Rückkehr des Revierclubs nach elfjähriger Abstinenz. Vor seinem Wechsel zum VfL stürmte Zoller für den 1. FC Köln, für den er in viereinhalb Jahren 91 Pflichtspiele (16 Tore, 7 Vorlagen) bestritt. Weitere Stationen waren der 1. FC Kaiserslautern, der VfL Osnabrück und der Karlsruher SC. Zoller ist mit der Moderatorin Laura Wontorra verheiratet. Das Paar lebt in Köln. (tca)

Was zeichnet den FC unter Steffen Baumgart aus?

Der Fußball, den die Kölner jetzt spielen, hat nichts mehr mit dem zu tun, den sie in den vergangenen Jahren gespielt haben. Sie laufen hoch an, attackieren gnadenlos und werfen sich mit 110 Prozent in die Zweikämpfe. Das imponiert schon. Trotzdem kann es in Köln mit der Stimmung immer schnell gehen. Wenn es zwei, drei Spiele mal nicht läuft, werden Stimmen laut. Aber bisher scheint alles harmonisch zu verlaufen.

Liegt Ihrer Mannschaft ein hoch stehender Gegner?

Wir haben in der vergangenen Zweitliga-Saison selbst gesehen, wie schwer sich Gegner tun, wenn sie früh zugestellt werden. Wenn ein Pressing gut funktioniert, ist es sehr schwer, dagegen zu spielen. Dennoch glaube ich, dass sich Köln noch in der Findungsphase befindet und sich in das neue System erst noch hineindenken muss. Wir haben am Anfang auch ein paar Spiele gebraucht, bis es funktioniert hat. Wir werden versuchen, uns etwas zurechtzulegen. Klar ist auch: Wenn der FC presst, werden sich für uns Räume ergeben.

Wie hat sich das Bochumer Spiel durch den Aufstieg verändert?

Wir haben in der Zweiten Liga ein hohes und druckvolles Pressing gespielt und alles angelaufen, was sich bewegt hat. Das kam mir entgegen, weil ich ein sehr laufintensiver Spieler bin. In der Bundesliga müssen wir unsere Spielanlage verändern. Sonst laufen wir ins offene Messer. Es gilt bedachter zu agieren. Es ist jetzt ein anderes Spiel.

Welche Stärken hat der VfL?

Wir sind eine gefestigte Mannschaft, die sich schon lange kennt. Das hat sich in den vergangenen zwei Jahren entwickelt. Wir wollen eklig sein, eine abgekochte Truppe. Wenn wir dann noch kämpferisch alles reinwerfen, muss uns erst mal einer etwas streitig machen. Denn Fußballspielen können wir.

Der Bochumer Aufschwung ist eng mit dem früheren VfL-Profi Thomas Reis verbunden. Wie agiert er als Trainer?

Er ist ein spielernaher Trainer. Ein kerniger, geradliniger Typ. Er hat eine klare Ansprache und scheut nicht davor, auch mal durchzugreifen. „Reisi“ bindet uns viel in seine Entscheidungen ein und lässt uns in dieser Hinsicht an der langen Leine. Das geben wir ihm aber zurück. Er hat es geschafft, aus einer Truppe mit sehr speziellen Typen eine echte Mannschaft zu formen. Wir lassen uns von Niederlagen nicht umwerfen und kommen zurück. Das setzt im Kopf etwas frei. Wir glauben dann an das, was wir machen.

Sie wurden beim 2:0-Heimsieg gegen Mainz ungewohnter Weise auf Rechtsaußen aufgeboten und haben beide Tore vorbereitet. Wie sehen Sie Ihre Rolle?

Die Positionsfrage begleitet mich meine ganze Karriere. Ich bin gelernter Stürmer, und es ist kein Geheimnis, dass ich mich vorne am wohlsten fühle. Ich kann aber auch auf Rechtsaußen spielen, diese Position habe ich in Köln gelernt zu bekleiden. Wir haben ein riesengroßes Ziel vor Augen. Deshalb stelle ich mich gerne in den Dienst der Mannschaft und versuche, das Bestmögliche draus zu machen. Gegen Mainz hat es ordentlich funktioniert.

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Am Samstag dürfte Jonas Hector Ihr direkter Gegenspieler sein.

Einen größeren Allrounder als Jonas gibt es im deutschen Profifußball glaube ich nicht. Ich freue mich auf das Duell gegen ihn. Das wird ein gutes Match. Ich war jedenfalls immer schneller als er. (lacht)

Wenn Sie Ihren aktuellen und Ihren ehemaligen Verein mal miteinander vergleichen: Welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten haben der FC und der VfL?

Ich habe bei beiden Vereinen alle Facetten mitgenommen und möchte da auch nichts missen. Es sind zwei Traditionsclubs, bei denen es sowohl im positiven als auch im negativen Sinne in die jeweilige Richtung geht. Die Kölner sind ein bisschen spezieller, was das Emotionale angeht. Ähnlich wie in Bochum steht der Fußball an erster Stelle. Wenn der Fußball gut läuft, dann geht es auch den Leuten in der Stadt gut. Die für mich glücklichste und erfolgreichste Zeit erlebe ich in Bochum. So wie es derzeit läuft, macht es großen Spaß.

Sie haben Ihren Vertrag, der im Sommer kommenden Jahres ausgelaufen wäre, am Freitag bis 2024 verlängert. Was waren die Beweggründe und was haben Sie mit dem VfL Bochum noch vor?

Ich bin sehr glücklich und stolz, meinen Vertrag bis 2024 zu verlängern. Gleichzeitig aber spüre ich auch Verantwortung, weiter voranzugehen, Leistung zu bringen, um weiter Teil dieser wunderbaren Reise zu sein. Seit meinem Wechsel zum VfL Bochum erfahre ich große Wertschätzung in allen Bereichen, sowohl seitens des Vereins als auch durch seine großartigen Fans. Jetzt gilt es, weiter hart zu arbeiten, um weitere erfolgreiche Jahre für den Verein hinzukommen zu lassen.