1. FC KölnTurbulenzen auch nach dem Klassenerhalt
Köln – Der Vorstand des 1. FC Köln hat am Montagabend einen wichtigen Termin. Präsident Werner Wolf sowie die Vizepräsidenten Eckhard Sauren und Carsten Wettich stellen sich in einer Gesprächsrunde den Fragen der Mitglieder. Der Austausch mit der Basis bildet für die umstrittene Clubspitze eine der letzten Möglichkeiten, um Pluspunkte zu sammeln vor der anstehenden Mitgliederversammlung am 17. Juni.
Zentrale Personalie dort: Die Bestätigung Wettichs als Vizepräsident. Der Wirtschaftsanwalt war im Dezember 2019 vom Mitgliederrat in den Vorstand entsendet worden, um den rasch zurückgetretenen Jürgen Sieger zu ersetzen. Gelingt es Wettich nicht, eine eindeutige Stimmenhoheit auf sich zu vereinen, käme dies einem Misstrauensvotum gegenüber dem gesamten Führungstrio gleich. Verstärkt in die Kritik geraten würde dann auch der Mitgliederrat, der den Vorstand 2019 zur Wahl vorgeschlagen hatte und auf der nächsten turnusmäßigen Mitgliederversammlung im Herbst neu gewählt wird.
Zusätzliche Brisanz durch Trennung von Heldt
Die Umstände der Trennung von Horst Heldt haben vor den richtungsweisenden kommenden Monaten für zusätzliche Brisanz gesorgt. Wie berichtet, hatte der ehemalige Sportchef am vergangenen Sonntag dem Vorstand erst noch eine ausführliche Saison-Analyse vortragen müssen. Erst danach wurde Heldt die intern bereits feststehende Entlassung mitgeteilt. Auch der Zeitpunkt nur einen Tag nach dem fulminanten Sieg im Relegations-Rückspiel in Kiel hatte für viel Kopfschütteln gesorgt. Freude, Erleichterung und der mediale Fokus auf den geschafften Klassenerhalt waren schnell wieder dahin – auch wenn es für die Trennung von Heldt sachlich nachvollziehbare Gründe gab.
Es ist nicht das erste Mal, dass dem FC-Vorstand fehlendes Gespür für die Situation vorgeworfen wird. Ein anderes Beispiel: Retter-Trainer Friedhelm Funkel war von Werner Wolf nach dem abgewendeten Abstieg lediglich per Textnachricht beglückwünscht worden. Der mit nach Kiel gereiste Präsident begründet dieses Vorgehen mit der strikt erforderlichen Distanz in Zeiten der Pandemie.
Unruhige Tage nach Rauswurf
Auf den Rausschmiss von Horst Heldt folgten überaus unruhige Tage mit „hohen Wellen“, wie es die FC-Spitze in ihrem Newsletter „Post vom Vorstand“ beschreibt. Inzwischen ist die Angelegenheit in einen Rosenkrieg ausgeartet. Die FC-Chefs untersuchen eine mögliche Pflichtverletzung Heldts im Zuge der Trennung, um dem 51-Jährigen zumindest einen Teil der Entschädigung in Höhe von rund einer Million Euro streitig machen zu können.
Ungeachtet dessen bekräftigte der Vorstand, von der Entlassung Heldts „überzeugt“ zu sein. „Es braucht im sportlichen Bereich eine Neuausrichtung.“ Ihren Siebenjahresplan, den die öffentlich nahezu unsichtbar agierende Clubspitze auf der Mitgliederversammlung Mitte Juni vorstellen wird, wollen Wolf und Co. stattdessen mit einem Sportchef angehen, dessen Qualitäten verstärkt im strategischen Bereich liegen. Bei Heldt, einem Netzwerker mit engem Draht zur Mannschaft, war das in der Schlussfolgerung nicht der Fall.
Vereinbarte Interims-Lösung
Nun soll es eine Interims-Lösung mit Jörg Jakobs und Thomas Kessler richten. Einziger Geschäftsführer ist damit vermutlich für eine komplette Spielzeit Alexander Wehrle. Der Finanzchef steht wiederum zwischen den Stühlen, nachdem er öffentlich sein Missfallen über das Heldt-Aus bekundet hatte. Wehrle betonte zwar seine Verantwortung gegenüber dem FC, die er in Zeiten der Coronakrise besonders stark spüre. Andererseits ließ der Schwabe klar erkennen, dass er einem Abgang nicht abgeneigt gewesen wäre („Ich respektiere die Haltung meines Arbeitgebers, dass man mich nicht aus einem Vertrag heraus lässt, der bis 2023 geht“).
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Neben dem Sport-Geschäftsführerposten bleibt auch das Amt des Mediendirektors vorerst weiter unbesetzt. Fast ein Jahr nach der Trennung von Tobias Kaufmann und der folgenden Posse um den vermeintlichen Nachfolger Fritz Esser geht das Warten auf eine Lösung weiter. Der Markt sei schwierig, lautet die Erklärung. Der Vorstand ist derweil um eine Beruhigung der Turbulenzen bemüht. Man werde sich an „keiner Schlammschlacht“ beteiligen, betonen Wolf, Sauren und Wettich. „Wir besprechen das mit euch – den Menschen, denen wir in unserem Amt verpflichtet sind“, hofft das Trio auf rege Teilnahme am Mitglieder-Treff am Montag.