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Spieler bedauern AbschiedBaumgart geht – der 1. FC Köln verliert seinen Kultcoach

Lesezeit 5 Minuten
Steffen Baumgart an der Seitenlinie.

Steffen Baumgart ist nicht mehr Trainer des 1. FC Köln. (Archivbild)

Der 1. FC Köln muss sich für die Rückrunde einen neuen Trainer suchen. Steffen Baumgart verlässt den Verein nach zwei Jahren.

Als auch der letzte Versuch gescheitert war, sah Steffen Baumgart keinen Ausweg mehr. Der zwei Jahre lang so erfolgreiche Cheftrainer des 1. FC Köln hatte sich am Mittwoch entschieden, im Kellerduell der Fußball-Bundesliga beim 1. FC Union Berlin mit Kapitän Florian Kainz, Dejan Ljubicic und Luca Waldschmidt gleich drei seiner potenziellen Führungsspieler zu Spielbeginn auf die Bank zu setzen. Ein offensichtlicher Akt der Verzweiflung, um das Ruder doch noch herumzureißen.

Die folgende 0:2 (0:0)-Niederlage bei den Eisernen war Baumgarts letztes Spiel als verantwortlicher Chefcoach der Geißböcke. Unmittelbar nach der Partie in der Alten Försterei, ein paar hundert Meter entfernt von Baumgarts Wohnsitz, beschlossen der 51-Jährige und der FC, dass es nicht mehr zusammen weiter geht.

Baumgart kein Effzeh-Trainer mehr: „Menschlich schmerzhaft“

Die offizielle Verlautbarung des Clubs zur Trennung zum 1. Januar 2024 folgte am Donnerstag um 15.31 Uhr. „Nach dem bislang nicht zufriedenstellenden Saisonverlauf haben wir uns in den vergangenen Tagen und Wochen sehr offen, direkt, sachlich und respektvoll ausgetauscht, ob Kraft und Überzeugung für den gemeinsam eingeschlagenen Weg wirklich noch in ausreichendem Maße vorhanden sind“, erklärte FC-Sportchef Christian Keller und ließ durchblicken, dass Steffen Baumgart diese Frage nicht mehr vollumfänglich bejahen konnte: „Dabei gilt es vollkommen zu respektieren, dass Steffen seine persönliche Überzeugung hinterfragt hat. Im Ergebnis sind wir deshalb zur Entscheidung gelangt, die Zusammenarbeit zu beenden — auch wenn das menschlich schmerzhaft ist.“

Vorstand und Geschäftsführung waren zuvor im Geißbockheim zusammengekommen. Baumgart hatte sich am Morgen direkt von Berlin aus in den Skiurlaub nach Saalbach-Hinterglemm gemacht, wo er wie jedes Jahr mit seiner Familie die Weihnachtstage und den Jahreswechsel verbringt. „Jeder kann sich vorstellen, dass mir die Entscheidung den FC zu verlassen, nicht leichtgefallen ist. Der Club ist in den letzten zweieinhalb Jahren Heimat für mich geworden. Ich bin stolz auf das, was wir hier alle gemeinsam erreicht haben“, verabschiedete sich Baumgart, bevor er sich erklärte: „Der FC steht über allem — und obwohl wir in den letzten Wochen und Monaten sehr viel investiert haben, fehlen die Ergebnisse. Wahrscheinlich braucht es dazu dann eben doch einen neuen Impuls“, drückte er seine Zweifel aus, dass er noch der richtige Mann auf dem Trainerposten des FC ist.

Zwei Spielzeiten war der gebürtige Rostocker unbedingt der richtige Trainer für die Kölner – wenn nicht sogar der perfekte. Nach der erfolgreichen Relegation unter Friedhelm Funkel im Sommer 2021 führte Baumgart die Geißböcke mit begeistertem Offensivfußball gleich in seiner ersten Saison auf Platz sieben und die Conference League. Im nächsten Jahr landete der FC trotz einiger Schwierigkeiten auf Rang elf und hatte die gesamte Spielzeit über so gut wie keine Abstiegssorgen. „Steffen hat dem FC mit seiner positiven und mitreißenden Art seit seinem Amtsantritt gut getan. Danke für die großartigen Momente, die wir mit ihm erleben durften“, schickte FC-Präsident Werner Wolf dem Trainer warme Worte mit auf den Weg.

FC-Spieler bedauern Baumgart-Abgang: Selke spricht von „schmerzhaftester Niederlage“

Für die Spieler, die sich nach dem 0:2 bei Union in Person von Davie Selke und Torwart Marvin Schwäbe hinter den Trainer gestellt hatten und am Donnerstag per Video Call über die Trennung informiert wurden, reagierte Selke auf Instagram als erster öffentlich: „Danke für alles, Coach. Dein Abgang ist die schmerzhafteste Niederlage.“

Mit dem FIFA-Urteil im Fall Potocnik Ende März und der wegen des ausstehenden CAS-Urteils immer noch drohenden Transfersperre nahm das sportliche Unheil am Geißbockheim seinen Lauf. Keller und Baumgart waren auf dem Transfermarkt bis zur Aussetzung der Strafe die Hände gebunden. Mehrere potenzielle Neuzugänge sahen von einer Vertragsunterschrift ab. Gepaart mit den Sparzwängen und einer dann auch noch unglücklich verlaufenden Transferperiode im Sommer, konnte der FC die Abgänge der Leistungsträger Ellyes Skhiri und Jonas Hector nicht kompensieren.

Als es zum Saisonauftakt zwei unnötige und unglückliche Niederlagen in Dortmund (0:1) und gegen Wolfsburg (1:2) gegeben hatte, war der Stein ins Rollen gekommen. Es dauerte bis zum achten Spieltag, ehe beim 3:1 im Derby gegen Borussia Mönchengladbach der erste Saisonsieg gelang. Mit dem 1:0 in Darmstadt folgte bis heute nur noch ein zweiter. Aus den als richtungsweisend eingestuften Partien gegen Mainz (0:0) sowie in Freiburg (0:2) und nun bei Union holten die Kölner nur einen Zähler und blieben ohne Torerfolg.

Die erschütternde Bilanz des FC nach 16 Spieltagen lautet Platz 17 mit nur zehn Punkten und 10:28-Toren. Die Kölner stellen unter Offensivfußball-Verfechter Baumgart aktuell den schwächsten Angriff der Liga. Nur zweimal in seiner Bundesliga-Historie stand der FC nach 16 Spieltagen noch schlechter da.

Baumgart hatte viel versucht, sein Team personell immer wieder umgestellt, es beim 0:1 gegen Bayern München sogar in der von ihm ungeliebten Dreierkette auflaufen lassen und ihm anschließend eine strikte Defensivtaktik verordnet. Keine seiner Entscheidungen brachte die erhoffte Wende — auch nicht die letzte, als er seine drei Leistungsträger in Berlin auf die Bank setzte.

Die Trennung geht in ihrer Entstehung von Steffen Baumgart aus und ist Resultat einer unheilvollen Entwicklung, die in Freiburg ihren Höhepunkt fand und sich letztlich auch im Verhältnis zwischen Trainer und Sportchef widerspiegelte. Dieses war zwar jederzeit professionell, aber nicht immer einheitlich. In der offiziellen Sprachregelung des FC ist vom „Ende der Zusammenarbeit als gemeinsamer Entschluss die Rede“. Eine Formulierung, die vermuten lässt, dass Baumgart für seinen noch bis 2025 laufenden Vertrag eine Abfindung erhält. Hätte er von sich aus gekündigt, wäre eine solche Zahlung wohl nicht geflossen.