Sankt Augustin – Der Michaelsberg lädt zum Festmahl ein: Die Tafel für Vögel und Fledermäuse ist mehr als üppig gedeckt. Überall brummt und summt es. Bunte Blüten locken Insekten an, und diese sind wiederum wichtige Nahrung für die flatternden Gäste. Die beiden Landschaftsarchitekten Anja und Clemens Esser haben das Konzept entworfen. Bei einem Rundgang über den Michaelsberg zeigen sie, was ihnen wichtig ist.
„Biodiversität ist das Stichwort“, betont Anja Esser. „Nichts wächst hier zufällig.“ Der Michaelsberg sei ein Gartendenkmal aus dem Jahr 1825. Damals war dort – so die Formulierung in historischen Quellen – die erste „Irrenheilanstalt“ der Preußischen Rheinprovinz unter der Leitung von Maximilian Jacobi. Er legte den Grundstein für die Grünanlagen auf dem Michaelsberg.
Hotspot für Tiere auf dem Michaelsberg in Siegburg lockt Vögel und Fledermäuse
Mit seinen Patienten pflegte er als Therapieansatz die Bäume und Sträucher. „Und diese Grundstruktur der Bepflanzung ist heute noch erhalten“, berichtet Clemens Esser. Allerdings sei der Berg in den vergangenen Jahrzehnten wenig im Sinne von Jacobi gepflegt worden. So hätten sich Bäume und auch Sträucher langsam ausgebreitet und damit blühenden Kräutern und Stauden den Platz genommen. Der Blick auf die Abtei wuchs zudem einfach zu.
Daher wurde in Zusammenarbeit mit den Bürgern ein naturnahes Konzept erarbeitet, das die Landschaftsarchitekten nun umgesetzt haben. Im Jahr 2016 begannen die Arbeiten. Ergebnis: Der „Hotspot für Tiere“ ist ein echter Erfolg geworden. Nicht nur die Insekten sind zurück, an einer gut 150 Jahre alten Platane wurden auch Nistkästen für Fledermäuse und Vögel platziert. „Wir haben sie überall am Michaelsberg aufgehängt“, berichtet Anja Esser. Sogar Buntspechte seien wieder da, dazu zahlreiche Meisenarten.
Der Michaelsberg ist ein ehemaliger Vulkan. Der Weg führt in den Rosengarten. Rosenblüten in Gelb, Weiß, Rot und Orange locken Insekten an. Dazwischen finden sich zahlreiche Stauden. Eine perfekte Kombination für Wildbienen und weitere Insekten. Somit ist der Tisch von Juni bis Ende September gedeckt. Die Beete sind mit Vulkanschotter aufgefüllt. „Er hält das Wasser wegen seiner porösen Struktur“, erklärt Clemens Esser. Diese Gesteinsart passe historisch zum „achten Berg des Siebengebirges“. An der Mauer des Rosengartens findet sich lilafarbener und weißer Hibiskus.
Ein üppiger Haselnussstrauch fällt beim Rundgang ins Auge: „Den haben wir stehen lassen“, sagt Anja Esser. Ein stinkender Nieswurz hat dort ebenfalls seinen Platz. Die Flächen werden im Herbst gemäht, damit die Kräuter im Frühjahr neu austreiben können. Gärten benötigten regelmäßige Pflege, damit sie in ihrer Struktur erhalten blieben, betonen die Essers. Sonst würden die Samen der Bäume keimen und „langsam, aber sicher das gesamte Areal erobern“.
Bald wird der ein oder andere Baum auf dem Michaelsberg gefällt werden müssen
Damit würde den auf bestimmte Blüten spezialisierten Insekten die Nahrungsquelle genommen. Noch allerdings ist das Gartendenkmal Michaelsberg nicht perfekt. Im nächsten Jahr gehen die Arbeiten weiter. „Dann wird auch der ein oder andere Baum gefällt werden müssen, der sich im Laufe der Jahrzehnte selber ausgesät hat“, kündigt Clemens Esser an. Neue blühende Hänge werden dann an seiner Stelle wertvollen Lebensraum für Insekten schaffen.