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FC-KriseKeller stärkt Baumgart den Rücken und nimmt Mannschaft in die Pflicht

Lesezeit 5 Minuten
ARCHIV - 28.06.2023, Nordrhein-Westfalen, Aachen: Christian Keller, Geschäftsführer 1. FC Köln.

Christian Keller hat nach dem schwachen FC-Auftritt in Bochum Trainer Steffen Baumgart gestärkt.

Die FC-Verantwortlichen sind nach dem schwachen Auftritt in Bochum ratlos. Nach der Länderspielpause kommt der FC Bayern nach Köln.

Christian Keller erklärt die Dinge des Fußballs schon mal gerne ausführlicher und anschaulicher. Nach dem überaus schmeichelhaften 1:1 (0:1) beim VfL Bochum beließ es der sichtlich und hörbar höchst unzufriedene Sportchef des 1. FC Köln aber zunächst bei ein paar kurzen, prägnanten Sätzen. „Ein sehr glücklicher Punkt. Bochum war die klar bessere Mannschaft. Ein schwacher Auftritt von uns.“

Drei Aussagen, die den enttäuschenden Auftritt der Geißböcke zwar auf den Punkt brachten, das ganze Ausmaß aber noch nicht erfassten. Denn die Geißböcke hatten in diesem Kellerduell der Fußball-Bundesliga über weite Strecken alles vermissen lassen, was an Werkzeugen im Abstiegskampf nötig ist. Am Ende stand anstelle des erhofften Befreiungsschlags ein glücklicher Punktgewinn in einem Spiel, das der FC auch 1:4 hätte verlieren können — wenn man ehrlich ist sogar müssen.

Köln holt dank Schwäbe glücklichen Punkt in Bochum

Die Kölner durften sich bei Marvin Schwäbe bedanken, dass es sie ausgerechnet zum Sessionsauftakt am Elften im Elften nicht noch schlimmer getroffen hatte. Der Torwart brachte die Bochumer mit seinen insgesamt acht Großtaten zur Verzweiflung.

Das es so weit kommen konnte, hatte einfache Gründe. Zum Beispiel den, dass der FC während der gesamten ersten Hälfte und auch in Teilen des zweiten Durchgangs die Tugenden des Abstiegskampfs vermissen ließ. Schwäbe sprach hinterher von „Schneid abkaufen und überrumpeln lassen“. Sein Trainer fasste die unerklärliche Leistung deftiger zusammen: „Wir hatten uns etwas anderes vorgenommen. Mir gefällt nicht, wenn wir Absprachen nicht umsetzen. Da interessiert mich nicht, warum und wieso. Abstiegskampf bedeutet, Dinge anzunehmen, die mit Fighten zu tun haben und Emotionen einzubringen.“

Baumgart mit emotionaler Halbzeit-Ansprache

Grundtugenden eben, die die Geißböcke aber erst nach einer emotionalen Pausenansprache ihres Trainers einigermaßen entdeckten und ins Spiel einbringen konnten. „Bochum hat uns niedergekämpft und wir waren nicht in der Lage, mit klaren Aktionen gegenzuhalten — weder mit dem Ball noch gegen den Ball“, kritisierte Christian Keller.

Auch der Sportchef musste sich nach dem Spiel die Frage stellen, warum der eigentlich doch so klare Plan des FC gegen das auf weite Schläge von Torwart Manuel Riemann aufgebaute, physisch aggressive VfL-Spiel nicht aufgegangen war. „Wir wussten, dass Bochum viele lange Bälle spielt, wussten, wie wir dagegen agieren müssen, haben es aber leider nicht gemacht“, rätselte der 44-Jährige.

