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Interview mit Frankfurts Sportchef Krösche„Die Entwicklung des 1. FC Köln ist unglaublich“

Lesezeit 7 Minuten
Sportvorstand Markus Krösche

Noch viel vor hat Sportvorstand Markus Krösche mit Champions League-Achtelfinalist Eintracht Frankfurt

Frankfurts Sportchef Markus Krösche spricht vor der Parte beim 1. FC Köln mit Tobias Carspecken über den Frankfurter Höhenflug und das Spiel in Köln

Einst führten Markus Krösche und Steffen Baumgart den SC Paderborn von der Dritten in die Erste Liga. Wenn der 1. FC Köln am Sonntag (17.30 Uhr, Rhein-Energie-Stadion/DAZN) Eintracht Frankfurt empfängt, kommt es zum Wiedersehen der beiden ehemaligen Weggefährten. Tobias Carspecken sprach mit dem Sportvorstand der Hessen.

Herr Krösche, ist Ihre Vorfreude auf das Wiedersehen mit Steffen Baumgart noch immer besonders groß?

Wir freuen uns immer sehr, wenn wir uns wiedersehen. Seit unserer gemeinsamen Zeit in Paderborn pflegen wir eine enge Verbindung, die gegenseitige Wertschätzung ist sehr hoch.

Wie beurteilen Sie die Entwicklung des FC?

Die Entwicklung ist unglaublich. Dieser Powerfußball, dieses Offensive, dieses Nieaufgeben, das ist Steffens Handschrift. Es ist richtig gut, wie sich die Spieler unter ihm weiterentwickeln. Entsprechend groß ist sein Anteil an der Entwicklung des FC.

Erstaunt Sie die Entwicklung?

Überhaupt nicht. Ich kenne Steffen ja sehr gut. Daher weiß ich, was er kann, welchen Einfluss er auf eine Mannschaft nehmen und wie er sie fußballerisch mit einer klaren Spielidee und -weise weiterentwickeln kann.

Warum passen der FC und Baumgart so gut zueinander?

Weil die enthusiastischen Fans und die Fußballbegeisterung in Köln in Verbindung mit Steffen, der immer anschiebt und seine Energie auf die Mannschaft und die Fans überträgt, einfach gut zueinander passen.

Hatten Sie es im Gefühl, dass Baumgart seinen Weg in der Bundesliga gehen wird?

Steffen hat in Paderborn herausragende Arbeit geleistet und großen Anteil daran, dass der Club innerhalb von zwei Jahren in die Bundesliga aufgestiegen ist. Er hat sich stetig weiterentwickelt. Von daher überrascht es mich nicht, dass Steffen inzwischen in der Bundesliga arbeitet – auch wenn wir damals nicht so weit gedacht haben.

Köln und Frankfurt stehen für einen mutigen Spielstil. Erwarten Sie einen offenen Schlagabtausch?

Es wird ein sehr attraktives Spiel, weil beide Mannschaften offensiv spielen werden. Ich erwarte ein enges Spiel, auf das ich mich sehr freue.

Ellyes Skhiri, der den FC im Sommer ablösefrei verlassen kann, bezeichnet Eintracht Frankfurt als „interessantes Projekt“. Ist Skhiri auch für die Eintracht interessant?

Ich äußere mich grundsätzlich nicht zu Spielern, die bei anderen Clubs unter Vertrag stehen.

Der FC definiert sich als Ausbildungsverein. Wie lautet der Status der Eintracht?

Wir sind kein Ausbildungsverein. Wir verpflichten Spieler in erster Linie, um sportlichen Erfolg mit Eintracht Frankfurt zu haben. Wir haben klare, ambitionierte Ziele, die wir erreichen wollen. Natürlich kommt es auch bei uns vor, dass die Entwicklung eines Spielers schneller voranschreitet als die des Clubs. Und zu unserem Geschäftsmodell gehört auch, Transfererlöse zu erwirtschaften, das ist ja normal. Aber unser Ziel ist es nicht, Spieler für andere Clubs auszubilden.

Sie haben Randal Kolo Muani vor dieser Saison ablösefrei aus Nantes verpflichtet. Nun ist er Bundesliga-Topscorer. Sind Sie selbst erstaunt?

Wir wussten schon, warum wir ihn verpflichtet haben, welche Fähigkeiten er hat und dass er sehr gut in die Bundesliga – speziell zu uns – passen würde. Randal hat eine sehr gute Entwicklung genommen. Dass es so schnell klappen würde, war jedoch nicht abzusehen. Klar war, dass unsere Art des Fußballs ihm helfen würde, um in Abschlussposition zu kommen.

Wie lange kann die Eintracht Kolo Muani halten?

Das hängt ja auch ein Stück weit von unserer Entwicklung ab. Ich gehe aber davon aus, dass Randal auch in den nächsten Jahren bei uns spielen wird. Er hat viele Fähigkeiten, aber auch noch Entwicklungsfelder. Von daher macht es für ihn Sinn, bei uns zu bleiben.

Gibt es eine Schmerzgrenze?

Nein. Es macht auch überhaupt keinen Sinn, Preisschilder zu verleihen.

Die Verträge der Leistungsträger Daichi Kamada und Evan Ndicka laufen aus, auch der Verbleib von Djibril Sow ist ungewiss. Befürchten Sie einen Umbruch?

