Köln – Das Fußball-Geschäft ist bekanntlich schnelllebig. So manche Rasanz überrascht dann aber doch. Erst im Mai hatte der 1. FC Köln dicht vor dem siebten Abstieg der Vereinsgeschichte gestanden. Am Ende war es ein Kopfballtor in der 86. Spielminute von Abwehrchef Sebastiaan Bornauw, mit dem sich die Geißböcke am letzten Bundesliga-Spieltag zu einem 1:0-Heimsieg gegen Schlusslicht Schalke 04 retteten – und damit zum Sprung in die Relegation.
Der FC nutzte seine kaum noch für möglich gehaltene zweite Chance, indem er den Zweitligisten Holstein Kiel im Rückspiel an der Ostsee mit 5:1 deklassierte. Der Klassenerhalt war doch noch geschafft, das Finale einer verkorksten Saison zumindest versöhnlich.
Steffen Baumgart erweckte 1. FC Köln zu neuem Leben
Was auch ein Verdienst Friedhelm Funkels war. Der Trainer-Veteran war sechs Spieltage vor Ende der regulären Saison ans Geißbockheim zurückgekehrt, um einer verunsicherten Mannschaft mentale Aufbauhilfe zu verleihen. Zuvor hatte der mutlose Markus Gisdol gehen müssen, am Tag nach der gewonnen Relegation dann auch Sportchef Horst Heldt.
Ein halbes Jahr später ist aus dem verängstigten Fast-Absteiger ein vor Selbstvertrauen strotzender Tabellenachter geworden, der bei acht Punkten Vorsprung auf den Relegationsplatz und nur drei Zählern Rückstand auf einen Champions- League-Rang ungewohnt ruhige Weihnachten verbracht hat.
Hauptverantwortlich für diesen fast märchenhaften Umschwung ist Steffen Baumgart. Der 49-Jährige hat den als Problemfall gehandelten 1. FC Köln innerhalb kürzester Zeit zu neuem Leben erweckt.Mit Baumgart ist am Rhein sehr vieles spürbar besser geworden. Die unter Gisdol auf Fehlervermeidung ausgelegte Spielweise zeichnet sich inzwischen durch Mut und Risikobereitschaft aus. FC-Spiele sind nach langer Zeit des Wartens wieder gut anzusehen, von Offensivgeist geprägt und manchmal gar ein Spektakel.
Herzen der Kölner im Sturm erobert
Zudem hat es Baumgart geschafft, am Boden liegenden Spielern wieder auf die Sprünge zu helfen. Ganz besonders Anthony Modeste. Der erstarkte Torjäger netzte in 19 Spielen sagenhafte 13 Mal ein. Weil er nach Jahren körperlicher Leiden endlich wieder schmerzfrei ist. Und weil der sensible Franzose in Baumgart einen Trainer an seiner Seite weiß, der ihm vertraut.
Ewige Rangliste
1,47 Punkte pro Spiel hat der 1. FC Köln in der Bundesliga-Hinrunde im Schnitt unter Steffen Baumgart ergattert. Damit liegt Baumgart auf Platz neun der erfolgreichsten Trainer der FC-Historie.
Abseits des Feldes ist es Baumgart gelungen, die Herzen der Kölner im Sturm zu erobern. Seine emotionale Art, mit der er an der Seitenlinie permanent antreibt, stößt auf große Gegenliebe bei der leidenschaftlichen Fan-Gemeinde, die mit Baumgarts distanzierten Vorgängern fremdelte. Die Schiebermütze des gebürtigen Rostockers ist in Köln längst zum Kultobjekt geworden; der Trainer seit dem triumphalen 4:1 gegen Erzrivale Gladbach für viele ein Held.
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Wirtschaftlich begleiten den hoch verschuldeten FC jedoch große Sorgen ins neue Jahr, das durch die Rückkehr der Geisterspiele gleich zu Beginn für weitere Einbußen sorgt. Und dann ist da noch das nahende Ende einer Ära. Geschäftsführer Alexander Wehrle kehrt nach neun Jahren zum VfB Stuttgart zurück. Es ist der Abschluss einer ungewöhnlich langen Zusammenarbeit, die sich von der Schnelllebigkeit des Fußball-Geschäftes deutlich abhebt.