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Bilanz 2021/22Vorstand wiedergewählt - 1. FC Köln bleibt Sanierungsfall

Lesezeit 5 Minuten

Der 1. FC Köln hat seine finanzielle Situation stabilisiert.

Köln – Kaum Misstöne, ein klares Votum für den Vorstand und Aussichten, den verschuldeten 1. FC Köln zu sanieren: In der Vergangenheit hat es wohl selten eine harmonischere und ruhigere Mitgliederversammlung des FC gegeben. Der seit 2019 amtierende Vorstand mit Präsident Dr. Werner Wolf sowie den Vizepräsidenten Eckhard Sauren und Dr. Carsten Wettich wurde mit 92 Prozent der Stimmen für drei weitere Jahre wiedergewählt. Das entsprach 662 Ja-Stimmen der lediglich noch 827 anwesenden Stimmberechtigten in der LanxessArena.

Der finanzwirtschaftliche Sanierungsfall 1. FC Köln befindet sich auf dem Weg der Besserung, muss aber zur weiteren intensiven Behandlung auf Station bleiben. Geschäftsführer Philipp Türoff, seit dem 1. Januar als Nachfolger von Alexander Wehrle für die Finanzen bei der 1. FC Köln GmbH & Co. KGaA zuständig, präsentierte am Dienstagabend auf seiner ersten FC-Mitgliederversammlung in der LanxessArena tiefrote Zahlen für das am 30. Juni ausgelaufene Geschäftsjahr 2021/22:

Der FC sitzt auch aufgrund des Corona-Umsatzverlustes von 85 Millionen Euro trotz eines auf 148,4 Millionen Euro (Vorjahr 140,6) gesteigerten Umsatzes auf Verbindlichkeiten in Höhe von 66 Millionen Euro, die sich durch die ausgegebenen Genussrechte auf mehr als 80 Millionen erhöhen. Durch das negative Jahresergebnis nach Steuern von 15,7 Millionen Euro ist das Eigenkapital der KGaA von 16,9 auf 3,2 Millionen Euro geschrumpft.

FC: 80 Millionen Euro Schulden

Türoff ist kein Geschäftsführer Finanzen, der seine Zahlen mit Lametta schmückt oder bei dem das Gefühl aufkommt, er hätte etwas zu verbergen. „Die Zahlen sind sicher nicht zum Jubeln, sondern eher etwas wie eine geschaffte Relegation. 3,2 Millionen Euro Eigenkapital ist nicht mehr viel und 66 Millionen ein hoher Schuldenstand. Einen Verlust in Höhe des abgelaufenen Geschäftsjahres kann sich der FC nicht mehr erlauben“, beschrieb der 46-Jährige die Situation deshalb als herausfordernd.

Während er den leicht gestiegenen Umsatz mit der Rückkehr der Zuschauer ins Stadion belegte (64 Prozent der Vollauslastung bei 17 Heimspielen), bewertete er das um 11,8 Millionen Euro schlechtere Jahresergebnis als wenig dramatischer als im Vorjahr. 2020/21 hätten bilanzielle Maßnahmen (Catering-Rechte/Vorgriff auf Sponsorengelder) das Bild stabilisiert: „Das sind Instrumente, die man im weiteren Sinne als Verschuldung begreifen kann.

Türoff: Licht am Ende des Tunnels

Im Geschäftsjahr 2021/22 haben wir das gleiche operative Defizit aus dem haftenden Eigenkapital gedeckt“, erklärte Türoff. Der Geschäftsführer sieht aber Licht am Ende des Tunnels: „Wir haben die Lizenz für die laufende Spielzeit ohne Auflagen erhalten. Die Liquidität war jederzeit gesichert. Und wir schließen das Jahr mit einem positiven Eigenkapital ab“, zählte er auf.

Hoffnung für das, was kommt, macht Türoff der sportliche Erfolg unter Trainer Steffen Baumgart. Platz sieben in der Bundesliga ließ die TV-Gelder um etwa sieben Millionen Euro steigen, dazu kommen Einnahmen in mindestens gleicher Höhe durch die Qualifikation für die Conference League sowie die Erlöse von mehr als zehn Millionen Euro durch die Transfers von Salih Özcan und Anthony Modeste nach Dortmund. „Wir konnten die Planung für dieses Geschäftsjahr stabiler aufstellen und werden keine Forderungen aus der Zukunft mehr verkaufen müssen“, stellte der Geschäftsführer in Aussicht.

Ein elementarer Punkt, geht es doch um 10,8 Millionen Euro, die wieder zur Verfügung stünden: „Darauf lege ich besonderen Wert, weil diese Sponsorengelder dem FC massiv Substanz zurückgeben – sofern es keine neue Zuschauerbeschränkungen geben wird“, sagte Türoff.

Der gute erste Schritt aus Corona heraus macht Hoffnung: „Wir planen erstmals seit Jahren wieder ein positives Ergebnis. Und ein positives Ergebnis bedeutet, wir gehen erste Schritte auf einem mehrjährigen Weg, um wirtschaftlich gesund zu werden.“ Für Türoff ein konstruktiver Gesundungskurs, bei dem der 1. FC Köln alles andere als gelähmt sei: „ Es gehört dazu, ehrlich zu sagen, wo der Club steht. Daraus gilt es, Bescheidenheit und Ehrgeiz zu entwickeln, aus den Mitteln, die wir haben, das Maximale zu machen.“

Die bemerkenswerte sportliche Entwicklung trage zwar dazu bei, den FC schneller auf ein stabiles Fundament zu stellen, man dürfe aber nicht allein darauf hoffen, dass „Steffen Baumgart noch ein paar Wunder vollbringt“, um mit den eingespielten Millionen die Schulden zu tilgen.

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Einsparpotenziale sieht Türoff deshalb in allen Bereichen bis tief in der FC-Verwaltung hinein. Der FC konnte die Personalkosten im Lizenzspielerbereich um die von Sportchef Christian Keller angepeilten 20 Prozent in zweistelliger Millionenhöhe senken. „Das bleibt die treibende Kraft bei der ganzheitlichen Heilung. Die auslaufenden Verträge Ende dieser Saison werden uns weiteren Spielraum geben“, wies Türoff auf die gut dotierten Kontrakte von Timo Horn oder Jonas Hector.

„Wir müssen wirtschaftlich gesunden, um die sportlichen Erfolgsaussichten zu erhöhen“, forderte Christian Keller. Der Geschäftsführer möchte die Voraussetzungen schaffen, dass der FC zu den Top Ten-Clubs in Deutschland gehört und sein großes Potenzial besser ausnutzt. „Spieler-Transfers sollen Wachstum fördern und nicht Lücken schließen“, nannte er ein Beispiel. Um den FC ins Ziel zu führen, forderte Keller eine von Offenheit, Überzeugung, Gemeinschaft und passenden Erwartungen geprägte Haltung.

Eine gemeinsame Haltung, zu der auch Kontinuität gehören muss. Kontinuität, die laut Keller auch die Wiederwahl des Vorstands gewährleisten soll. „Ich bin mehr als überwältigt. Danke für ihr Vertrauen“, freute sich Präsident Wolf über die überwältigende Mehrheit.