Der 1. FC Köln wusste nach dem spektakulären 3:3 im Derby bei Borussia Mönchengladbach nicht, ob er sich ärgern oder freuen sollte.
Derby-Spektakel des FCVon Kölner Doppelpackern und Jokern in Gladbach
Als das wilde Spektakel nach 95 Minuten mit einem unauffälligen Pfiff von Schiedsrichter Felix Zwayer ein Ende gefunden hatte, tat sich die Kölner Fraktion schwer, das Resultat für sich einzuordnen. Verständlicherweise, denn das 3:3 (1:1) des 1. FC Köln im rheinischen Klassiker bei Borussia Mönchengladbach führte alle Zutaten für ein „Hätte, Wenn und Aber“ mit sich.
Zweimal hatten die Geißböcke durch die Saisontore drei und vier des unter Trainer Timo Schultz erblühten Faride Alidou geführt und mussten am Ende doch froh sein, eine drohende Niederlage durch das erste Bundesliga-Tor des 19-jährigen Damion Downs abgewendet zu haben.
Fataler Fehlpass von Timo Hübers
„Die Zuschauer dürften glücklich nach Hause gegangen sein, weil sie ein Spektakel gesehen haben“, fand Schultz zunächst einen allgemeinen Ansatz, der sich auf das attraktive Element des Spiels an sich konzentrierte. Als es etwas detaillierter wurde, teilte der FC-Coach die Leistung seines Teams in zwei Aspekte: „Offensiv haben wir das beste Spiel gemacht, seit ich hier bin. Aber hinten haben wir zu viel zugelassen. Deshalb geht das 3:3 in Ordnung.“
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Es gab keinen Widerspruch, in dem was der 46-Jährige zu sagen hatte. Sein Team erwischte auch ohne die gesperrten Dejan Ljubicic und Jan Thielmann einen guten Start. Alidou sorgte durch seinen Antritt und mithilfe von Borussen-Keeper Moritz Nicolas für frühe Sicherheit (7.). Auch das Spielglück schien den Kölnern hold, denn Florian Neuhaus traf an diesem sonnigen Frühlingsnachmittag vor 54.000 Zuschauern im Borussia-Park gleich zweimal den Pfosten (9./52.).
Nach einer halben Stunde sah der FC wie der Sieger aus, weil die Balance zwischen Defensive und Offensive passte. Bis Timo Hübers etwas wahrnahm, was nur schwer zu erklären ist. Der Kölner Innenverteidiger spielte im Aufbau unbedrängt ins Zentrum, ohne dass einer seiner Teamkollegen in der Nähe war. Die Mutter aller Fehlpässe hebelte die FC-Defensive komplett aus. Gladbach schaltete gescheit und schnell um. Nach Neuhaus-Pass durfte Franck Honorat ausgleichen (32.).
Das 1:1 veränderte alles. Das Derby entwickelte sich zu einem ebenso unterhaltsamen wie fehlerbehafteten Hin und Her, was Florian Kainz etwas ratlos zurückließ: „Das Spiel ist echt schwierig zu greifen. Drei Tore gemacht, drei bekommen, Chancen gehabt und Fehler gemacht“, fasste der FC-Kapitän konsterniert zusammen.
Das allgemeine Chaos hielt nach der Pause an. Nach Neuhaus Aluminium-Doppelpack bereitete Kainz auch das zweite Tor von Alidou vor (64.). Die unter Schultz-Vorgänger Steffen Baumgart schon abgeschriebene Leihgabe von Eintracht Frankfurt fand nach seinem ersten Doppelpack für den FC eine simple Erklärung dafür, dass er in der Rückrunde nun schon viermal getroffen hat: „Mit dem neuen Coach läuft alles ein bisschen besser und wir spielen etwas offener. Er gibt uns auch das Selbstvertrauen.“
Das Problem war nur, dass den Geißböcken mit dem 1:1 die Balance zwischen Abwehr und Angriff abhandengekommen war und sie auch nicht zurückkam. Es war schließlich eine Kette von individuellen Fehlern, die Gladbachs Joker Robin Hack in den ersten drei Minuten nach seiner Einwechslung (70.) neben Bremens Andree Wiedener (1993) und Hannovers Dieter Schatzschneider zum schnellsten Doppelpacker der Bundesliga-Historie werden ließ (71./73.).
Erstes Jokertor und Premiere für Downs
Doch Timo Schultz hatte auch noch ein Ass im Ärmel. Als die euphorischen Gladbacher leichtsinnig die Entscheidung suchten, fiel am 25. Spieltag das erste Kölner Joker-Tor der Saison. Wie Damion Downs bei seinem erst vierten Bundesliga-Einsatz den klugen Pass von Denis Huseinbasic mit links zum 3:3 verarbeitete (79.), war eine Augenweide und zeigte auf, welches Potenzial im FC-Kader und der Nachwuchsarbeit doch eigentlich steckt. Einen besseren Moment für sein erstes Bundesliga-Tor hätte sich der schlaksige und kopfballstarke Stürmer wahrlich nicht aussuchen können.
Timo Schultz stellte Moral und Angriffsleistung seines Teams dann auch über die nächste verpasste Chance eines Sieges. „Wir können sagen, dass wir zwei Führungen hergegeben haben, aber auch, dass wir nach einem Rückstand zurückgekommen sind. Die offensive Leistung war sehr nahe daran, wie ich mir das vorstelle. Wir haben Potenzial, auch in der vorderen Linie.“
Eines darf er dabei nicht vergessen. Es war im neunten Spiel unter ihm als Trainer bereits das fünfte Remis. Auch deshalb beträgt der Rückstand auf Platz 15 immer noch sieben Punkte. Immerhin festigte der FC den Relegationsplatz und hat seit Samstag gegenüber Mainz auch das bessere Torverhältnis. „Den Punkt nehmen wir gerne mit“, tröstete sich Schultz nach dem „nächsten Schritt in die richtige Richtung“ und der doppelten Premiere für und durch Damion Downs.
Wenn er im Stillen nachrechnet, wird der Trainer im Ergebnis aber erkennen müssen, dass die Kölner punktemäßig näher an Platz 15 stehen könnten. „Konjunktiv gibt es im Fußball nicht“, reagierte Schultz, während sich Timo Hübers in der Bewertung des Derby-Ausgangs etwas Bedenkzeit erbat: „Ob ich mich jetzt ärgern oder freuen soll, das entscheide ich noch.“
Borussen-Fans blasen Choreo ab
Die Mönchengladbacher Polizei hat die nach den Ausschreitungen am Freitagabend 131 in Gewahrsam genommenen FC-Fans nach dem Derby wieder entlassen. Am Spieltag selber blieb es weitgehend friedlich. Die 150 Kölner Anhänger waren am Vortag des Derbys mit drei Bussen zum Borussia-Park gefahren und hatten Kontakt zu den Gladbachern gesucht, die sich gerade in der Vorbereitung einer Choreo für das brisante Duell am Samstag befanden. Die Borussen-Fans bliesen ihre Choreo schließlich ab, feuerten ihr Team wie die Kölner das ihre aber an.