Bayer Leverkusen hat seine starke Form erneut unter Beweis gestellt und im Bundesliga-Rheinderby den 1. FC Köln verdient mit 3:0 besiegt.
Chancenloser 1. FC KölnBayer Leverkusen dominiert das Derby
Im Fußball verändern sich die Gegebenheiten schnell. Als es in der vergangenen Bundesliga-Saison zum ersten Nachbarschaftstreffen zwischen dem 1. FC Köln und Bayer 04 Leverkusen kam, schnupperten die Geißböcke an den Europapokalplätzen und die Werkself stand auf einem Abstiegsplatz. In der Spielzeit 2023/24 gestalten sich die Vorzeichen komplett anders. Der FC reiste am Sonntag als siegloser Tabellenletzter zu Bayer 04, das vor dem siebten Spieltag ungeschlagen Spitzenreiter war.
Und beides blieb. Denn während die Leverkusener im November 2022 als deutlich schlechter platziertes Team das Derby glücklich mit 2:1 gewinnen konnte, blieben die Geißböcke am Sonntag in der mit 30.210 Zuschauern ausverkauften BayArena absolut chancenlos. Der FC kassierte beim 0:3 (0:2) die sechste Saisonniederlage und geht mit nur einem Punkt als Schlusslicht in die zweite Länderspielpause. „Das Derby nach der Pause gegen Gladbach ist enorm wichtig“, beschrieb FC-Torwart Marvin Schwäbe die prekäre Situation und die Aussicht auf die kommenden zwei Wochen.
Während Bayer-Coach Xabi Alonso auf seine Bundesliga-Wunschelf zurückgreifen konnte und im Vergleich zum 2:1-Erfolg am Donnerstag in der Europa League bei BK Molde sieben Mal zurück rotierte, bereitete FC-Trainer Steffen Baumgart die Besetzung seiner Startelf einiges Kopfzerbrechen. Mit Linton Maina (Rücken), Luca Waldschmidt (Erkältung) und Jacob Christensen (Bänderzerrung) waren nämlich kurzfristig drei Ausfälle hinzugekommen. Christensen stand vor seinem Startelfdebüt und verletzte sich im Abschlusstraining am Samstag.
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Immerhin konnte Eric Martel nach seiner Fersenverletzung von Anfang an dabei sein. Der U21-Nationalspieler lief als einziger Sechser auf. Dadurch rückte Dejan Ljubicic auf die Zehn und Florian Kainz auf den linken Flügel. Frankfurt-Leihgabe Faride Alidou spielte bei seinem Startelf-Debüt als zweite Spitze neben Davie Selke. Eine mutige Aufstellung, mit der Baumgart dokumentierte, dass die Kölner nicht über den Rhein angereist waren, um die Punkte kampflos abzugeben. Der FC begann entsprechend mutig und aggressiv, presste giftig und setzte sich sogar in der Leverkusener Hälfte fest. Das ging zehn, zwölf Minuten so und produzierte auch eine Torchance. Jeff Chabot zielte nach einer Pacarada-Ecke per Kopf aber zu hoch (10.).
Die Baumgart-Elf musste dann allerdings schnell erkennen, dass die Gastgeber tatsächlich auf einem anderen Level unterwegs sind. Der gegen seinen Ex-Club überragend aufspielende Florian Wirtz lief heiß und prüfte Marvin Schwäbe im FC-Tor mit zwei Fernschüssen (9./19.). Auch Victor Boniface scheiterte am aufmerksamen Kölner Keeper (13.).
Gegen das 1:0 war aber kein Kraut gewachsen. Boniface setzte sich mit etwas Glück im Zweikampf gegen Timo Hübers durch und fand links Grimaldo. Der Spanier passte flach an den Fünfer, wo Wirtz den Ball mit der Hacke auf Jonas Hofmann zurücklegte. Der Ex-Gladbacher veredelte die Traumkombination mit links ins rechte Eck (22.).
