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Gegner des 1. FC KölnDie Gründe für den Höhenflug von Bundesliga-Neuling 1. FC Heidenheim

Lesezeit 5 Minuten

NHeidenheimer Erfolgsgaranten: Trainer-Urgestein Frank Schmidt und Topscorer Jan-Niklas Beste (links).

16 Spiele, 20 Punkte, zuletzt drei Siege in Folge: Der 1. FC Heidenheim sorgt in seiner Premieren-Saison in der Bundesliga für Furore und kommt mit breiter Brust ins Rhein-Energie-Stadion.

Jan-Niklas Beste hat die Frage zuletzt häufiger gestellt bekommen. Ob er schon einen Anruf vom Bundestrainer erhalten habe, brannte es den Reportern im Gespräch mit dem Topscorer des 1. FC Heidenheim unter den Nägeln. Beste konnte darüber nur „schmunzeln“. Es sei doch „absurd“, entgegnete der langjährige Zweitliga-Spieler, nach gerade mal einem halben Jahr in der Fußball-Bundesliga mit der Nationalmannschaft in Verbindung gebracht zu werden. Jene Bodenständigkeit steht sinnbildlich für die Haltung des Erstliga-Neulings, der durch eine hervorragende erste Halbserie für Staunen im deutschen Oberhaus sorgt. Wer vor der Saison darauf getippt hätte, dass sich der kleine Club von der Ostalb am letzten Hinrunden-Spieltag mit zehn Zählern Vorsprung auf den 1. FC Köln in Müngersdorf (Samstag, 15.30 Uhr/Sky) vorstellen würde, der wäre wohl für verrückt erklärt worden. Doch genau so ist es gekommen.

Eng verbunden ist der Heidenheimer Höhenflug mit Jan-Niklas Beste (25), der zuvor beim SV Werder Bremen den Durchbruch verpasst hatte. Der ehemalige Junioren-Nationalspieler hat es in 14 Hinrunden-Einsätzen auf fantastische 13 Scorerpunkte (5 Tore/8 Vorlagen) gebracht. Bekannt ist er vor allem für seinen linken Fuß, den sein Trainer Frank Schmidt (50) zur „Waffe“ erklärt hat. Die wohl größte Stärke von Beste sind die Standards. Allein beim 3:2-Sieg im Dezember über Mitaufsteiger Darmstadt 98 bereitete der Linksaußen, der von FC-Sportchef Christian Keller einst zum SSV Jahn Regensburg geholt worden war, alle drei Treffer des FCH mit einem ruhenden Ball vor. „Es sind wohl drei länger werdende Schritte Anlauf und ich muss immer gleich zum Ball stehen. Ich muss immer einen gleichen Anlauf und eine gleiche Schrittfolge haben. Einmal drei Schritte und dann wieder fünf, das funktioniert nicht“, beschreibt der bei Borussia Dortmund ausgebildete gebürtige Hammer, wie er die Ausführung von Eckbällen und Freistößen perfektioniert hat.

Man hört aus Köln, dass Heidenheim unbedingt geschlagen werden muss, aber das haben wir schon öfter gehört.
Frank Schmidt, Trainer 1. FC Heidenheim

Es kommt nicht von ungefähr, dass der FCH seit Jahren bei ruhenden Bällen enorme Gefahr ausstrahlt. „Heidenheim war auch in der Zweiten Liga dafür bekannt, viele Spiele über Standards zu ziehen. Sie haben eine extrem robuste, wuchtige Mannschaft und mit Jan-Niklas Beste einen sehr, sehr guten Standardschützen“, erläutert Timo Schultz, was es bei seinem Pflichtspiel-Einstand als Trainer des 1. FC Köln mit Blick auf den Gegner besonders zu beachten gilt. Bange ist ihm jedoch nicht: „Wir sind sehr gut vorbereitet. Wir haben in der Hinserie bei Standards extrem gut gestanden und wenig zugelassen. Das soll so weitergehen.“ Eigene Eckbälle und Freistöße stellten dagegen bislang kaum eine Hilfe für die Geißböcke dar. Dort gelte es „eine Schippe“ draufzulegen, fordert Schultz mehr Torgefahr von seiner Mannschaft bei ruhenden Bällen – „um den ein oder anderen Punkt auch über Standards gewinnen zu können“.

