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FC-Niederlage gegen MünchenBaumgarts mutige und misslungene Premiere

Lesezeit 4 Minuten
30 Minuten lang auf verlorenem Posten: Kölns Kapitän Florian Kainz (r.) im Duell mit Bayerns Torjäger Harry Kane.

30 Minuten lang auf verlorenem Posten: Kölns Kapitän Florian Kainz (r.) im Duell mit Bayerns Torjäger Harry Kane.

Der 1. FC Köln ist nach dem 12. Spieltag der Fußball-Bundesliga und vor dem Kellerduell bei Darmstadt 98 wieder Tabellenletzter.

Als der Ex-Leverkusener Kevin Volland am Samstag in der 88. Minute des Spiels zwischen Union Berlin und dem FC Augsburg für die Köpenicker zum 1:1 traf, war es amtlich. Der 1. FC Köln geht als Tabellenletzter aus dem zwölften Spieltag der Fußball-Bundesliga hervor und reist mit dem Druck, den diese Platzierung naturgemäß mit sich führt, zum Kellerduell am kommenden Freitag zum SV Darmstadt 98. Der Aufsteiger konnte zu allem Überfluss beim 1:1 in Freiburg auch noch einen überraschenden Punkt einsammeln und steht als 15. des aktuellen Rankings drei Zähler besser da als die Geißböcke.

Die nackten Zahlen helfen, um die prekäre Situation der Kölner vor den beiden wichtigen Partien in Darmstadt und zu Hause gegen Mainz zu verdeutlichen. Sechs Punkte hat das Team von Trainer Steffen Baumgart erst auf der Habenseite. Mit neun Toren stellt der FC trotz der offensiv angelegten Denkweise ihres Chef-Übungsleiters darüber hinaus den schwächsten Angriff der Liga.

Debakel wie in Leipzig war möglich

Es wäre vermessen gewesen, davon auszugehen, dass sich am zwölften Spieltag etwas an dieser Situation und den bitteren Statistiken ändern könnte, denn die Kölner mussten immerhin gegen den FC Bayern München antreten. Als die 90 Minuten gegen den Rekordmeister am nasskalten Freitagabend vor 50.000 Zuschauern im ausverkauften Rheinenergiestadion gespielt waren und unter dem Strich eine 0:1 (0:1)-Heimniederlage stand, hatte sich der FC zwar achtbar aus der Affäre gezogen, ein weiteres Debakel wie beim 0:6 in Leipzig wäre aber genauso möglich gewesen.

Was an einer Premiere gelegen hätte, denn Steffen Baumgart entschied sich zum ersten Mal in seiner Karriere als Profi-Trainer dafür, eines seiner Teams mit Dreierkette spielen zu lassen. „Das habe ich auch in Paderborn nie gemacht“, räumte der 51-Jährige ein. Sein Ansatz war mutig, frech, riskant und auch nachvollziehbar. Ganz seinem Naturell folgend wollte Baumgart die von ihren Länderspielreisen und Jetlag geplagten Bayern-Stars mit hochstehenden Außenbahnspielern überrumpeln und dadurch für eine Überraschung sorgen. „Die Überlegung war, dass wir mehr Spieler beim Anlaufen haben und die Räume dahinter trotzdem kompakt machen“, erklärte der FC-Coach.

Wir wollten die Müdigkeit der Bayern ausnutzen, das ist aber total daneben gegangen.
Steffen Baumgart, Cheftrainer 1. FC Köln

Er musste das Experiment nach einer halben Stunde beenden und fortan entgegen seinem Naturell den Bus in der eigenen Hälfte parken. „Die ersten 30 Minuten nehme ich komplett auf meine Kappe, da habe ich die Jungs einfach zu hochgejagt. Wir wollten die Müdigkeit der Bayern ausnutzen, das ist aber total danebengegangen. Wir haben keinen Stich gesehen.“

Baumgart hatte eine prinzipiell gute Idee, musste aber einsehen, dass sie gegen die Bayern nicht umsetzbar war. Zumal deren Trainer Thomas Tuchel den Braten gerochen und sein Team entsprechend eingestellt hatte: „Wir wollten dann auch mit langen Bällen agieren, das ist uns sehr gut gelungen. Wir hätten die erste Halbzeit höher gewinnen müssen.“

Die Kölner durften sich wie beim 1:1 in Bochum bei ihrem überragenden Torwart Marvin Schwäbe und den Nachlässigkeiten ihres Gegners in der Chancenverwertung bedanken, dass nur Superstar Harry Kane traf und dafür einen Abstauber brauchte, nachdem Jeff Chabot für den FC nach einem Schuss von Eric Choupo-Moting auf der Linie gerettet hatte (20.). Selten aber hat man in Müngersdorf größere Löcher in der Kölner Defensive klaffen sehen als an diesem Freitag. Ein langer Ball des sich häufig fallenlassenden Kane oder des beweglich Leroy Sańe genügten, um Baumgarts luftige Dreierkette komplett zu entblößen.

Bayern kontrolliert das Spiel komplett

„Wir wollten eigentlich nicht den Bus vor dem Tor parken. Das hat sich dann aus dem Spiel heraus ergeben, weil wir anfangs hoch attackiert haben und die Bayern uns die Bälle hinter die Kette gespielt haben“, erklärte Kapitän Florian Kainz. Die Erkenntnis der Kölner musste sich deshalb am Ende darauf beschränken, dass sie in der Lage sind mit ihren kämpferischen Tugenden und kompakter stehend, es einem überlegenen Gegner schwer zu machen. Obwohl die Bayern in der zweiten Hälfte mehr daran interessiert, waren mit Spielkontrolle das eigene Tor zu sichern, als mit Nachdruck auf den zweiten Treffer zu gehen. „Es war nicht mehr so spektakulär, aber wir haben das Spiel komplett kontrolliert und keine Konterchancen zugelassen“, zeigte sich Thomas Tuchel zufrieden.

„Wir waren bis zum Schluss im Spiel, haben aber selbst nicht viele Chancen herausspielen können“, sagte Florian Kainz. Um genau zu sein, war keine einzige klare Möglichkeit dabei. Selbst bei den drei Eckbällen, die sich der FC in 90 Minuten hart erkämpft hatte und deren Ausführung Baumgart unter der Woche noch intensiv hatte üben lassen, sprang nichts heraus. „Ich bin froh, dass sich die Mannschaft nicht aufgegeben hat, aber wir waren chancenlos“, kommentierte Baumgart das zu erwartende Ergebnis, das die Situation des FC vor dem Gang nach Darmstadt nicht aufhellen konnte. Dazu hätte Baumgarts gewagter Plan wohl aufgehen müssen.