Köln – Eine gute Filmdokumentation zeichnet sich dadurch aus, die Dinge möglichst realistisch abzubilden und ihre Zuschauer nah an interne Abläufe heranführen. Der 1. FC Köln hat sich mit seiner Doku „24/7“ in der Fußball-Bundesliga-Saison 2019/20 dieser Aufgabe gestellt und sie in den meisten Sequenzen sehr gut gelöst. Manchmal vielleicht etwas unfreiwillig, wie neuesten Teil mit dem Titel „Ausgebremst“.
Im Vergleich zu den ersten acht Folgen hat Nummer neun weniger Tempo in ihrer Erzählung und schleppt sich fast etwas dahin. Was nicht negativ gemeint sein soll, denn das zusammengetragene Material aus der Zeit von der Wiederaufnahme des Spielbetriebs gegen den FSV Mainz 05 und dem 1:2 gegen Union Berlin spiegelt wider, welche Entwicklung der FC nach der Corona-Zwangspause genommen hat und auf welche Probleme er getroffen ist. Die Geißböcke haben ihren Schwung verloren und taumeln von sieben sieglosen Spielen seit dem 17. Mai angeschlagen dem Saisonende entgegen.
1. FC Köln: Erstes Treffen im Geißbockheim seit März
Nach dem trotz einer Steigerung verdienten 1:3 im Derby bei Bayer 04 Leverkusen hatte Horst Heldt am Donnerstag ins Geißbockheim eingeladen. Es war das erste physische Treffen zwischen dem FC-Geschäftsführer und Kölner Medienvertretern seit Beginn der Corona-Pandemie in Deutschland Mitte März. Heldt hatte diesen Termin schon vor dem FC-Auftritt beim rheinischen Nachbarn auserkoren. Der 50-Jährige hatte dabei sicher im Sinn, über den perfekten Klassenerhalt sprechen zu wollen.
„Wir haben seit Corona nur drei Punkte geholt. Das macht uns unzufrieden und ist Mist. Ich hätte etwas zu unseren Erkenntnissen dieser Entwicklung sagen können, doch wir sind nicht am Ziel und haben zwei wichtige Spiele vor uns. Es ist nicht der richtige Zeitpunkt“, erklärte er.
Schuld an der noch nicht gänzlich geklärten Situation sind die seit acht Partien sieglosen Kölner selbst und Fortuna Düsseldorf, das durch sein 2:2 in Leipzig den Abstand vom Relegationsplatz zum FC auf sechs Punkte verkürzen konnte. Rein rechnerisch fehlt den Geißböcken ein Punkt aus den Partien gegen Eintracht Frankfurt (Samstag, 15.30 Uhr, Rheinenergiestadion) und in Bremen (27. Juni). Bei einem um 15 Treffer besseren Torverhältnis dürfte aber nichts mehr anbrennen.
Horst Heldt: „Ich verteidige dieses Team“
Eine Situation, die Heldt veranlasste trotz der aktuellen Formkrise eine Lanze für das Trainerteam um Markus Gisdol und die Mannschaft zu brechen. „Auch nur ansatzweise die Leistung von Trainer und Mannschaft seit November in Frage zu stellen, ist absolut töricht. Deshalb verteidige ich dieses Team. Es hat sich in den Sumpf gebracht, sich aber auch wieder rausgezogen“, attestierte der Sportchef dem Team Charakterstärke.
„Es hat nichts damit zu tun, ob die Spieler nicht wollen oder einen schlechten Charakter haben. Es ist eine lehrreiche Zeit, für die es kein Handbuch gibt. Am Ende geht es darum, alles richtig einzuordnen. Ich lasse mich dabei von niemandem treiben, denn meine Aufgabe ist es die Wahrheit zu finden.“
Gisdol und Heldt wollen an jungen Spieler festhalten
Worte, die vermuten lassen, dass die Erkenntnisse von Heldt und Gisdol gereift sind. Zum Beispiel, an den jungen Spielern festzuhalten. „Wir haben uns für diesen Weg entschieden und Fehler gehören bei den jungen Spielern nun mal dazu“, sagte Gisdol. Er meinte damit in erster Linie den hochveranlagten Noah Katterbach, der beim 0:1 in Leverkusen von Sven Bender Lehrgeld zahlte und gegen den überragenden Moussa Diaby zeitweise überfordert war. Der 18-jährige Linksverteidiger zeigte aber auch in einigen Szenen, was er drauf hat. „Beim nächsten Mal lässt sich Noah bestimmt nicht wegschubsen“, ordnete Horst Heldt kritisch ein.
Das könnte Sie auch interessieren:
Der Sportchef möchte sich auch für die 35 Punkte auf der Habenseite des FC nicht entschuldigen müssen: „Wir sind Aufsteiger und unser Ziel war der Klassenerhalt und er wird es nächste Saison sein. Auch, wenn sich die Erwartungshaltung im Verlauf der Saison mal geändert hat. Ich habe vor den Heimspielen gegen Mainz und Düsseldorf auch von Europa geträumt.“
Das Momentum aber, dass der FC sich durch den 2:0-Hinspielsieg gegen Leverkusen verschafft hat und das durch die eigenen Fans in der Rückrunde verstärkt wurde, ist durch Corona verloren gegangen. „Es soll kein Alibi sein, aber in einer solch ungewohnten Zeit fehlt manchen Spielern die Frische. Alle stellen sich der Situation und versuchen Mittel dagegen zu finden. Dem einen gelingt es besser als dem anderen“, berichtete Heldt. Folge zehn von „24/7“ wird sicher aufklären, wer gemeint ist und welche Erkenntnisse die FC-Verantwortlichen aus dem vergangenen Monat gezogen haben.