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1. FC Köln Geißböcke enttäuschen und verpassen Vorentscheidung im Aufstiegskampf

Lesezeit 5 Minuten
Der FC muss sich wieder aufrichten: Mark Uth (l) hilft seinem Teamkameraden  Tim Lemperle nach dem 0:1 in Hannover schon mal.

Der FC muss sich wieder aufrichten: Mark Uth (l) hilft seinem Teamkameraden  Tim Lemperle nach dem 0:1 in Hannover schon mal.

Der 1. FC Köln hat die Vorentscheidung im Kampf um den Bundesliga-Aufstieg liegen gelassen und in Unterzahl eine 0:1-Heimniederlage bei Hannover 96 einstecken müssen.

Der 1. FC Köln ist um eine Enttäuschung reicher. Der Tabellenführer der 2. Fußball-Bundesliga musste trotz der fantastischen Unterstützung von rund 15.000 Fans und der Chance, den vorentscheidenden Schritt in Richtung Bundesliga-Aufstieg zu gehen, eine 0:1 (0:0)-Niederlage bei Hannover 96 hinnehmen. Lars Gindorf erzielte nach einer Gelb-Roten Karte gegen FC-Linksverteidiger Leart Pacarada in Überzahl das entscheidende Tor. Im Falle eines Sieges hätten die Geißböcke drei Spieltage vor Saisonschluss sieben Punkte Vorsprung auf Rang drei gehabt.

„Wir müssen jetzt gemeinsam eine schmerzhafte Niederlage wegstecken. Die Leistung stört mich massiv. Ich hätte mir von meiner Mannschaft heute eine andere Tonart gewünscht“, sagte ein zerknirschter FC-Trainer Gerhard Struber nach der bereits neunten Saisonniederlage.

Der 48-Jährige hatte nach dem 3:1-Heimsieg gegen Münster keinen Grund, an seiner Startaufstellung herumzubasteln. Zumal sich auf den letzten Drücker keiner der FC-Profis mehr krank und verletzt gemeldet hatte. Es fühlte sich auch wie ein Privileg an, an diesem 31. Spieltag der 2. Bundesliga das Trikot mit dem Geißbock auf dem Platz tragen zu dürfen. Es gab schon vor dem Anpfiff Gänsehautmomente für die Spieler, als sie sich vor der weißen Wand in der Gästekurve warmmachten.

Spielbeginn verzögert sich nach Pyroshow der FC-Fans

Rund 15.000 FC-Anhänger, unter denen auch Ex-FC-Kapitän Jonas Hector gewesen sein soll, hatten sich auf den Weg nach Hannover gemacht und waren vom Schünemannplatz aus gut zwei Kilometer bei herrlichem Sonnenschein zur Hans von Heiden-Arena marschiert. „Unglaublich, dass ist der Wahnsinn, was unsere Fans da auf die Beine stellen“, reagierte Gerhard Struber auf das imposante Bild im Süden der Arena.

Der Spielbeginn verzögerte sich, weil die FC-Fans neben ihren weißen Shirts eine Batterie Feuerwerk mitgebracht hatte und das mit 49.000 Zuschauern ausverkauften Stadion in rot-weißen Rauch hüllten.  Der ganze Zinnober auf den Rängen schien die Struber-Elf zunächst aber eher zu hemmen, als zu motivieren. Hannover hatte jedenfalls nach der Entlassung von Trainer André Breitenreiter Lust auf Fußball und die Hosen an.

Das Interimstrio auf der Bank der Niedersachsen, Lars Barlemann, Dirk Lottner und Christian Schulz hatte die Gastgeber hervorragend eingestellt. 96 war griffig in den Zweikämpfen, läuferisch überlegen, weil schneller unterwegs und gefährlicher. Hyunju Lee hätte schon nach acht Minuten auf 1:0 stellen müssen. Der Südkoreaner zielte nach einer schönen Kombination und einer Drehung um Timo Hübers herum links vorbei.

Wir hatten ein paar Jungs auf dem Platz, die nicht ihren besten Tag hatten.
Christian Keller, Sportchef 1. FC Köln

Dem Kölner Spiel fehlte es an Bewegung, Zweikampfhärte und Überzeugung. „Wir haben es nicht geschafft, unsere Umschaltsituationen genauer und präziser auszuspielen“, analysierte Struber die Schwächen. Sportchef Christian Keller wurde deutlicher: „Wir hatten ein paar Jungs auf dem Platz, die nicht ihren besten Tag hatten.  Da war der erste Kontakt, das Passspiel und das Zweikampfverhalten nicht so, um Dominanz entwickeln und den Gegner beeindrucken zu können.“

Nur eine Flanke von Florian Kainz, die Luca Waldschmidt am Fünfer verpasste, sorgte für Gefahr (17.). Hannover war dem ersten Treffer näher. U21-Nationalspieler Nicolo Tresoldi (19.) und Marcel Halstenberg (24.) per Kopf sowie Tresoldi und Lars Gindorf (31./32.) mit dem Fuß prüften Marvin Schwäbe, der nichts anbrennen ließ, obwohl er sich schon nach einer Viertelstunde am Knie behandeln lassen musste.

