Belgrad – Auch nach 16 Monaten Amtszeit als Trainer des 1. FC Köln gibt es noch Neues Mal für Steffen Baumgart. Wobei der 50-Jährige diese Premiere lieber schon am 8. September an der Cote d’Azur gefeiert hätte. Weil er zum Auftakt der Conference League-Gruppenphase bei OGC Nizza aber seine Sperre aus den Playoffs gegen Fehérvár FC auf der Tribüne absitzen musste, wird Baumgart sein Europapokal-Auswärtsdebüt als Coach an der Seitenlinie erst am Donnerstag (18.45 Uhr/RTL+) bei Partizan Belgrad geben. Es gibt schlechtere und weniger traditionsreiche Orte für ein erstes Mal.
Das Stadion Partizana versprüht jedenfalls gleich auf den ersten Blick einen ursprünglichen Charme, dem sich keiner entziehen kann, obwohl alles ziemlich runtergekommen ist. „Ich finde es hammer hier. In diesem ehrwürdigen Stadion riecht alles nach Fußball“, freut sich Baumgart auf Spiel und Stimmung. Seine Premiere wird allerdings einen Makel haben. Nach der Gewalt-Eskalation in Nizza durfte der FC keine Tickets an seine Anhänger verkaufen.
„Schade, dass wir keine lautstarke Unterstützung haben werden“
Rund 1500 wären es für das 32.710 Zuschauer fassende Stadion gewesen. „Schade, dass wir keine lautstarke Unterstützung haben werden“, beklagte Geschäftsführer Christian Keller die UEFA-Strafe: „Das ist blöd gelaufen für alle. Wir würden auch lieber mit eigenen Fans spielen und hätten nicht 100.000 Euro Strafe gezahlt.“ Baumgart klagte mit: „Die Stimmung wird bestimmt explosiv. Mit einem ausverkauften Stadion und 5000 Kölnern wäre es aber noch viel schöner. Unsere Fans werden uns fehlen.“
Vollbremsung
Der Trip nach Belgrad begann für den FC mit einer Schrecksekunde. Der Pilot der Chartermaschine musste beim Startvorgang auf dem Flughafen Köln/Bonn bei Tempo 120 km/h auf
der Rollbahn eine Vollbremsung hinlegen. Eine Kontrollwarnlampe hatte sich gemeldet. Nachdem die Angelegenheit gecheckt war, konnte der Flieger im zweiten Versuch abheben. Der Kölner Tross kam so mit einer Stunde Verspätung in Serbien an. (sam)
Offiziell standen den Kölnern 200 Tickets für die Haupttribüne zur Verfügung – nur rund 50 davon wurden am Ende genutzt. Es kann nur spekuliert werden, wie viele FC-Fans sich auf eigene Faust auf den Weg in die serbische Hauptstadt gemacht haben. Partizan hatte jedenfalls Tickets storniert, die FC-Getreue auf eigenem Weg direkt nach der Gruppenauslosung erworben hatten.
Für die Geißböcke geht es um einiges
Einige Fans hatten sich trotzdem auf den Weg in die 1,7 Millionen Einwohner zählende Metropole gemacht. Keller geht davon aus, dass die Anzahl Kölner Anhänger im Stadion keinen entscheidenden Einfluss auf die Leistung der Mannschaft haben wird. „Die Jungs sind in der Lage, sich zu fokussieren. Ich glaube nicht, dass das Drumherum und die hitzige Atmosphäre eine größere Rolle spielen wird.“
Abgesehen vom ganzen Drumherum bleibt das Duell Partizan gegen FC vor allem ein Europapokalspiel, in dem für die Geißböcke um einiges geht. Nach der 0:1-Heimniederlage vor einer Woche gegen Partizan könnte eine weitere Niederlage schon das Aus in der Gruppenphase einläuten. Gewinnt am Donnerstag auch Nizza sein Heimspiel gegen Schlusslicht Slovácko, wären es für den FC vor den beiden abschließenden Partien bereits vier Punkte Rückstand auf Belgrad und die Südfranzosen.
Voraussetzungen könnten besser sein
Eine schwierige Ausgangsposition, um noch einen der beiden ersten Plätze zu erreichen und den eigenen Fans wenigstens noch eine Europatour zu ermöglichen. Die Uefa-Strafe gegen den FC gilt ja auch für das letzte Auswärtsspiel der Gruppe D am 27. Oktober beim 1. FC Slovácko. „Wir werden alles daran setzen unseren Fans noch ein Spiel zu bescheren und fangen damit am Donnerstag hier an“, versprach Baumgart. Die Voraussetzungen könnten besser sein.
Neben den eigenen Fans fehlen mit Dejan Ljubicic, der zehn bis zwölf Wochen ausfallen wird, Tim Lemperle, Jan Thielmann, Jeff Chabot, Sebastian Andersson und Mathias Olesen gleich sechs Spieler. Steffen Baumgart nominierte mit Joshua Schwirten, Rijad Smajic und Georg Strauch drei U21-Spieler für Belgrad. Zudem gehört Timo Horn nach seinen muskulären Problemen zum Aufgebot. Der Torwart war diese Woche wieder voll ins Training eingestiegen.
„Wir haben aber unseren Plan und den wollen wir auch durchziehen“
Partizan ist aber so oder so eine komplizierte Aufgabe. Das hat nicht nur die erste Begegnung vor einer Woche gezeigt. Der serbische Traditionsclub hat auch nur eine seiner jüngsten 15 Partien verloren und ist nach einem schwierigen Saisonstart mittlerweile mit fünf Punkten Rückstand auf Erzrivale Roter Stern auf Platz vier der ersten serbischen Liga angekommen.
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„Ich hoffe auf ein offeneres Spiel und darauf, dass wir mehr Räume bekommen. Es kann aber auch sein, dass sich Partizan wieder hinten reinstellt. Wir haben aber unseren Plan und den wollen wir auch durchziehen“, sagte Jonas Hector. Der Kapitän wird im Vergleich zu den beiden jüngsten Conference-League-Spielen diesmal trotz „knackiger Belastung“ von Beginn auflaufen. Gut so: Belgrad ist schließlich kein gutes Pflaster für den FC. Zur Erinnerung: 2017 schieden die Kölner durch ein 0:1 bei Roter Stern aus der Europa League aus.
Voraussichtliche Aufstellungen: Partizan: Popovic; Filipovic, Vujacic, Markovic, Urosevic; Diabate, Natcho, Traore, Menig; Pavlovic, Ricardo Gomes. – 1. FC Köln: Schwäbe; Schmitz, Soldo, Hübers, Hector; Skhiri, Martel; Huseinbasic, Duda, Kainz; Adamyan. – SR.: Reinshreiber (Israel).