Berlin – Steffen Baumgarts Rechnung ist einfach. Um weiter vom Europapokal träumen zu können, müssen Spiele gewonnen werden, hatte der Trainer des 1. FC Köln proklamiert. In der Fußball-Bundesliga von Spieltag zu Spieltag ohnehin eine schwere Aufgabe. Aber wenn es für die Kölner gegen den 1. FC Union Berlin geht, ist die Aufgabe immer noch ein bisschen kniffliger. Und so gab es am Freitagabend An der Alten Försterei wieder keinen Sieg gegen die Eisernen, sondern eine bittere 0:1 (0:0)-Niederlage, die ausgerechnet der sonst so zuverlässige Kapitän Jonas Hector mit einem kapitalen Fehlpass verschuldete. „Ich wollte den Ball zum Torwart zurückspielen und spiele ihn zu weit nach vorne, so dass Marvin gar nicht herankommen kann“, räumte Hector ein.Der FC musste kurzfristig auf seinen besten Angreifer verzichten. 15-Tore-Stürmer Anthony Modeste musste mit Fieber in Köln bleiben. So war Ex-Unioner Sebastian Andersson in Baumgarts 4:2:3:1-System die einzige Sturmspitze. Der Schwede hatte die Berliner mit seinen Toren 2018 zum Aufstieg geschossen und wurde von den Heimfans vor dem Spiel als „Fußballgott“ gefeiert. Den Kölnern fehlten neben Modeste Rechtsverteidiger Benno Schmitz (muskuläre Probleme) und der gelbgesperrte Ondrej Duda.. Dafür kehrten Hector, Florian Kainz, Ellyes Skhiri und Dejan Ljubicic nach ihrem Fehlen gegen Dortmund in die Startelf zurück. Kingsley Ehizibue ersetzte Schmitz.
Kölner mit guter Struktur und viel Ballbesitz
Die Alte Försterei war erstmals seit dem Stadtderby gegen Hertha BSC in der Hinrunde mit 22.012 Zuschauern wieder ausverkauft. Corona-Auflagen gab es keine mehr. Also die passende Bühne für die Rückkehr der Kölner Ultras, die 15 Minuten vor dem Anpfiff in den FC-Block stürmten und zum Anstoß wie die Union-Anhänger ein Bengalo-Feuerwerk entfachten. Das Feuerwerk auf dem Rasen ließ dagegen auf sich warten. Die fußballerisch besseren Kölner kontrollierten mit guter Struktur und viel Ballbesitz das Geschehen und liefen die Gastgeber konsequent an. Außer einer Kopfballchance von Mark Uth nach Ehizibue-Flanke (22.) kam aber kaum Gefahr auf.
Die Baumgart-Elf wackelte zudem in der hintersten Reihe einige Male bedenklich, weil sie der Wucht von Taiwo Awoniyi und dem Tempo von Sheraldo Becker nicht ganz Herr wurde. Auch, weil Innenverteidiger Luca Kilian Standprobleme hatte und Ehizibue nach zwei unglücklichen Aktionen und einer Gelben Karte (13.) früh am Rande eines Platzverweises wandelte (17.). Der FC überstand die brenzligen Situationen, weil Timo Hübers dagegenhielt, Torwart Marvin Schwäbe gut mitspielte und gegen Becker im kurzen Eck parierte (25.).
Blackout von Jonas Hector
Die Geißböcke ließen sich zunehmend das einfache Spiel der Köpenicker aufdrängen und vergaßen darüber, dass sie das spielerisch bessere Team stellten. In der Offensive half ihnen dann fast der Zufall. Ein Ping-Pong-Ball landete rechts im Strafraum bei Jonas Hector, der aber keinen Weg am herausstürzenden Union-Keeper Frederik Rönnow vorbei fand (39.).
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Steffen Baumgart nahm zur Pause Ehizibue in Schutz und brachte Jan Thielmann. Ljubicic rückte nach rechts hinten. Die Unsicherheiten in der letzten Reihe waren damit aber nicht verschwunden. Im Gegenteil: Sie gipfelten in einem Blackout von Jonas Hector, der den Ball zu Marvin Schwäbe zurückpassen wollte, ihn aber in den Fuß von Awoniyi spielte. Der Nigerianer nahm das Geschenk dankend an und erzielte mit seinem zwölften Saisontor das 1:0. Schwäbe kam mit der Hüfte zwar noch an den Ball, konnte den Einschlag aber nicht verhindern (49.).
Das Gegentor hatte nachhaltige Wirkung. Die Kölner brachten nach vorne nichts mehr zustande und ließen sich in vielen, Scharmützeln den Schneid von den Eisernen abkaufen. Auch Baumgarts Umstellung auf Dreierkette und zwei Spitzen brachte keine Besserung. Es war wie immer, wenn der FC in der Bundesliga gegen die Berliner antritt. Union setzte seine einfachen Mittel mit viel Herz und leidenschaftlicher Arbeit durch. Es war der fünfte Sieg des Teams von Urs Fischer im sechsten Bundesliga-Duell mit den Kölnern. Und seit Freitagabend 22.25 Uhr steht Union in der Tabelle auch wieder vor den Geißböcken.
Union Berlin: Rönnow; Jaeckel, Knoche, Baumgartl; Trimmel, Khedira, Gießelmann; Haraguchi (75. Ryerson), Prömel (88. Möhwald); Becker (71. Voglsammer), Awoniyi (88. Behrens). – 1. FC Köln: Schwäbe; Ehizibue (46. Thielmann), Kilian, Hübers (83. J. Horn), Hector; Skhiri, Özcan; Ljubicic (67. Chabot), Uth (83. Schaub), Kainz (67. Lemperle); Andersson. – SR.: Badstübner (Windsbach). – Zuschauer: 22.012. – Tor: 1:0 Awoniyi (49.). – Gelbe Karten: Jaeckel, Becker, Trimmel; Ehizibue, Hübers, Thielmann.