Die größte Möglichkeit verzeichnete aber der FC. Tim Lemperle verunglückte zwar seine Hereingabe auf Downs, der Ball kam aber zufällig zu Florian Kainz. Der Österreicher tauchte frei vor Ron-Robert Zieler auf, schoss den gebürtigen Kölner im Tor von Hannover aus acht Metern aber nur an (39.). Die Szene hatte immerhin zur Folge, dass die Kölner das Spiel bis zur Pause etwas besser in den Griff bekamen.

Leart Pacarada sieht die Gelb-Rote Karte

Es blieb ein Intermezzo: Lee spazierte gleich zu Beginn der zweiten Halbzeit durch die Kölner Hälfte und schoss wieder nur knapp links vorbei (47.). Drei Minuten später war der FC nur noch zu zehnt. Monju Momuluh lief an der Strafraumgrenze in Leart Pacarada hinein. Schiedsrichter Timo Gansloweit entschied in seinem erst fünften Zweitliga-Spiel auf Foul und schickte den bereits verwarnten Linksverteidiger mit Gelb-Rot in die Kabine (53.). Es war der erste Platz verwies für die Kölner in dieser Saison. Eine umstrittene und auf jeden Fall harte Entscheidung. „Das Foul war clever gezogen und der Schiedsrichter fällt drauf rein. Das ist auch ein Stück Übermut und Unerfahrenheit“, sagte Struber zu der Szene.

Er nahm Luca Waldschmidt aus dem Spiel und brachte Max Finkgräfe, der sich gleich ein Foul leistete. Den Freistoß legte Brooklyn Ezeh von der rechten Seite in den ungedeckten Rückraum, wo Lars Gindorf den Ball erst in Ruhe annehmen und dann aus 18 Metern akkurat zum 1:0 in den linken Winkel schlenzen konnte (57.). „Da hatten wir kein gutes Anti-Block-Verhalten“, bewertete Struber die fehlende Zuordnung bei seinem Team.

Schwarz und weiß betrachtet, ist es ein Spieltag weniger und wir haben immer noch ein gutes Punktepolster.
Timo Hübers, FC-Kapitän

Timo Hübers musste dann nach einem Kopfball von Boris Tomiak auf der Torlinie das 0:2 verhindern  (66.), bevor sich der FC in Unterzahl gegen die drohende Niederlage stemmte.  Die Einwechslung von Denis Huseinbasic und die Auswechslungen von Luca Waldschmidt und Florian Kainz halfen, etwas Ordnung in das Spiel zu bekommen.

Klare Chancen blieben aber bis zur letzten Minute der Nachspielzeit aus. Dann hätte Dejan Ljubicic noch zum 1:1 ausgleichen können, sein Schuss wurde aber geblockt (90.+6.).  „Wir können uns in puncto Einsatz und Willen nichts vorwerfen lassen, aber in puncto Cleverness. Auch in Unterzahl sollte man keine Schüsse aus 40 Metern nehmen, sondern die Situationen besser ausspielen“, kritisierte Kapitän Timo Hübers. Er wollte dieses unangenehme 0:1 dann schnell abhaken: „Die Niederlage ist super bitter. Wenn man es aber schwarz und weiß betrachtet, ist es ein Spieltag weniger und wir haben immer noch ein gutes Punktepolster.“

Stimmt: Der FC bleibt dank der erneuten Patzer der Konkurrenz an der Tabellenspitze, hat vier Punkte Vorsprung auf den Tabellendritten Magdeburg  und darf als nächstes zu Hause gegen Schlusslicht Jahn Regensburg spielen. Vielleicht klappt dann der nächste Schritt in Richtung Aufstieg.

Statistik:

Hannover 96: Zieler; Neumann, Tomiak (69. Dehm), Halstenberg; Ezeh (78. Knight), Kunze, Leopold; Lee (69. Oudenne), Gindorf (78. Nielsen); Momuluh (88. Voglsammer), Tresoldi. – 1. FC Köln: Schwäbe; Thielmann, Hübers, Heintz, Pacarada; Martel; Ljubicic, Waldschmidt (53. Finkgräfe), Kainz (58. Huseinbasic); Lemperle, Downs (74. Uth). – SR.: Gansloweit (Dortmund). – Zuschauer: 49.000. – Tor: 1:0 Ginsdorf (53.). – Gelb-Rot: Pacarada (50.). - Gelbe Karten: Neumann, Ezeh, Kunze; Finkgräfe.