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1. FC Köln ohne BaumgartPawlaks größter Tag in Nizza

Lesezeit 4 Minuten
KR FC Co-TRainer André Pawlak

Staffelübergabe: FC-Co-Trainer André Pawlak (l.) ersetzt zum Start in die Gruppenphase der Conference League Chefcoach Steffen Baumgart, der nur von der Tribüne zusehen darf.

Köln – André Pawlak hat eine gewisse Routine darin entwickelt, immer dann einzuspringen, wenn am Geißbockheim Not am Mann ist. Im Mai 2019 führte der damalige Trainer der Regionalliga-Mannschaft des 1. FC Köln das Profi-Team über die Ziellinie, nachdem Markus Anfang drei Spieltage vor Schluss nicht mehr zugetraut worden war, die Rückkehr in die Fußball-Bundesliga zu vollenden. Zu Beginn dieses Jahres schlüpfte Pawlak erneut in die Rolle des Aushilfs-Cheftrainers, als Steffen Baumgart den 1:0-Heimsieg gegen den SC Freiburg brüllend aus der heimischen Corona-Quarantäne verfolgte.

Doch der eigentliche Höhepunkt in der Trainerkarriere des 51-Jährigen kommt erst noch. Wenn die Geißböcke am Donnerstagabend (18.45 Uhr, RTL+) beim OGC Nizza die Gruppenphase der Conference League einläuten, wird André Pawlak erstmals überhaupt ein Spiel auf europäischer Bühne hauptverantwortlich begleiten. Dagegen bleibt Steffen Baumgart nur ein Platz auf der Tribüne, nachdem er im Playoff-Rückspiel beim Fehérvár FC die Gelb-Rote-Karte kassiert hatte.

Pawlak vom Europa-Fieber gepackt

So ärgerlich die Sperre für den Kölner Cheftrainer persönlich auch ist: André Pawlak eröffnet sie die Möglichkeit auf einen außergewöhnlichen Abend im Herzen der Côte d’Azur. „Ich habe noch nie im Europapokal an der Linie gestanden. Das ist definitiv etwas Besonderes. Dann noch in Nizza und vor der roten Wand. Da freue ich mich riesig drauf“, war Pawlak nach der Trainingseinheit am Dienstag bereits vom Europa-Fieber gepackt.

Gleichwohl empfindet der Co-Trainer Mitgefühl mit seinem gesperrten Chef: „Er wird sich sicherlich ärgern, weil er bei jedem Spiel dabei sein möchte. Wer Steffen kennt, der weiß: Jedes Spiel, das er verpasst, ist eines zu viel.“ Ein paar tröstende Worte hatte Pawlak auch parat: „Steffen muss sich zumindest nicht vor dem Fernseher aufregen, sondern kann es vor Ort tun. Er wird genauso mitfiebern wie bei jedem Spiel – und sich nicht nur ärgern, sondern auch freuen, dass wir das gemeinsam erleben dürfen.“

Schließlich werden mehr als 10.000 Kölner Schlachtenbummler erwartet. „Es wird grandios“, ist Pawlak überzeugt. „Diesen Moment sollten wir alle genießen. Viele haben ihn mit dem FC noch nicht erlebt.“ Von der aktuellen Kölner Mannschaft waren nur Jonas Hector und Timo Horn bei der Europa- League-Teilnahme 2017 dabei.

Kontaktsperre bis 15 Minuten nach dem Schlusspfiff

Baumgarts Sperre hat zur Folge, dass die Kommunikation zwischen dem Cheftrainer und dem übrigen Teil des Teams mit Betreten des Stadions ruhen muss. Das bedeutet: Baumgart darf vor dem Anpfiff nicht mit in die Kabine. Verboten ist auch direkte Kommunikation mit seinen Assistenten am Spielfeldrand. Die Kontaktsperre gilt bis 15 Minuten nach dem Schlusspfiff. „Die Besprechungen am Spieltag machen wir noch gemeinsam. Dann sind alle Abläufe klar. Wir setzen sie auf der Bank gemeinsam als Team um, als wenn der Chef dastehen würde“, erklärte Pawlak. Der Austausch mit den Beobachtern auf der Tribüne erfolge wie bei jedem Bundesligaspiel ausschließlich über die per Funk verbundenen Video-Analysten.

„Im Zweifel ruft er von der Tribüne runter. Er ist ja laut genug“

Spätestens seit den Erfahrungen von Ungarn gilt es jedoch als unwahrscheinlich, dass Steffen Baumgart die 90 Minuten in Nizza kommentarlos verfolgen wird. „Im Zweifel ruft er von der Tribüne runter. Er ist ja laut genug“, witzelte André Pawlak. In Fehérvár war Kölns Trainer-Hansdampf nach seinem Innenraumverweis hinter der FC-Bank auf und ab getigert und hatte immer wieder Anweisungen auf den Rasen gebrüllt. Pawlak selbst will sich nicht verstellen. „Ich werde Steffen genauso vertreten, wie wir das schon einmal gehandhabt haben“, kündigte der ruhige Gelsenkirchener an.

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Der ehemalige Hertener Sport- und Chemielehrer, der erst seit seinem Wechsel zum FC vor fünf Jahren hauptberuflich als Trainer tätig ist, sieht die Favoritenrolle bei den Franzosen: „Nizza ist seit Jahren international dabei. Deren Kaderwert ist dreimal so hoch wie der von uns.“ Nach dem Fehlstart von Lucien Favres Team in die Ligue 1 rechnen sich die Kölner jedoch mehr als nur Außenseiterchancen aus. „Wir haben genug Selbstvertrauen, um überall gewinnen zu wollen. Das ist unser klares Ziel: Wir wollen dort gewinnen“, betonte André Pawlak vor dem Abflug am Mittwochvormittag an die französischen Riviera.