Köln – Nur noch ein paar Tage, dann räumt Dr. Christian Keller seinen Schreibtisch. Beim Fußball-Zweitligisten SSV Jahn Regensburg geht damit eine Ära zu Ende. Seit Mitte 2013 leitete der 42-Jährige als alleiniger Geschäftsführer sowohl die sportlichen als auch die kaufmännisch-administrativen Geschicke des Clubs aus der Oberpfalz.
Es ist ein Werk, das sich sehen lassen kann. Wenn Keller Ende des Monats auf eigenen Wunsch und lange vorab geplant aus seinem Amt scheidet, übergibt er den SSV Jahn in bester Verfassung. Der gebürtige Donaueschinger hat den einstigen Chaosclub trotz des zwischenzeitlichen Sturzes in die Regionalliga modernisiert, wirtschaftlich konsolidiert und zur Überraschungsmannschaft der laufenden Zweitliga-Saison geformt. Nach elf Spieltagen belegt der letztjährige Abstiegskandidat den zweiten Aufstiegsplatz.
Erstaunliche finanzielle Stabilität
Bemerkenswert ist auch die in diesen Zeiten ungewohnt stabile finanzielle Situation des SSV Jahn, der die von der Corona-Pandemie geprägten Spielzeiten mit einem Gewinn abschloss. „Darin unterscheiden wir uns maßgeblich von nahezu allen anderen Profifußballclubs in Deutschland“, freute sich Keller in einem Interview mit der „Wirtschaftszeitung“. 2019/20 waren die Regensburger sogar der mit weitem Abstand effizienteste deutsche Proficlub. Der SSV Jahn hatte den geringsten Personalaufwand aller Vereine und erzielte ligaübergreifend die höchste Umsatzrendite. Werte, von denen der klamme FC nur träumen kann.
Daher überrascht es nicht, dass der promovierte Sportwissenschaftler die Aufmerksamkeit des Oberhauses auf sich gezogen hat. Neben dem bereits gehandelten Interessenten VfB Stuttgart hat auch der 1. FC Köln seine Fühler nach Christian Keller ausgestreckt. Die Geißböcke sind bekanntlich auf der Suche nach einem Nachfolger für den Ende Mai entlassenen Sport-Geschäftsführer Horst Heldt, dessen Aufgaben Dr. Jörg Jakobs interimsweise übernommen hat. Als Kandidat gilt wie berichtet auch Samir Arabi (42/Arminia Bielefeld).
FC will sich nicht zur Personalie äußern
Beim FC wollte man am Mittwoch nicht näher auf die Spekulationen eingehen. „Wir äußern uns nicht zu einzelnen Kandidaten. Es bleibt bei unserer Sprachregelung, dass wir bis Weihnachten einen Sportchef präsentieren wollen“, sagte Vizepräsident Eckhard Sauren der Rundschau.
Zeitlich würde das passen: Keller will sich zuerst eine mehrmonatige Auszeit nehmen, im Frühjahr könnte er dann in Köln neu einsteigen. Dort wäre der im Gegensatz zu Arabi ablösefrei zu habende 42-Jährige der frische Gegenentwurf zu den Manager-Routiniers Horst Heldt und Armin Veh, die beim FC jeweils gescheitert waren.
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Der scheidende starke Mann des SSV Jahn genießt in der Branche einen hervorragenden Ruf. Marcus Steegmann, der Sportliche Leiter des Drittligisten FC Viktoria Köln, beschreibt Keller als „ruhig und analytisch. Er ist ein sehr kompetenter und harter Verhandler, der klare Vorstellungen hat.“ In seine Zeit in Regensburg fallen der Stadionneubau sowie die Modernisierung des maroden Trainingsgeländes. Letztere Aufgabe wäre auch in Köln zu bewältigen.
Was ebenfalls für einen Kontakt zum FC spricht: Christian Keller pflegt nach Rundschau-Informationen einen sehr engen Draht zu Viktoria Kölns Geschäftsführer Andreas Rettig, der wiederum gut kann mit – Alexander Wehrle, seinem mächtigen Kollegen beim FC. Keller selbst war am Mittwoch telefonisch nicht zu erreichen.