Augsburg – Einen Tag nachdem sich der bislang letzte Meistertitel zum 44. Mal jährte, hat der 1. FC Köln die Hoffnungen auf eine neue erfolgreiche Ära geschürt. Die Geißböcke begegneten auf ihrem Weg in den Europapokal am 32. Spieltag der Bundesliga-Saison 2021/22 den hartnäckigen Pessimisten mit einem überragenden 4:1 (2:0)-Triumph beim ehemaligen Angstgegner FC Augsburg.
Baumgart: „sensationelle Leistung“
Nach dem Schlusspfiff ließen sich die siegestrunkenen Kölner völlig zurecht von ihren Fans feiern. Dazu schwenkten sie Retrofähnchen mit dem FC-Wappen, mit denen die Anhänger schon vor dem Anpfiff an jenen großen Erfolg von 1978 erinnert hatten. Durch den vierten Sieg in Folge knackte der FC mit 52 Zählern auch noch seinen eigenen Rekord seit Einführung der Drei-Punkteregel aus der Saison 2016/17 (49 Zähler). „Das war eine überragende, sensationelle Leistung. So souverän habe ich das noch nicht gesehen. Ich bin überrascht von der Konsequenz, mit der die Jungs gespielt haben und einfach nur begeistert“, schwelgte selbst Steffen Baumgart in Superlativen.
Eine Position in der Startelf verändert
Der FC-Chefcoach veränderte seine Startelf gegenüber dem 3:1-Heimsieg gegen Bielefeld nur auf einer Position – und das unfreiwillig. Für den gelbgesperrten Salih Özcan lief Jan Thielmann auf, was bedeutete, dass der FC-Coach seine taktische Formation auf ein 4:4:2 mit Mittelfeldraute und Ellyes Skhiri als alleinigem Sechser veränderte. Augsburgs Coach Markus Weinzierl setzte auf das Team, das zuletzt 2:0 beim VfL Bochum gewann und einen großen Schritt in Richtung Klassenerhalt machte. Ein weiterer Sieg gegen den FC und die bayerischen Schwaben hätten zwei Spieltage vor Saisonende auch rechnerisch nichts mehr zu befürchten gehabt.
Von dieser Möglichkeit beflügelt starteten die Hausherren überfallartig. Mit erstaunlich viel Ballbesitz und hohem Pressing setzten die Augsburger den FC sofort unter Druck. Weil Abwehrchef Timo Hübers aber zwei Angriffe mit Überzeugung stoppte (1./2.), und Michael Gregoritsch nicht genügend Druck auf seinen Kopfball bekam (6.), überstanden die Kölner den Überfall ohne Schaden zu nehmen. Um dann eiskalt und doppelt zuzuschlagen. Mark Uth öffnete mit einem Diagonalpass die rechte Angriffsseite, wo Dejan Ljubicic und Benno Schmitz sich über ein Zwei gegen Eins freuten und es perfekt ausspielten. Schmitz fand den einlaufenden Thielmann, der aus fünf Metern ins lange Eck traf (12.). Der Youngster beteiligte sich auch am 0:2 entscheidend. Er gewann nach einem Schmitz-Einwurf durch geschicktes Stellungsspiel ein Kopfballduell gegen den gefühlt doppelt so großen Reece Oxford und legte den Ball von der Torauslinie zurück. Dort stand Uth und knallte den Ball mit höchster Präzision an den linken Innenpfosten, von wo aus er direkt neben dem rechten Pfosten einschlug.
Fans singen „wir spielen wieder Europapokal“
Für Steffen Baumgart waren es seine ersten beiden Tore als Trainer gegen Augsburg: „Wir haben uns für Jan Thielmann entschieden, weil heute die tiefen Leute wichtig werden“, hatte er vor dem Anpfiff erklärt. Der 19-Jährige rechtfertigte das Vertrauen mit Tor und Assist. Was der FC-Trainer aktuell auch anfasst, es wird zu Gold. Und die mehr als 3000 mit gereisten FC-Fans sangen „wir spielen wieder Europapokal“.
Augsburg war längst beeindruckt und die Geißböcke unaufhaltsam. Anthony Modeste hätte nach einem Freistoß von Florian Kainz per Kopf aus vier Metern auf 3:0 stellen können (21.). Dann scheiterte Uth genauso an FCA-Keeper Rafal Gikiewicz (24.) wie Modeste (26.). Den Kölnern gelang es in der Offensive vor allem durch Ljubicic Laufstärke und Uths Spielübersicht immer wieder Überzahl zu schaffen. Augsburg berappelte sich erst nach einer halben Stunde. Benno Schmitz war aber auch hinten hellwach und störte Ruben Vargas entscheidend (29.). Weil Gregoritsch (30.) und Iago (35.) vorbei zielten, nahm das Baumgart-Team das 2:0 und Platz sechs in der Blitztabelle mit in die Pause.
Kölner halten Gegner selbstbewusst in Schach
Nach dem Wechsel durften sich dann alle ein Bild davon machen, welche hohe Stufe der Entwicklung die Geißböcke in dieser Saison unter Steffen Baumgart erklommen haben. Die Kölner hielten ihren Gegner abgeklärt, selbstbewusst und souverän in Schach. Nachdem Ljubicic nur knapp am 3:0 vorbeigeschrammt war (59.), war die Zeit für Modestes 18. Saisontor gekommen. Der Franzose nahm einen Chipball vom Kainz auf, bat Robert Gumny zum Tänzchen und ließ sich von Jeffrey Gouweleeuw legen. Den glasklaren Foulelfmeter verwandelte der 34-Jährige wie selbstverständlich zum 1:3 (63.). Der FC hatte damit zum vierten Mal in Folge drei Treffer in einem Spiel erzielt, was ihm zuletzt 1992 gelungen war.
Das könnte Sie auch interessieren:
Selbst als Florian Niederlechner einen Stellungsfehler von Luca Kilian zum 1:3 nutzen konnte (73.), zeigten sich die Kölner unbeeindruckt. Der eingewechselte Tim Lemperle schüttelte Niklas Dorsch an der Mittellinie ab, als wäre er nicht 20 Jahre jung sondern ein alter Hase. Dann spielte Mark Uth mit Reece Oxford Katz und Maus, spielte ihm den Ball aus der vollen Bewegung durch die Beine und bediente Modeste, der mit rechts zum 1:4 in den Winkel schlenzte (77.). Es war die perfekte Krönung eines überragenden Auftritts und wohl der entscheidende Schritt in Richtung Europa. Die Kölner Fans feierten jedenfalls noch lange in ihrem Block und sangen glückselig von dem, was in der nächsten Saison auf sie zukommt. „Nach so einer Leistung glauben wir an den Europapokal“, nannte Steffen Baumgart die Aussichten noch einmal beim Namen.
Augsburg: Gikiewicz; Gumny (80. Framberger), Gouweleeuw, Iago (50. Uduokhai); Caligiuri (80. Finnbogason), Gruezo (61. Maier), Dorsch, Vargas; Hahn, (61. Niederlechner). Gregoritsch. – Köln: Schwäbe; Schmitz, Kilian (84. Chabot), Hübers, Hector; Skhiri; Ljubicic, Uth (84. Olesen), Kainz (71. Schaub); Thielmann (71. Lemperle), Modeste. – SR.: Schröder (Hannover). – Zuschauer: 29.511. – Tore: 0:1 Thielmann (12.), 0:2 Uth (15.), 0:3 Modeste (63. Foulelfmeter), 1:3 Niederlechner (73.), 1:4 Modeste (77.). – Gelbe Karten: Gruezo; Kainz, Hübers, Kilian.