Trainer ratlos über schwachen FC-Auftritt

Stattdessen ließen die immer wieder überspielten Kölner die Räume hinter dem Ball zu lange offen, konnten keine Überzahl schaffen und gewannen so kaum zweite Bälle. „Das kann ich nicht sagen. Wenn ich es gewusst hätte, dass ich in der Pause sagen muss, dass wir es in der zweiten Halbzeit besser machen müssen, hätte ich es vorher schon gemacht“, wirkte Baumgart nicht zum ersten Mal ratlos.

Seine Mannschaft hatte zunächst große Probleme mit den hoch und konsequent anlaufenden Bochumern. Die Kölner bekamen kaum Ordnung in ihre Reihen und konnten sich selten sauber hinten rausspielen. Als es etwas besser wurde, vergab Luca Waldschmidt die große Chance, den FC in Führung zu bringen. Der Ex-Nationalspieler kam frei am Sechzehner mit seinem starken linken Fuß zum Abschluss, schob den Ball Riemann aber nur harmlos und mittig in die Arme (13.).

Uth läuft seiner alten Form hinterher

Eine Szene, die dem Kölner Selbstbewusstsein ebenso wenig gut tat, wie die Tatsache, dass ihr anderer Hoffnungsträger Mark Uth erkennen musste, dass ein Jahr Spielpause und drei Operationen sich nicht so einfach wegspielen lassen. Der 32-Jährige, man muss es so deutlich sagen, lief der Musik komplett hinterher und hatte sogar große Mühe, in die Zweikämpfe zu kommen.

Den Geißböcken fehlte also erneut ein Spieler, an dem sie sich hätten aufrichten können. Stattdessen hatten sie große Mühe, in eine geschlossene Struktur zu finden, was auch daran lag, dass weder Eric Martel noch Florian Kainz als Sechser Ruhe in die Aktionen bringen konnten. Es war eine logische Konsequenz, dass der Bochumer Führungstreffer sich aus den FC-Unzulänglichkeiten summierte.

Waldschmidt leistete sich einen einfachen Ballverlust, dann kam ein langer Ball von Riemann, der die rechte Seite der Kölner aushebelte. Im Zentrum stimmte die Zuordnung nicht, so dass Schwäbe gegen Philipp Hofmanns Drehschuss retten musste. Beim Abpraller war aber nur Lukas Daschner aufmerksam und reagierte gedankenschnell (25.). „Wir waren viel zu hektisch. Die Leistung war nicht bundesligareif. Es gibt nach diesem Spiel viel aufzuarbeiten“, sagte Keller.

Die Leistung war nicht bundesligareif. Es gibt nach diesem Spiel viel aufzuarbeiten“
Christian Keller

Der einzige griffige Angriff des FC, der nach einem Ballgewinn von Uth, über Kainz und Linton Maina zum unverdienten 1:1-Ausgleich durch Davie Selke führte (54.), bewahrte die Kölner nicht davor, dass sie nach elf Spieltagen dank Leverkusener Schützenhilfe als Tabellen 17. mit nur sechs Punkten in die Länderspielpause gehen. Und den FC-Sportchef nicht vor der Frage, ob sein „Rückhalt für Steffen Baumgart Kratzer bekommen habe?“

Keller vermied am Samstag im ZDF noch eine konkrete Aussage zum Trainer: „Wenn alle zusammenhalten und in die gleiche Richtung laufen, lassen sich auch herausfordernde Situationen lösen. Ich spüre eine sehr große Geschlossenheit im Innenverhältnis. Auf dieser Grundlage werden wir auch unsere Punkte holen.“

Am Sonntag gab es im Doppelpass dann ein klares Bekenntnis des Sportchefs: „Wir schaffen den Klassenerhalt mit Steffen Baumgart. Wir sind von Steffen und seinem Trainerteam überzeugt. Im Übrigen auch von der Mannschaft, aber sie muss sich trotzdem mal ein bisschen straffen.“ Eine Aussage, die vor der zweiwöchigen Pause und dem dann folgenden Auftritt von Meister Bayern München in Köln-Müngersdorf keine Interpretationsspielräume lässt.