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UnterrichtChatGPT erobert Klassenzimmer in Rhein-Sieg – Lehrer erwarten Schul-Revolution

Lesezeit 4 Minuten
Ausgeschaltete Smartphones liegen in einem Klassenzimmer.

Bei Klausuren müssen die Schüler ihre Handys in der Regel abgeben. (Symbolbild)

Künstliche Intelligenz ist längst in den Klassenzimmern des Rhein-Sieg-Kreises angekommen. Lehrer mahnen zu Wachsamkeit – und sehen Chancen.

Ein Programm, das innerhalb von Sekunden die lästigen Hausaufgaben erledigt – für Generationen von Schülerinnen und Schülern wäre das ein absoluter Traum gewesen. Nun erscheint genau das machbar. Dank Künstlicher Intelligenz (KI) ist es mittlerweile möglich, sich Aufsätze, Matheaufgaben und Referate per Knopfdruck liefern zu lassen.

Die Chatbot-Software ChatGPT zeigt, wie weit die Technik schon ist – und hat längst den Weg in die Klassenzimmer der Region gefunden. Doch wie gehen die Schulen mit den neuen Herausforderungen um?

Windecker Lehrer rechnet mit Revolutionierung des Schulsystems

„Ich bin der festen Überzeugung, dass Künstliche Intelligenz die Schule revolutionieren wird“, sagt Keno Schulz. Der didaktische Leiter der Gesamtschule Windeck beschäftigt sich schon seit längerer Zeit mit KI und den Möglichkeiten, die ChatGPT und Co. Schülern wie auch Lehrern bietet.

„Vor einigen Jahren haben wir noch gedacht, dass iPads der große Wurf im Bereich der digitalen Transformation an Schulen sind“, sagt Schulz. Nun gebe das enorme Wachstum von Künstlicher Intelligenz nur eine Vorahnung davon, wo die Reise hingehen könnte.

Wichtig, so der Windecker Lehrer, sei es, gemeinsam den Umgang mit der neuen Technik zu erlernen. Ein gut vorbereiteter Schüler könne von KI hervorragend gefördert werden, „wenn die Lehrkraft ihn dabei unterstützt und zur Reflexion anleitet.“ So habe auch er bereits ChatGPT im Unterricht genutzt. Gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern hätte er selbst geschriebene Texte von der KI überprüfen lassen – auf Struktur, Ausdruck und Rechtschreibung.

Entscheidend sei es, den Schülern eine kritische Urteilskompetenz zu vermitteln. Quellen müssten geprüft, der Datenschutz beachtet werden. Wer wachsam mit der KI umgehe, könne von ihr profitieren. „Auch wenn wir vor großen Herausforderungen stehen, dürfen wir den Schülern in diesem Bereich nicht das Feld überlassen – wenn wir KI ignorieren, ignorieren wir den Umgang mit Medien in einer modernen Welt.“

Lehrer der Gesamtschule Much erhalten KI-Schulung

Von einem „Paradigmenwechsel“ in den Schulen spricht Andrea Friedrich, Schulleiterin der Gesamtschule Much. Künstliche Intelligenz sei für Schüler und Lehrer gleichermaßen faszinierend. Wichtig sei es aber, die Schüler zu informieren und KI gezielt in den Unterrichtsalltag einzubinden. Die Arbeitswelt, so Friedrich, werde sich in den kommenden Jahren stark wandeln. „Allein mit Blick auf die Berufsorientierung kann KI also eine große Chance sein.“

Schon jetzt werde beim Fahrzeugbau und bei Operationen mit Künstlicher Intelligenz gearbeitet. Was die Überprüfbarkeit von Leistungen der Schülerinnen und Schüler angeht, sagt die Mucher Schulleiterin einen Wandel voraus. Die klassische Hausaufgabe oder das Referat werde in seiner jetzigen Form nicht mehr lange Bestand haben können. „Sowas ist kaum noch überprüfbar für Lehrkräfte“, sagt Friedrich. Allerdings werde in ihrer Schule ohnehin mit Lernzeiten gearbeitet, während denen die Schülerinnen und Schüler angeleitet würden.

Und auch mit Blick auf Prüfungen sieht die Mucher Schulleiterin nur wenige Probleme: Handys und Smart-Watches müssten schon jetzt abgegeben werden. Täuschungsversuche werde es zwar sicher geben: „Aber das war schon immer so.“ Die große Aufgabe, so Friedrich, bestünde nun darin, den Schülerinnen und Schülern sowohl Möglichkeiten, wie auch Gefahren aufzuzeigen und selbst auf Ballhöhe zu bleiben. Deshalb werde das Mucher Kollegium vor Beginn des neuen Schuljahres speziell mit Blick auf den Umgang mit KI geschult.

Chat GPT: Leiterin von Siegburger Gymnasium hält nichts von Verboten

„Ja, natürlich“, antwortet Sabine Trautwein, Leiterin des Siegburger Gymnasiums Alleestraße auf die Frage, ob Künstliche Intelligenz an ihrer Schule ein Thema sei – hin und wieder falle eine Schülerarbeit mit besonders geschliffenen Formulierungen aus dem Rahmen. Bei anderen Gelegenheiten habe man sich allerdings gefragt, ob nicht Vater oder Mutter mitgeschrieben hätten.

Auf dem Monitor eines Handys ist das ChatGPT-Logo zu sehen.

ChatGPT wird mittlerweile von vielen Schülerinnen und Schülern – aber auch von Lehrern – genutzt. (Symbolbild)

„Wir müssen das System kontrollieren, nicht das System uns“, betont die Oberstudiendirektorin. Früher habe es eine ähnliche Diskussion zu Wikipedia gegeben, „aber das ist eine Nummer größer“. Der Digitalisierungsbeauftragte des Gymnasiums habe die Kollegen bereits informiert, „was Chat GPT alles kann“.

Für eine große Facharbeit hätten Schüler bislang sechs Wochen Zeit. „Wenn die jetzt nur noch eine Stunde brauchen, werden wir wohl neue Prüfungsformate finden müssen.“ Das allerdings könnten die Schulen nicht alleine leisten. Gefragt sei das Schulministerium, das bereits einen Handlungsleitfaden herausgegeben habe, der aber noch sehr allgemein gehalten sei.

Abitur-Rede der Künstlichen Intelligenz gefällt Lehrerin nicht

Verbote ergeben ihrer Ansicht nach keinen Sinn. „Das wird die gesellschaftliche Zukunft und auch den Schulalltag prägen.“ Man müsse lernen, die neuen Möglichkeiten zu nutzen und dabei kritisch zu hinterfragen.

Das hat sie auch schon ganz persönlich gemacht und spaßeshalber bei Chat GPT die anstehende Abitur-Rede in Auftrag gegeben. „Aber die hat mir nicht gefallen, und die werde ich auch nicht halten.“