Köln – Am Clevischen Ring jagte in den vergangenen Tagen ein Gespräch das nächste. Angestellte aus dem Profibereich und Nachwuchsleistungszentrum sowie Mitarbeiter der Geschäftsstelle des FC Viktoria Köln gaben sich praktisch die Klinke in die Hand. Am Ende des von Finanzgeschäftsführer Axel Freisewinkel und Sportvorstand Franz Wunderlich geleiteten Besprechungsmarathons stand fest, dass der Aufsteiger seine gesamte Belegschaft als nunmehr 16. Verein der 3. Fußball-Liga in Kurzarbeit schickt.
Mit dieser vorläufig bis zum offiziellen Abschluss des Spieljahres am 30. Juni beantragten Maßnahme zog die Viktoria gewissermaßen die Notbremse. Durch den infolge der Corona-Pandemie mindestens bis Ende April ruhenden Spielbetrieb brechen den Höhenbergern fest einkalkulierte Einnahmen weg. Neben den derzeit fehlenden Erlösen aus Heimspielen drohen weitere gravierende Verluste, etwa im Sponsoring sowie beim pro Drittligist 1,1 Millionen Euro hohen Fernsehgeld, dessen letzte Saisonrate noch nicht überwiesen worden ist. Ein unverändert weiterlaufender Kostenapparat hätte die Viktoria trotz der Millionen-Zuwendungen von Mäzen Franz-Josef Wernze in ihrer Existenz gefährdet.
So traurig der Anlass der Unterredungen auch war – die Zusage der etwa 100 betroffenen Personen zu teils deutlichen Gehaltseinbußen würdigt Axel Freisewinkel großen Respekt ab. „Das zeigt, wie sehr allen die Zukunft der Viktoria am Herzen liegt und wie viel Solidarität bei uns im Verein herrscht. Davor kann ich nur den Hut ziehen und mich bei allen Mitarbeitern für diesen Schulterschluss mit dem Verein bedanken“, betont der Finanzchef. Die allgemeine Hilfsbereitschaft bewertet Freisewinkel als ein „ganz wichtiges Signal für die Zukunft von Viktoria Köln“.
Maßnahme reicht nicht aus
Die Beantragung von Kurzarbeitergeld allein reicht allerdings nicht aus, um den finanziellen Schaden begrenzen zu können. Auch in anderen Bereichen des Vereins soll gespart werden. „Wir haben beispielsweise einen Einkaufsstopp verhängt und weitere Investitionen auf einen späteren Zeitpunkt vertagt“, berichtet Freisewinkel. Geplant sind auch Online-Unterstützeraktionen, die der Vereinskasse zugutekommen sollen. „All diese Maßnahmen sind notwendig, um die Zukunft des Vereins zu sichern und diese schwierige Phase gemeinsam zu überstehen“, erläutert Freisewinkel.
Weitere Entlastungen erhoffen sich die Kölner von der für Freitag anberaumten nächsten Telefonkonferenz aller Drittligisten mit dem Deutschen Fußball-Bund, auf der mögliche finanzielle Hilfen für die Clubs erörtert werden sollen. Nach Rundschau-Informationen stehen eine vereinfachte Lizenzierung für die kommende Saison, die Vergabe von Darlehen sowie eine vorgezogene Ausschüttung der eigentlich erst für Herbst vorgesehenen Nachwuchs-Fördergelder im Raum.
Trainingsstart weiter unklar
Wann für die Spieler wieder an ein gemeinsames Training auf dem Rasen zu denken ist, ist derweil weiter völlig unklar. „Keiner kann zum heutigen Zeitpunkt sagen, ob sich die Situation um den Corona-Virus in den nächsten zwei Monaten entsprechend verbessern wird“, sagt Mike Wunderlich. Der Kapitän, der am Mittwoch seinen 34. Geburtstag feierte, hält sich derzeit wie das gesamte Team ausschließlich durch individuelle Übungen fit. Gedanken an Fußball fallen Wunderlich aktuell schwer: „Die Situation verändert sich im Moment fast täglich. Deshalb sollten wir erst einmal die Corona-Krise hinter uns bringen. Danach kann man dann sicher auch wieder ein bisschen über Fußball nachdenken.“