Leverkusen-Schlebusch – „Holly, ich habe so eine Angst. Wenn die mit Singen fertig sind, werden die Geiseln nehmen!“, schreit Mickey gegen den Lärm auf dem Metal-Konzert zu seinem Date Holly rüber. Diese geht voll und ganz in der Musik auf, während Mickeys Spaßfaktor ihn eher an die Nürnberger Prozesse erinnert. Dass aus den beiden einmal was werden soll? Undenkbar.
„Hannah und ihre Schwestern“ auf der Bühne
Aber Liebe ist halt kompliziert, weiß das Freie Theater des Freiherr-vom-Stein-Gymnasiums. Mit „Beziehungsstatus: kompliziert“ brachte die Gruppe eine etwa zweistündige Adaption von Woody Allens Film „Hannah und ihre Schwestern“ auf die Bühne, die am Freitagabend in der gut besuchten Aula der Gesamtschule Schlebusch – die Aula des Gymnasiums ist wegen eines Deckenschadens zurzeit gesperrt – ihre Premiere feierte.
Denn Elliot ist zwar mit Hannah verheiratet, beginnt aber heimlich ein Verhältnis mit ihrer Schwester Lee. Hannahs Ex-Mann Mickey kommt vor zu viel Arbeit fast um. Holly, die jüngste der Schwestern, hingegen findet als Schauspielerin keine Arbeit .
Eher nimmt ihre beste Freundin April ihr die Jobs und Männer vor der Nase weg. Gemütlich erzählt das Stück diese lebensnahen Geschichten, die sich kaleidoskopisch miteinander verknüpfen.
Theatergruppe variiert jedes Jahr
Seit 23 Jahren leitet die Englisch- und Kunstlehrerin Edith Englich die Theatergruppe, die zur einen Hälfte aus Schülern des Literaturkurses, zur anderen aus freiwilligen Schülern ab der zehnten Klasse besteht. Jedes Jahr ist die Gruppe dadurch etwas anders aufgestellt.
Nach einer ersten Einschätzung stellt Englich im Kurs passende Theaterstücke zur Diskussion. Welches Stück schließlich einstudiert wird, entscheiden die Schüler per Abstimmung. Zuletzt präsentierte die Gruppe unter anderem „Die Truman Show“ sowie Hitchcocks „39 Stufen“.
„Dieses Jahr fiel die Wahl sehr knapp aus“, erinnerte sich Englich. Beinahe hätten die Zuschauer „Die Heilige Johanna“ zu sehen bekommen. Als feststand, dass die Bühnenadaption von Woody Allens romantischer Tragikomödie vorgeführt werden sollte, versuchten die Laien gleich spielend ins Stück einzusteigen, um ein Gefühl für dessen Dynamik und Rollen zu entwickeln.
Dabei versuchte Englich bei der Rollenvergabe auf Neigungen und Talente einzugehen, verzichtete jedoch auf die ihr zu Beginn ans Herz gelegten Castings: „Das ist eine punktuelle Abfrage, die die Schüler eher abschreckt. Erst bei der Arbeit merkt man, was die Schüler können und was tatsächlich aus ihnen kommt.“
Eine Methode, die sehr gut zu funktionieren scheint. Denn auch Vanessa Schirm und Lisa D’Anna standen in diesem Jahr zum ersten Mal auf der Bühne und konnten gleich in den tragenden Rollen der Lee und Holly überzeugen. Zusammen mit Julia Däschinger als Hannah machten sie dem Schwestern-Trio alle Ehre.
Die Rolle des Mickey, die Woody Allen einst selbst spielte, verkörperte Tobias Raupach voller Energie und Witz. Als Mickey beim Arzt erfährt, dass er vielleicht einen Hirntumor habe, sieht er vor dem inneren Auge schon den ausgestellten Totenschein. „Kann ich dagegen denn nichts tun? Vielleicht Kniebeugen?“ Da muss selbst der Arzt nach einem prüfenden Blick schmunzeln: „Na, dafür ist es zu spät.“
Der teils groteske Humor Allens sowie die Motivationen und Entwicklungen der Figuren wurde in dieser Inszenierung so gekonnt umgesetzt, dass das Publikum am Ende fast schon zum Teil der „komplizierten“ Familie wurde. Das Stück wird am heutigen Montag, 18. Juni, erneut aufgeführt, um 19.30 Uhr in der Aula der Schlebuscher Gesamtschule. Der Eintritt kostet sechs Euro, ermäßigt drei Euro.