Er warnt davor, ständig die besten Spieler zu verkaufen, um neue zu finanzieren. Wie reagiert die Vereinsführung auf diese Forderung?
Unsicherheit beim 1. FC KölnSteffen Baumgart fordert eine neue Transferpolitik
Steffen Baumgart hat sich seit dem Sommer 2021 um den 1. FC Köln extrem verdient gemacht. Seit der inzwischen 51-Jährige als Cheftrainer an der Seitenlinie auf und ab tigert, sind die Geißböcke in der Fußball-Bundesliga wieder salonfähig — sowohl fußballerisch als auch als Marke. Baumgart und seine emotionale Art haben mit dafür verantwortlich gezeichnet, dass die Kölner nicht nur sportlichen Erfolg hatten, sondern als Club auch gemeinsam einen Weg einschlugen, der sie in ruhigeres Fahrwasser und erfolgreichere, wirtschaftlich stabilere Zeiten führen soll.
Es ist kein Geheimnis, dass der FC in der aktuellen Saison der Fußball-Bundesliga auf diesem Weg ins Stocken geraten ist. Baumgarts Team konnte erst zwei von 13 Ligaspielen gewinnen und nur dank eines knappen 1:0-Erfolgs bei Aufsteiger Darmstadt 98 am vergangenen Wochende erstmals seit September wieder die Abstiegsplätze verlassen. Was natürlich an den Nerven aller Beteiligten zehrt und zu Verunsicherung und Zweifeln führt. Auch bei Steffen Baumgart, dessen zumeist emotional gesteuerte Stimmungen in einer sportlichen Krise genauso zum Vorschein kommen wie in erfolgreichen Zeiten.
Kritik an forscher Forderung Baumgarts
Als der FC-Chefcoach in dieser Woche auf einen möglichen Verkauf von Leistungsträger Dejan Ljubicic in der Winterpause angesprochen wurde, um die angekündigten und auch nötigen Verstärkungen des Kaders finanzieren zu können, verwunderte es demnach wenig, dass er angefasst reagierte und seiner allgemeinen Anspannung Luft machte, indem er für die Zukunft eine Richtungsänderung in der Transferpolitik seines Clubs anmahnte: „Mein Ziel kann nicht sein, jedes Jahr Substanz zu verlieren. Es darf nicht sein, dass wir unsere besten Spieler abgeben, um neue Spieler zu verpflichten“, sagte er. Absolut verständlich, wenn man als Trainer in der jüngeren Vergangenheit eine ganze Reihe seiner wichtigsten Spieler verloren hat, darunter Salih Özcan, Anthony Modeste, Jonas Hector oder Ellyes Skhiri. Es könne also nicht mit Ljubicic erneut einen der besten Spieler abgegeben werden, nur um Neue zu holen, von denen man nicht genau wisse, ob sie das Team am Ende auch wirklich verstärken: „In dieser Stadt, in diesem Verein muss es möglich sein, anders zu agieren. Wenn kein Geld da ist, muss welches besorgt werden.“
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Eine forsche Forderung, die durchaus als Kritik an dem unter der neuen Geschäftsführung eingeschlagenen Sparkurs des FC und an der Kaderplanung verstanden werden kann. Fakt ist aber, dass sich Baumgart eben diesem Sparzwang mit seiner erneuten Vertragsverlängerung im Mai 2023 wie alle anderen Verantwortlichen verschrieben hat und in die Kaderplanung voll und maßgeblich eingebunden war. Ein Kader übrigens, von dem der FC-Chefcoach vor der Saison überzeugt war und Vieles für möglich hielt — wahrscheinlich nur nicht nach zwölf Spieltagen mit sechs Punkten das Tabellenende zu zieren.
Keller will öffentlich Stellung nehmen
Baumgart spürte in der Medienrunde am Dienstag übrigens relativ schnell selbst, dass er mit seinen Worten womöglich zu viel Interpretationsspielräume ermöglicht hatte und versuchte die Aussagen mit dem Hinweis seine Argumentation „aus rein sportlicher Sicht zu führen“ abzumildern.
Eine Reaktion von Vorstand und Geschäftsführung auf die Ausführungen ihres leitenden Angestellten blieb trotz Anfrage übrigens gänzlich aus. Christian Keller wird als Geschäftsführer Sport und direkter Vorgesetzter des Cheftrainers nach Informationen dieser Zeitung wohl am Freitag öffentlich Stellung nehmen und dabei wohl in erster Linie das Ziel verfolgen, das ganze Thema möglichst schnell wieder zu beerdigen.
Immerhin steht schon am Sonntag (17.30 Uhr) das nächste wichtige Spiel im Bundesliga-Abstiegskampf auf dem Terminkalender, wenn der Tabellenvorletzte 1. FSV Mainz 05 ins Rheinenergiestadion kommt. Mit einem weiteren Dreier im letzten Heimspiel des Jahres könnte sich der FC mit vier Punkten von den Mainzern absetzen, den Anschluss ans Mittelfeld herstellen und so vor Weihnachten für weitere Ruhe sorgen. Und vielleicht auch dafür, dass Steffen Baumgart etwas von seiner Anspannung verliert.