Wir haben in den letzten 18 Monaten sehr viele Transfers getätigt. Es gab große Veränderungen. Grundsätzlich bin ich jedoch kein großer Freund von Fluktuation. Ich mache mir um Eintracht Frankfurt sehr wenig Sorgen, weil wir auf alle Szenarien sehr gut vorbereitet sind.

Mario Götze hat die Eintracht auf ein noch höheres Niveau gehievt. Haben Sie wirklich damit gerechnet, dass er noch mal an die Form früherer Tage anknüpfen kann?

Sonst hätten wir ihn nicht geholt. Bevor wir Mario verpflichtet haben, haben wir lange zusammengesessen und gesprochen. Wir haben seine Zeit in Eindhoven sehr eng verfolgt. Für uns war klar, dass unsere Art, wie wir Fußball spielen, sehr gut zu ihm passt. Dass wir ihm helfen können, zu alter Stärke zu gelangen. Und dass er uns helfen kann, damit wir unsere Ziele erreichen. Es war für beide Seiten eine sehr, sehr gute Entscheidung. Wir sind sehr happy, dass wir Mario haben. Und Mario ist sehr happy, dass er bei der Eintracht spielt.

Die Verpflichtung Götzes war eine große Überraschung. Wie wird die Eintracht inzwischen am Markt wahrgenommen?

Die Wahrnehmung von Eintracht Frankfurt hat sich in den letzten 18 Monaten total verändert. Wir sind für den ein oder anderen Spieler sehr interessant geworden. Auf der einen Seite durch den Europa League-Titel. Auf der anderen Seite, weil wir junge Spieler wie Randal Kolo Muani, Jesper Lindström, Junior Ebimbe oder Ansgar Knauff weiterentwickeln. Gleichzeitig spielen wir attraktiven Fußball, der für Aufsehen sorgt. Unser Ziel ist immer, die Spiele eher 5:3 als 1:0 zu gewinnen. Dadurch ergeben sich aber natürlich auch neue Herausforderungen, denen wir uns stellen müssen.

Was ist das Faustpfand der Eintracht?

Wir formulieren ganz klare Ziele und zeigen den Spielern einen Weg auf, wie wir sie weiterentwickeln wollen und welche Rolle sie einnehmen sollen, damit wir unsere Ziele erreichen. Das Wichtigste in dem Geschäft ist es, dies dann auch umzusetzen. Das haben wir in den letzten anderthalb Jahren sehr gut gemacht. Dadurch ist eine Glaubwürdigkeit am Markt entstanden. In Kombination mit unserer Spielweise und Strahlkraft sind wir sehr interessant.

Ist Glaubwürdigkeit der wichtigste Wert?

Glaubwürdigkeit ist die größte Währung im Fußball. Die Geschichte, die wir erzählen, müssen wir so auch umsetzen.

Welche Rolle spielt dabei Trainer Oliver Glasner?

Er hat großen Anteil an unserem Höhenflug. Er ist ein sehr wichtiger Baustein und macht mit seinem Trainerteam einen richtig guten Job.

Die Eintracht ist amtierender Europa League-Sieger und steht im Achtelfinale der Champions League sowie im Viertelfinale des DFB-Pokals. Wo soll der Weg hinführen?

Wir wollen ins Pokalfinale und in der Champions League so weit wie möglich kommen – auch wenn Neapel ein schwerer Gegner ist, aber auch wir sind eine sehr gute Mannschaft. In der Bundesliga wollen wir perspektivisch immer international spielen. In dieser Saison wollen wir einen Champions League-Platz erreichen.

Ist damit das Ende der Fahnenstange erreicht?

Der Weg ist noch nicht zu Ende. Eintracht Frankfurt ist ein Riesenclub mit riesigem Potenzial. Wir haben eine gute Basis geschaffen. Jetzt geht es darum, immer hungrig zu bleiben und unsere Ziele zu erreichen. Und dann stecken wir uns neue Ziele. Wir müssen zusehen, jeden Tag über Detailarbeit besser zu werden, um gut zu bleiben. Wir müssen immer wieder gute Entscheidungen treffen, um uns weiterzuentwickeln.

Fühlen sich Ihre ersten anderthalb Jahre in Frankfurt wie ein Märchen an?

Wir hatten in dieser Zeit – vor allem am Anfang – auch unsere Schwierigkeiten. Daher wissen wir, dass Erfolg auch vergänglich ist. Es waren spannende erste 18 Monate. Die Eintracht ist ein super Club mit herausragenden Fans und einer guten Struktur.

Welche Faktoren sind noch für den Wandel verantwortlich?

Es ist eine Kombination aus vielen Faktoren. Die Eintracht verfügt über eine unheimliche Wärme, eine unglaubliche Verankerung in der Region, viel Potenzial und gute Leute, die hier arbeiten, nicht nur im Sportlichen.

Aktuell liegt jedoch ein Schatten über der Eintracht, weil sich Präsident Peter Fischer wegen des Verdachts auf Kokain-Besitz verantworten muss. Wie schwierig war diese Woche auch für den Club?

Peter Fischer bekommt von uns alle Unterstützung. Er hat über Jahre Herausragendes für Eintracht Frankfurt geleistet. Und in Deutschland gilt immer auch die Unschuldsvermutung.