Bayer 04 Leverkusen ist nach einem 5:0 gegen Werder Bremen zum ersten Mal in seiner Vereinsgeschichte deutscher Fußballmeister.
Deutscher FußballmeisterBayer Leverkusen beendet sein Vizekusen-Trauma
Um 19.20 Uhr war es so weit. Das Trauma von Unterhaching aus dem Jahr 2002 war ebenso bewältigt wie die Vizekusen-Saison 2002. Bayer 04 Leverkusen hat am Sonntagabend durch einen nie gefährdeten 5:0 (1:0)-Heimsieg den ersten Meistertitel der Vereinsgeschichte perfekt gemacht und die eigenen Fans in der mit 30.210 ausverkauften BayArena in ein Meer aus Glückseligkeit getaucht. Fünf Spieltage vor Ende der Bundesliga-Saison 2023/24 ist dem Team von Erfolgscoach Xabi Alonso der Titel bei 16 Punkten Vorsprung auf den entthronten Serienmeister FC Bayern München und den VfB Stuttgart nicht mehr zu nehmen.
Fans bereiten der Mannschaft einen enthusiastischen Empfang
Nach dem Schlusspfiff von Schiedsrichter Harm Osmers brachen in der Arena dann alle Dämme. Die Zuschauer stürmten den Platz, feierten ihre Lieblinge, sicherten sich die obligatorischen Erinnerungsstücke und schmetterten zu Tausenden die Vereinshymne..
Die erwartungsfrohen Bayer-Fans bereiteten ihrer Mannschaft schon bei der Anfahrt zur BayArena einen triumphalen Empfang. Die Aussicht auf den ersten Titel in 45 Jahren Bundesliga-Zugehörigkeit hatte die ganze Stadt mit ihren 166.000 Einwohnern in schwarz-rot getaucht und in blanke Euphorie versetzt.
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Xabi Alonso ließ sich aber nicht anstecken und blieb sich trotz des besonderen Anlasses unbeirrt treu. Der Bayer-Coach rotierte zwischen den beiden Viertelfinalpartien in der Europa League gegen West Ham United kräftig durch und nahm im Vergleich zum 2:0-Hinspielerfolg am Donnerstag gegen die Engländer sieben Wechsel vor. Der Spanier beorderte unter anderem Florian Witz, Alejandro Grimaldo, Patrik Schick und Jeremie Frimpong zunächst auf die Bank. Wohl dem, der so ein Heimspiel angehen kann, in dem der erste Meistertitel der 120-jährigen Club-Historie vor der Tür steht und Sturm klingelt.
Der Fingerzeig, dass in Alonsos Denkweise von Partie zu Partie das Rückspiel am Donnerstag in London, eine große Bedeutung besitzt, änderte nichts an der Rollenverteilung. Zum einen, weil der 42-Jährige über einen qualitativ hochwertigen Kader verfügt und auch sieben Wechsel nicht massiv ins Gewicht fallen. Zum anderen, weil Gegner Bremen aus den jüngsten fünf Bundesligaspielen nur einen Punkt holen konnte und sich als Tabellenzwölfter noch längst nicht aller Abstiegssorgen entledigt hat.
Es dauerte acht Minuten, bis die Leverkusener das erste Mal den Torschrei auf den Lippen hatte. Nach einer Hereingabe von Rechtsaußen Nathan Tella, rauschte Linksverteidiger Piero Hincapie heran, scheiterte aber aus sechs Metern am mutig herauseilenden Werder-Keeper Michael Zetterer.
Boniface löst die Nervositäts-Bremse
Die Bremer versuchten mitzuspielen, generierten in den ersten 20 Minuten respektable 50 Prozent Ballbesitz und gerieten dennoch in Rückstand. Tella war erneut auf und davon und suchte Jonas Hofmann, der von Julian Malatini abgeräumt wurde, ohne dass Schiedsrichter Harm Osmers zur Pfeife griff (22.). Erst als sich der Unparteiische die Szene nach einem Hinweis von Videoassistent Pascal Müller noch einmal ansah, zeigte er auf den Punkt. Victor Boniface verwandelte sicher zum 1:0 (25.) — der elfte Saisontreffer des lange verletzten aber immer noch besten Bayer-Torjägers.