Kölner reklamieren Handspiel vor dem 1:0
Die Kölner reklamierten vehement ein Handspiel von Boniface, das Schiedsrichter Felix Zwayer aber nicht bestätigen wollte. Baumgart, der zusammen mit Hübers nach dem Pausenpfiff noch einmal intensiv mit Zwayer diskutierte, sah für sein Reklamieren die Gelbe Karte. „Er bekommt im Pressschlag den Ball gegen den Arm und verschafft sich dadurch meiner Meinung nach einen Vorteil. Der Schiedsrichter hat das anders gesehen und wollte es sich auch nicht noch einmal ansehen“, informierte Hübers über sein Gespräch mit Zwayer.
An Leverkusens Überlegenheit gab es trotz dieser umstritten Szene zu keinem Zeitpunkt Zweifel. Positions- und Passspiel bewegten sich bei der Alonso-Elf auf höchstem Niveau, so dass der FC kaum in einen Zweikampf kam. „Das war eine unserer besten Saisonleistungen“, freute sich der spanische Coach der Werkself. Die logische Konsequenz war das 2:0. Nachdem Wirtz und Granit Xhaka in zwei Zweikämpfen das letzte Wort hatte, brach Grimaldo auf links durch und setzte mit einem scharfen und präzisen Pass Jeremie Frimpong auf der rechten Seite in Szene. Der Niederländer hatte keine Mühe, seinen zweiten Saisontreffer zu erzielen (32.). Der nie zu kontrollierende Grimaldo hätte mit einem Schlenzer fast noch das 3:0 nachgelegt, scheiterte aber an Schwäbe (35.).
Schwäbe verhindert ein Debakel
Der FC gab kurz vor der Pause noch ein Lebenszeichen ab. Florian Kainz spielte Davie Selke frei, dessen Versuch aber noch von Jonathan Tah zur Ecke abgelenkt wurde (45.+1). Die Ecke brachte zweimal Eric Martel in Position. Der Sechser scheiterte erst mit dem Kopf und dann mit dem Fuß an Bayer-Torhüter Lukas Hradecky. Wobei der zweite Versuch schon zur Hälfte die Torlinie überquert hatte — aber eben nur zur Hälfte (45.+2).
Baumgart stellte zur zweiten Halbzeit auf ein 4:2:3:1 um. Trotzdem musste Schwäbe gegen Wirtz (47.) und den nach einem kapitalen Fehlpass von Rasmus Carstensen durchgebrochenen Frimpong (54.) den dritten Gegentreffer verhindern. Das 3:0 fiel, als Bayer über seine rechte Seite ernst machte, Leart Pacarada und Jeff Chabot zu spät kamen und Hofmann Boniface sein siebtes Saisontor auflegte (67.). Das Ergebnis entsprach absolut den Kräfteverhältnissen auf dem Rasen. Die Kölner waren bis dahin sogar noch gut bedient.
Boniface (68./78.) und Xhaka (73.) hätten den Kölnern ein Debakel im Derby bescheren können. So aber war der FC das Team, dass in dieser Saison bislang die wenigsten Gegentore in der BayArena kassiert hatte, was natürlich kein Trost für die klare Unterlegenheit der Kölner war. „Wir waren nicht in der Lage, einer so gut aufspielenden Mannschaft Paroli zu bieten. Die Jungs haben alles versucht, es hat aber nicht gereicht“, räumte Steffen Baumgart zerknirscht ein. Leverkusen dagegen freute sich über den neunten Sieg im zehnten Pflichtspiel, die Rückkehr an die Spitze der Fußball-Bundesliga und den ersten Heimsieg über den FC nach zwei Niederlagen: „Wir sind aktuell auf dem Weg, eine wirklich gute Saison zu spielen. Heute ist für uns ein Tag zum Feiern — mit einem Supersieg, einem Derbysieg“, freute sich Xabi Alonso. Der Unterschied zwischen den beiden Teams war auf jeden Fall schon lange nicht mehr so groß.