Leverkusen – Vor dem Anpfiff war Rätselraten angesagt. Die Namen der Startelf von Bayer 04 Leverkusen für das Bundesligaspiel beim VfL Wolfsburg am vergangenen Sonntag hatten zwar das Licht der Öffentlichkeit erblickt, die Anordnung der Auserwählten auf dem Feld war aber noch unklar – und wurde erst offenbar, als das Spiel dann lief.
Beim 2:0-Erfolg setzte Bayer-Trainer Gerardo Seoane auf eine Formation, die defensiv mit Karim Bellarabi auf der rechten Flanke zur Dreier- sowie offensiv zur Viererkette wurde – und reagierte damit auf den Aderlass, der Bayer 04 heimgesucht hat. Erst fielen Florian Wirtz (Kreuzbandriss) und Jeremie Frimpong (Syndesmose-Riss im rechten Sprunggelenk) beim 0:1 im Derby gegen den 1. FC Köln aus, dann Timothy Fosu-Mensah (Sehnenverletzung im rechten Oberschenkel), der eigentlich als Frimpong-Ersatz für die rechte Seite angedacht war. Also kam Bellarabi herein.
„Man ist immer enttäuscht und traurig, wenn Spieler verletzt fehlen“, erklärte Seoane. „Trotzdem muss man vorwärts schauen.“ Und Lösungen finden. Selbst für Bayer ist der Qualitätsverlust schließlich gehörig. Frimpong, mit 36,06 km/h der schnellste Rechtsverteidiger der Liga, hatte sich längst zur Entdeckung auf der Außenbahn entwickelt. Stefan Kießling, mittlerweile Assistent der Geschäftsführung, pries Frimpong im Gespräch mit dieser Zeitung noch vor seinem Abschied in den Krankenstand: „Er ist nicht der größte, aber enorm wichtig wegen seines Umschaltens und seines Tempos.“ Für den 21-jährigen Niederländer, der vor seinem A-Länderspieldebüt stand, sind bisher sechs Assists und ein Treffer notiert. Nun fällt er lange aus und wird in dieser Saison kein Spiel mehr bestreiten.
Topstar Wirtz kommt derweil auf sieben Tore und zehn Vorlagen – nur Thomas Müller hat häufiger aufgelegt (16). Der 18-Jährige ist das Schwunggrad der Werkself, wandelt zwischen den Linien. Und findet regelmäßig wichtige Lücken. Auf mehr Schittstellenbälle hinter die Abwehr als Leverkusen (35) kommt nur Bayern München (41), wobei Wirtz mit zehn Pässen dieser Art den besten Wert aller Bundesliga-Spieler aufweist.
Patrik Schick vor Comeback
Bleibt die Frage, wie diese Fertigkeiten ersetzt werden sollen? Gut für Seoane: Es bieten sich zumindest mehrere Optionen. Als rechter Schienenspieler vor einer Dreierkette ist Bellarabi ein offensiver, aber geübter Kandidat – Moussa Diaby fühlt sich mit Viererkette im Rücken wohler. So oder so wird Abwehr-Talent Odilon Kossounou mehr Spielzeit erhalten – der Ivorer kann es, wie in Wolfsburg demonstriert, als rechter Verteidiger in einer Vierer- und halbrechts in einer Dreierreihe, gibt Bayer 04 damit Flexibilität, wobei auf rechts nicht mehr viel passieren sollte.
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Anders als im offensiven Zentrum, wo die Möglichkeiten vielfältiger sind: Für den Wirtz-Part bieten sich Diaby sowie Kerem Demirbay, Sardar Azmoun, Paulinho und Amine Adli an. Verschiedene Typen mit verschiedenen Fähigkeiten. Will Seoane einen quirligen Offensiven, stehen Adli oder Diaby bereit. Der Franzose lieferte immerhin acht der komplizierten Schnittstellenbälle, steht damit ligaweit auf Rang drei. Kerem Demirbay ist weniger schnellkräftig, aber strategisch gut; Paulinho bringt Dynamik und Zielstrebigkeit mit; und Azmoun, der technisch versiert und torgefährlich ist, braucht zwar noch Zeit, habe aber „das Gespür für Räume und Situationen“, sagt Seoane. Der Coach muss von Spiel zu Spiel neu puzzeln, hat bald aber immerhin eine Sorge weniger. Toptorjäger Patrik Schick ist nach seinem Muskelfaserriss nämlich auf dem Weg der Besserung und soll nach der Länderspielphase ab dem Heimspiel gegen Hertha BSC Berlin an der Mission Champions League endlich wieder mitwirken können.