Der Tabellenführer löste nach dem Führungstreffer sofort den letzten Zug der durchaus fühlbaren Nervositätsbremse und ging mit Nachdruck aufs 2:0. Spielmacher Granit Xhaka (28.), Jonathan Tah und Boniface nach einer Ecke (beide 29.) vergaben ihre Möglichkeiten aber genau wie Amine Adli, der nur die Unterkante der Latte traf (38.). Trotz des knappen Spielstands und einer Großchance für Werder nach einer Hereingabe von Romano Schmid (45.+1) gab es zur Pause wenig Zweifel, dass der Werksclub an diesem 14. April 2024 seine erste Meisterschaft feiert.
Die tapferen Bremer bemühten sich energisch, Bayers Triumph zu verhinderten und rüttelten zu Beginn am Leverkusener Thron. Die Gastgeber taten trotz der Einwechslung von Wirt zunächst wenig für die Offensive, konnten sich aber auf ihre Defensive verlassen, die mit nur 19 Gegentore die mit Abstand beste der Liga ist.
Granit Xhaka krönt seine Leistung mit dem 2:0
Und dann kam Granit Xhaka. Der Schweizer, der die Selbstverständlichkeit dieser Leverkusener Meistermannschaft wie kein anderer verkörpert und ihr unumstrittener Anführer ist, nahm eine Boniface-Vorlage aus 22 Metern direkt, setzte den Ball elegant mit seinem starken linken Fuß zum 2:0 neben den linken Pfosten (60.) und startete einen entfesselten Jubellauf in Richtung eigener Fans.
Die Feierlichkeiten konnten beginnen. Die Bayer-Kurve stimmte in ohrenbetäubender Lautstärke „Deutscher Meister wird nur der SVB“ an, lagen sich dabei in den Armen und durften zur Belohnung das 3:0 feiern. Florian Wirtz hatte aus 18 Metern abgezogen und Zetterer mit seinem kraftvollen Effetschuss unter die Latte keine Chance gelassen (68.). Der Rest war ein Leverkusener Schaulaufen bis zum Schlusspfiff, bei dem weitere Treffer möglich waren.
Hattrick von Florian Wirtz
Es traf zunächst aber nur Florian Wirtz (83.). Der Nationalspieler konnte sich aber nicht lange über seinen zweiten Treffer freuen. Die Bayer-Fans, die sich bereits Minuten vor dem 4:0 hinter dem Bremer Tor platziert hatten, konnten ihre Ekstase nicht zurückhalten und stürmten das Spielfeld. Wirtz und seine Teamkollegen deeskalierten und verhinderten zusammen mit den Aufrufen über die Stadionlautsprecher einen Spielabbruch. Als Wirtz noch das 5:0 und den ersten Hattrick seiner Profi-Karriere folgen ließ (90.) wiederholte sich das Spielchen. Harm Osmers hatte nun ein Einsehen, pfiff vorzeitig ab und ließ den Freudentränen der entfesselten Leverkusener freien Lauf.
„Das ist unbeschreiblich. Ich kann das noch gar nicht realisieren, was wir da gerade erreicht haben. Mit den Fans war es super draußen. So einen Titelgewinn kann man sich vorher nicht ausmalen, auch wenn man auf das schaut, was die Jahre vorher in der Bundesliga passiert ist“, fand Florian Wirtz als erster Worte für den unfassbaren Titelgewinn.
Statistik zum Spiel:
Bayer 04 Leverkusen: Hradecky - Kossounou, Tah, Tapsoba - Tella (62. Frimpong), Xhaka (77. Palacios), Andrich, Hincapie (77. Grimaldo) - Hofmann, Adli (46. Wirtz) - Boniface (62. Schick).- Werder Bremen: Zetterer - Malatini, Groß, Veljkovic - Weiser, Lynen, Agu (69. Deman) - Bittencourt (77. Hansen-Aaroen), Schmid - Woltemade (69. Kownacki), Ducksch. - SR.: Harm Osmers (Hannover). - Zuschauer: 30.210 (ausverkauft). - Tore: 1:0 Boniface (25., Foulelfmeter nach Videobeweis), 2:0 Xhaka (60.), 3:0 Wirtz (68.), 4:0 Wirtz (83.), 5:0 Wirtz (90.). - Gelbe Karten: Adli (5), Hincapie; Bittencourt (8).