Im Ringen um einen Ausweg aus der tiefen Krise will der FC-Trainer Zugang in die Köpfe seiner verunsicherten Spieler finden.
1. FC Köln im AbstiegskampfVertrag von Steffen Baumgart nur für die Erste Liga gültig
In Zeiten der Krise zeigt sich bekanntlich am stärksten, wie es wirklich um den Zusammenhalt bestellt ist. Nach zwei erfolgreichen Jahren ist der 1. FC Köln unter Steffen Baumgart zum ersten Mal in eine sportliche Schieflage geraten. Obgleich dem Tabellenvorletzten der Fußball-Bundesliga der erhoffte Befreiungsschlag zuletzt einmal mehr misslang, kann Baumgart auf Rückendeckung aus den eigenen Reihen zählen. Sportchef Christian Keller sprach seinem Trainer nach dem wackligen 1:1 im Kellerduell beim VfL Bochum das Vertrauen aus. Baumgart weiß die Unterstützung zu schätzen: „Wir gehen sehr vertrauensvoll miteinander um und sind dabei sehr klar“, gab der 51-Jährige nach dem Training am Dienstag einen Einblick in das Innenverhältnis am Geißbockheim.
Zu der von Steffen Baumgart oft zitierten Klarheit gehört auch, die Gründe für die miserable Ausbeute von sechs Punkten aus elf Spielen hinter den Kulissen in aller Deutlichkeit zu analysieren. „Wir gehen sehr kritisch mit der Situation um. Wir legen öfter als sonst den Finger in die Wunde“, versicherte Baumgart. Von gemütlicher Atmosphäre könne keine Rede sein. „Es ist nicht so, dass wir uns Kaffee und Kuchen holen.“ Sportchef Keller hatte bereits angekündigt, die in allen Bereichen unzureichende Vorstellung gegen Bochum während der Länderspielpause „sehr deutlich, sehr direkt“ aufzuarbeiten.
Um einen Ausweg aus der Krise zu finden, hält Steffen Baumgart es für wichtig, das Miteinander der vergangenen zweieinhalb Jahre beizubehalten. „Es geht darum, Lösungen gemeinsam zu finden. Allein deshalb weiß ich, dass ich dieses Vertrauen zu allen Mitarbeitern haben kann“, erklärte der FC-Coach, der den Geißbock-Club hinter einem gemeinsamen Ziel vereinen will: „Mir ist wichtig, dass wir daran glauben, den Klassenerhalt zu schaffen. Das ist das Entscheidende.“ Gleichwohl ist der frühere Stürmer lange genug dabei, um sich nicht zu sicher in seinem Amt zu fühlen: „Trotzdem wissen wir, wie Fußball funktioniert: Du musst Punkte holen.“
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In dieser Hinsicht ging es bei den Kölnern zuletzt voran, wenn auch nur in kleinen Schritten. Fünf Punkte aus vier Spielen lautet die ordentliche Bilanz für die Phase zwischen der ersten und der zweiten Länderspielpause der Saison. Dass der FC dennoch weiterhin auf einem Abstiegsplatz rangiert, ist Folge des katastrophalen Auftaktes mit einem Zähler aus sieben Partien. Auch deshalb stellt Baumgart den FC in dieser Saison auf einen „langen, zähen Weg“ ein: „Es ist keine Situation, die wir relativ kurz gelöst bekommen.“ Wobei das auch gar nicht nötig sei. „Wir müssen die Situation bis zum 34. Spieltag lösen.“
Sollte dies nicht gelingen, müsste der 1. FC Köln zum siebten Mal in seiner Geschichte den Gang in die Zweite Bundesliga antreten, was einen herben Rückschlag für die wirtschaftliche Gesundung des Clubs darstellen würde. Der dann erforderliche sportliche Neuaufbau müsste aller Voraussicht nach ohne das Mitwirken von Steffen Baumgart in Angriff genommen werden. Wie der FC-Coach am Dienstag bestätigte, hat sein Arbeitspapier, das im Mai um ein Jahr bis 2025 verlängert wurde, nur für die Zugehörigkeit zur Ersten Liga Gültigkeit.
Was für Baumgart im Übrigen „kein Geheimnis“ darstellt. Sondern einen „ganz normalen Prozess“. Zumal: „Gab es irgendwann mal einen Trainer in Köln, der in der Ersten Liga begonnen hat und auch einen Vertrag für die Zweite Liga hatte? Das habe ich noch nie erlebt“, merkte Steffen Baumgart mit Blick auf den jahrelang hohen Trainer-Verschleiß am Geißbockheim an. Offenbar rechnet der 51-Jährige auch selbst nicht damit, im Abstiegsfall bei den Geißböcken bleiben zu dürfen: „In Köln überlebst du nicht den Abstieg aus der Ersten Liga und wirst dann noch in der Zweiten Liga bezahlt.“
Doch dann schob Baumgart derlei negativen Gedanken einen Riegel vor und gab sich gewohnt kämpferisch: „Wir reden über die Erste Liga, nicht über die Zweite Liga.“ Als Schlüssel im Kampf um den Klassenerhalt betrachtet der FC-Coach die Aufgabe, Zugang in die Köpfe seiner verunsicherten Spieler zu finden. „Das Hauptproblem ist, dass die Jungs in gewissen Situationen nicht die Ruhe haben und anfangen zu überlegen“, hat Baumgart erkannt. Ein Umstand, der nicht zuletzt auf den herben Qualitätsverlust im Kader zurückzuführen sein dürfte. „In diesem Jahr ist einiges anders. Viele Sachen müssen sich mehr erarbeitet werden als in den Jahren zuvor. Und es dauert auch länger, bis sie funktionieren“, meint Baumgart, der an seinem Vorgehen festhalten will: „Ich werde mich nicht von außen beeinflussen lassen. Am Wichtigsten ist, dass ich in meiner Art des Coachings und im Umgang mit den Jungs bei mir bleibe. Ich bin überzeugt, dass ich Lösungen finde.“