Berlin – Nach dem 0:6-Debakel in Spanien nimmt der DFB eine verschärfte Debatte um die Zukunft von Fußball-Bundestrainer Joachim Löw mit in die lange Länderspiel-Pause. Mancher Witzbold sah schon Peter Neururer vor der Zentrale des Deutschen Fußball-Bundes vorfahren, um seine Bewerbung für die Nachfolge einzureichen.
Für solche Späße aber wird die Verbandsspitze bei ihren Überlegungen wenig übrig haben, die Lage ist zu ernst. In der ersten Analyse der Spanien-Klatsche von DFB-Präsident Fritz Keller fiel der Name Löw nicht, dies ließ Raum für Spekulationen.
Darf der seit 14 Jahren amtierende Chefcoach bis mindestens zur EM weitermachen oder nutzt der DFB die Zeit bis zum nächsten Länderspiel Ende März doch für einen Wechsel? Und wer könnte das Amt überhaupt kurz- oder mittelfristig übernehmen? Löws Vertrag läuft zwar noch bis zur Katar-WM Ende 2022, doch realistischer erscheint derzeit eher ein Abschied spätestens nach der Europameisterschaft im Sommer des nächsten Jahres.
Ralf Rangnick
Ralf Rangnick wird zumindest als schnelle Lösung für das Amt des Bundestrainers gehandelt. Der 62-Jährige ist derzeit ohne Job und als Fachmann in der Branche hoch anerkannt. Sein Interesse am Posten des Bundestrainers hat Rangnick mehrfach hinterlegt, zugleich aber noch in der Vorwoche darauf verwiesen, dass sich wegen Löws laufenden Vertrages die Frage nicht stelle. Daher sei diese Diskussion eine „Unsitte“, sagte der Schwabe bei Sport1. Rangnick fügte aber auch hinzu: „Sollte sie sich irgendwann mal stellen, ist es eine Frage des Timings.“ Ist der Zeitpunkt doch schon gekommen?
Hansi Flick
Oder wartet der DFB lieber auf einen der beiden Traum-Kandidaten?Hansi Flick war einst beim WM-Titel 2014 Löws Assistent und spielte nicht nur beim Einüben der so wichtigen Standards eine entscheidende Rolle. Als Triple-Trainer des FC Bayern und Spielerversteher hat der 55-Jährige in den vergangenen Monaten ein beeindruckendes Zeugnis erworben. Die „Sport Bild“ sieht ihn schon als „Schatten-Bundestrainer“, beim DFB soll Flick demnach ganz oben auf der Wunschliste stehen. Aber ob der Bayern-Coach selbst so bald schon die Münchner Erfolgsmaschine verlassen will, erscheint fraglich.
Jürgen Klopp
Jürgen Klopp hingegen ist schon seit fünf Jahren beim FC Liverpool und hat mit der ersehnten Meisterschaft und dem Gewinn der Champions League eigentlich alle Ziele bei den Reds erreicht. Bis zu Flicks Erfolgsserie galt der 53-Jährige als die Ideallösung für das Amt des Bundestrainers.
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Um das arg ramponierte Image der Nationalmannschaft aufzupolieren, gäbe es wohl keinen Besseren als Klopp mit seinen Entertainer-Qualitäten und seinem Vollgas-Fußball. Der Haken: Er ist noch bis 2024 in Liverpool gebunden und wohl auch noch zu gern Vereinstrainer.
Thomas Tuchel
Eher ein Außenseiter-Kandidat ist Thomas Tuchel, der bei Paris Saint-Germain durch den Dauerzwist mit Sportchef Leonardo ermüdet ist. Ob der 47-Jährige über sein Vertragsende im Sommer 2021 hinaus bei PSG arbeiten darf und überhaupt will, ist derzeit ungewiss. Tuchel könnte also nach der EM frei sein, gilt aber als durchaus schwieriger Charakter und bekäme von Spielern und Fans wohl keinen großen Vertrauensvorschuss.
Marcus Sorg und Stefan Kuntz
Sehr unwahrscheinlich ist eine Beförderung von Löws Co-Trainer Marcus Sorg. Auch die Chancen von Stefan Kuntz, der nach Erfolgen mit der U21 von Löw selbst als Nachfolger ins Gespräch gebracht worden war, sind wohl eher gering.
Verantwortlich für die Suche nach dem nächsten Bundestrainer ist übrigens DFB-Direktor Oliver Bierhoff. Der aber steht selbst zunehmend in der Kritik und hat sich eng an Löw gebunden. Das macht die Fahndung kaum leichter. (dpa)