Apropos Timo Schultz: Die Auswirkungen des Trainerwechsels beim Tabellenvorletzten stellen Frank Schmidt bei der Spielvorbereitung vor eine Herausforderung. „Das wirkt sich natürlich aus, weil ein paar Dinge höchstwahrscheinlich verändert werden, die wir so aber jetzt nicht genau kennen. Man darf nicht vergessen: Timo Schultz ist erst seit ein paar Tagen da. Von daher haben wir wenig Möglichkeiten, draufzuschauen“, erläuterte der Heidenheimer Coach, warum er bei der Gegner-Analyse dieses Mal vor allem auf Erfahrungswerte zurückgreifen muss: „Wir kennen Timo aus seiner Zeit bei St. Pauli. Wir stellen uns darauf ein, dass die Kölner ein 4:1:3:2 spielen werden, das sie teilweise schon in der vergangenen Saison gespielt haben. Am Ende müssen wir das umsetzen, was wir uns vornehmen. Darauf wollen wir auch den Fokus legen.“

1. FC Heidenheim kommt mit drei Siegen in Folge zum 1. FC Köln

Nach zuletzt drei Siegen in Folge und dem Sprung ins gesicherte Mittelfeld ist die Brust beim erfrischend frech aufspielenden Neuling um Zweitliga-Torschützenkönig Tim Kleindienst noch breiter geworden. „Man hört aus Köln, dass Heidenheim unbedingt geschlagen werden muss, aber das haben wir schon öfter gehört“, sendete Frank Schmidt eine kleine Spitze in Richtung Domstadt. Gleichwohl warnte er davor, mit bereits 20 Punkten, die fast alle vor eigenem Publikum eingefahren wurden, die Rückrunde als Selbstläufer zu betrachten: „Wir haben uns ins Buch geschrieben, genauso weiterzumachen. Wir müssen beharrlich bleiben, mutig und hungrig. Und die Demut mitbringen, dass es in der Bundesliga schnell gehen kann, auch in die andere Richtung.“

Der gebürtige Heidenheimer, der den FCH zum Start seiner Trainer-Laufbahn im Jahr 2007 als Viertligist übernahm, ist im Zusammenspiel mit dem Vorstandsvorsitzenden Holger Sanwald die große Konstante bei den Ostwürttembergern. Schmidt habe „den Verein zu dem gemacht, was er heute ist. Er ist eine absolute Institution. Davor kann man nur den Hut ziehen“, würdigte der neue FC-Coach Timo Schultz die Verdienste Schmidts, der Volker Finke im September 2023 als dienstältesten Trainer im deutschen Profifußball abgelöst hat. „Ich freue mich immer, ihn zu sehen“, sagte Schultz. „Er ist ein sehr sympathischer Kollege.“ Der wiederum fiebert dem Gastspiel bei den unter enormem Erfolgsdruck stehenden Kölnern entgegen: „Wir wissen um die Brisanz des Spiels“, erklärte Schmidt und merkte mit Blick auf das einmal mehr voll besetzte Rhein-Energie-Stadion an: „Wir erwarten eine extrem heiße Atmosphäre, eine Mannschaft, die alles geben und von außen unheimlich viel Unterstützung erfahren wird. Aber genau das macht es aus.“

Voraussichtliche Aufstellungen: 1. FC Köln: Schwäbe; Carstensen, Hübers, Chabot, Finkgräfe; Martel; Maina, Waldschmidt, Kainz; Thielmann, Selke. – 1. FC Heidenheim: Müller; Busch, Mainka, Gimber, Föhrenbach; Maloney; Dinkci, Pieringer, Beck, Beste; Kleindienst. – SR.: Zwayer (Berlin).