„Mental zu sich kommen“Zwayer-Auszeit sorgt für Spekulationen
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Frankfurt am Main – Die Zustandsbeschreibung seines Chefs lässt tief blicken - und jede Menge Raum für Spekulationen. „Felix Zwayer will mental wieder zu sich kommen und die Ereignisse im Nachgang des Spiels in Dortmund reflektieren“, erklärte Schiedsrichter-Boss Lutz Michael Fröhlich die Gründe für die selbstverordnete Auszeit seines Schützlings.
Die Aussage Fröhlichs bei der Sportschau und die kurze Einlassung von Zwayer selbst bei der Bild („Ich bin dabei, die Situation aufzuarbeiten“) machen deutlich, dass die heftige Diskussion nach dem Bundesliga-Topspiel zwischen Borussia Dortmund und Bayern München (2:3) Anfang Dezember nicht spurlos an dem Unparteiischen vorübergegangen ist. Die Frage, ob der 40-Jährige seine aktive Laufbahn vorzeitig beenden könnte, steht bereits im Raum.
Schiedsrichter-Boss sieht Entwicklung mit Sorge
Fröhlich sieht diese Entwicklung mit Sorge. „Wir haben großes Interesse daran, den Eindruck zu vermeiden, dass Konflikte zwischen Schiedsrichtern und Vereinen dazu führen, dass ein Schiedsrichter nicht mehr pfeift - oder sagt, dass er überhaupt nicht mehr pfeifen will“, gab der Leiter der Elite-Schiedsrichter des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) zu Protokoll.
Zunächst hat sich Zwayer, der vom Weltverband FIFA erst Mitte Dezember erneut auf die Liste der internationalen Top-Schiedsrichter gesetzt wurde, „nur“ für eine Pause entschieden. Der Berliner stand zuletzt am 9. Dezember in der Europa League auf dem Platz. Wie lange Zwayer außen vor bleiben will, ist laut Fröhlich offen: „Bis auf Weiteres.“
Die Debatte um Zwayer wurde durch den Dortmunder Jungstar Jude Bellingham ausgelöst. Der Engländer hatte den Unparteiischen nach dem Spiel gegen die Bayern verbal hart attackiert: „Man gibt einem Schiedsrichter, der schon mal Spiele verschoben hat, das größte Spiel in Deutschland. Was erwartest du?“
Dabei bezog sich Bellingham, der für seine Aussage 40.000 Euro Strafe zahlen musste, auf die Verstrickung Zwayers in den Manipulationsskandal um den früheren Schiedsrichter Robert Hoyzer. Dass der Vorwurf nicht aufgearbeitet wurde, beschäftigt Zwayer nach wie vor.
Manipulation wurde Zwayer trotz Sperre nie nachgewiesen
„Ich habe weiter starkes Interesse, mit Jude Bellingham persönlich zu sprechen“, äußerte der Referee: „Die Frage ist: Wie geht man miteinander um? Welche Folgen können solche Aussagen für einen Menschen haben.“Der Ursprung der Debatte liegt im Jahr 2004. Damals hatte Zwayer den Akten zufolge als Assistent Geld von Drahtzieher Hoyzer angenommen. Später deckte er den Skandal mit auf, ein Manipulation wurde ihm trotz Sperre nie nachgewiesen.
Laut Fröhlich spiegelt die Aktenlage die Vorkommnisse möglicherweise aber nicht korrekt wider. „Hier stand die Aussage von Robert Hoyzer, Felix Zwayer habe Geld genommen, gegen die von Felix Zwayer, der das dementiert hat. In dieser Situation hat er dann das Urteil akzeptiert“, sagte Fröhlich zuletzt dem kicker.
Fröhlich spricht sich dafür aus, den Fall endgültig zu klären. „Ich würde es sehr begrüßen, dass man weiß, was damals passiert ist“, sagte der Berliner: „Es ist eine schwere Bürde für einen Schiedsrichter, mit diesem Vorwurf Spiele zu leiten.“ Das empfindet offenbar auch Zwayer so. (sid)