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Interview mit Marco Höger„Beim FC gibt es keine 24 Ich-AGs“

Lesezeit 5 Minuten
Marco Höger

Lobt die gute Stimmung im Team: FC-Routinier Marco Höger.

  1. Zu den mittlerweile alteingesessenen FC-Profis gehört Marco Höger. Mit dem strategischen Mittelfeldspieler und Wortführer der Mannschaft sprach Joachim Schmidt.
  2. Marco Höger spricht über Härten des Profifußballs und die Last der Trainingslagers.
  3. Die Langfassung des Interviews jetzt exklusiv lesen mit RundschauPLUS

Köln

Herr Höger, ist ein Trainingslager Last oder Lust für Sie?

Das ist gleich zum Anfang unseres Gesprächs eine fiese Frage (lacht). Ich gehe ins elfte Profijahr und muss sagen, dass ich schon gerne zu Hause im eigenen Bett schlafe. Aber die Bedingungen hier sind wie immer sehr gut. Wofür ein Trainingslager natürlich vorteilhaft ist, ist das Kennenlernen der neuen Spieler.

Gibt es Einzelzimmer?

Die Ältesten, zu denen ich mit meinen bald 30 Jahren gehöre, kommen in den Genuss von Einzelzimmern. Ich finde: Je älter man wird, desto schwieriger ist es, sich an Zimmerpartner zu gewöhnen. Deshalb bin ich lieber alleine.

Vor einem Jahr wurden Sie gleich zu Beginn des ersten Trainingslagers schwer verletzt. Haben Sie das im Hinterkopf?

Manchmal hat man das im Kopf, aber nicht, wenn man auf dem Trainingsplatz steht oder spielt. Wenn ich das im Hinterkopf hätte, würde ich vorsichtiger in die Zweikämpfe gehen. Und damit wäre das Verletzungsrisiko größer. Und ich gehe ja gerne in die Zweikämpfe und bin jemand, der auch mal austeilt. Umgekehrt muss man auch einstecken können, wie heute im Zweikampf mit Kevin Wimmer, der mich ordentlich getroffen hat.

Was ändert sich durch einen neuen Trainer abseits des Trainingsplatzes?

Da gibt es viele Kleinigkeiten.

Ein Beispiel?

Beim gemeinsamen Essen geht man bei dem einen Trainer gemeinsam ans Buffet, beim anderen muss man warten, bis er Mahlzeit sagt. So etwas spielt sich aber schnell ein. Dafür ist ein Trainingslager dann auch hilfreich. Spätestens im zweiten Trainingslager läuft das dann alles.

Nach dem letztjährigen Abstieg sind Sie beim FC geblieben. Haben Sie also alles richtig gemacht?

Nachdem wir direkt wieder aufgestiegen sind, kann man das so sagen. Allerdings war es keine ganz einfache Saison, wir haben schon das ein oder andere Auf und Ab erlebt.

Hatten Sie die Möglichkeit zu wechseln?

Ja, es gab Anfragen aus der Bundesliga und aus dem Ausland. Aber ich bin vor drei Jahren aus einem laufenden Vertrag bei Schalke nach Köln gewechselt, weil ich Kölner bin und von klein auf in der Familie miterlebt habe, was es heißt, FC-Fan zu sein. Ich hätte es nicht für richtig empfunden, den Verein, der mir sehr am Herzen liegt, zu verlassen.

Kevin Wimmer hält sich beim FC fit, weil er bei seinem Arbeitgeber Stoke City aussortiert wurde. Wie sehen Sie das?

Das ist bitter für ihn. Im Fußball kann so etwas schnell gehen und jeden treffen. Und dann ist das nicht immer eine Frage der Leistung. Als junger Spieler macht man sich über solche Themen keine Gedanken. Ich stelle mir die Situation sehr schwer vor, einfach aussortiert zu werden.

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Liegt das Problem auch darin, dass man als Spieler aufgrund hoher Ablösesummen und Gehälter ein Gefangener des Systems ist?

Einerseits kann man das als Problem sehen. Es ist eine gewisse Hürde, die manches erschwert. Andererseits ist es für uns Spieler eine Absicherung. Kevin muss aufgrund seines Vertrages keine Angst haben, am Hungertuch zu nagen.

Wie gehen Sie damit um, dass ein, zwei neue Spieler auf Ihrer Position in Konkurrenz zu Ihnen stehen?

Konkurrenz hat man im Profifußball immer. Das ist letztlich produktiv für die Leistung des Einzelnen. Ich hatte immer solche Situationen. Aber ich kenne meine Stärken. Am Ende habe ich mich durchgesetzt, auch gegen Spieler, die – wie auf Schalke – teils für viel Geld geholt wurden.

Sie sagen, Konkurrenz bringt die Mannschaft weiter. Andererseits heißt es, die Spieler seien alle Ich-AG’s. Das widerspricht sich.

Das Profigeschäft ist knallhart. Dankbarkeit gibt es da selten. Man hat nur eine Karriere. Die dauert meist nur zehn Jahre, manchmal fünfzehn oder in Ausnahmefällen zwanzig Jahre. Da muss man sehen, dass man in dieser Zeit das Beste aus sich und für sich herausholt. Natürlich schaut dann jeder ein Stück weit auf sich. Aber ich finde, dass wir hier beim FC wenige Probleme damit hatten. Natürlich hat man in einem Kader mit 24 Spielern nicht nur Freunde. Aber hier bei uns laufen nicht 24 Ich-AG’s rum, die nur an sich denken. Das sah man auch im Vorjahr, als neben mir noch viele andere beim FC geblieben sind.

Wie ordnen Sie die aktuelle Stimmung ein?

Alles passt. Wir haben ein Stück weit Euphorie entfacht. Das ist auch unserem neuen Trainer, Achim Beierlorzer, zuzuschreiben – mit seiner positiven Art. Diese Stimmung müssen wir beibehalten. Das ist für einen Aufsteiger extrem wichtig. Wir müssen mit unseren Fans zusammen wieder eine Einheit bilden, um von der Euphorie getragen zu werden.

Mit welchen Gefühlen gehen Sie in die Saison?

Ich freue mich, zurück in der Bundesliga zu sein und gegen attraktive Gegner zu spielen. Und dann kommen gleich Dortmund und Gladbach, schon aufgrund der ganzen Kartenanfragen aus dem Umfeld merkt man, wie große die Vorfreude ist.

Da hat man auf einmal noch mehr gute Freunde?

(lacht) Da meldet sich schon der ein oder andere, den man länger nicht gehört hat.

Aber dieses Anfangsprogramm, zu dem auch noch München und Wolfsburg gehören, stellt eine hohe Hürde für einen positiven Start dar.

Es ist Chance und Risiko zugleich. Hinzu kommt ja auch noch das Pokalspiel bei Zweitligist Wehen-Wiesbaden. Auch deshalb sind wir jetzt schon hoch konzentriert bei der täglichen Arbeit. Wir wissen, was auf uns zukommt, vor allem wir Älteren. Deshalb sehe ich mich und die anderen erfahrenen Spieler besonders in der Verantwortung, das Zepter in die Hand zu nehmen. Wir müssen gut starten, dann kann es einen Stimmungsausschlag geben und zu einer großen Euphorie kommen, die uns tragen kann.