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PleistalwerkSeit zehn Jahren tut sich nichts, obwohl es viele Pläne gibt

Lesezeit 3 Minuten

Die Ruine im Biotop: Zum Gelände des Pleistalwerks zwischen Schmerbroich und Birlinghoven gehören Grünflächen, Wald und ein Teich.

Sankt Augustin – Für die einen ist es ein Natur-Idyll mit alten Bäumen, einem Teich und einer Industrieruine – für die Eigentümer derzeit totes Kapital: Vor zehn Jahren kaufte der Kölner Kameramann Rolf Brüning das Pleistalwerk aus einer Zwangsversteigerung, doch immer noch liegt das 6,8 Hektar große Gelände im Dornröschenschlaf.

Das ist dem Verein Umweltbildungszentrum um den Architekten Heinrich Geerling durchaus recht. Dem Nachfahren des Fabrikbesitzers Gerhard Geerling gehört ein kleines, ans Areal angrenzendes Grundstück mit der alten Direktorenvilla; die Immobilie hatte er ebenfalls aus einer Zwangsversteigerung erworben.

Er befürchtet, dass nebenan Wohnraum entstehen soll: „Es gibt ja angeblich in Bonn und der Region Wohnungsnot.“ Der Verein, getragen von Menschen aus dem Umfeld der Grünen und des Bundes für Umweltschutz (BUND), würde gern das Zentrum, das er im Namen trägt, verwirklicht sehen – als Tor zum Naturpark Siebengebirge. Derzeit würden fleißig Förderanträge gestellt, so Heinrich Geerling. Doch die Mittel, um das Gelände zu kaufen, sind nicht da.

Was auch immer verwirklicht werden soll zwischen den Ortsteilen Schmerbroich und Birlinghoven, zunächst müsste der Bebauungsplan geändert werden. Für das Gelände sei seit Jahrzehnten die Nutzung „Reha-Klinik“ festgeschrieben, sagt Stadtsprecherin Eva Stocksiefen. Man könne sich auch ein Umwelt-Science-Center vorstellen. Wohnungsbau bislang nicht, hatte der Erste Beigeordnete der Stadt, Rainer Gleß, kürzlich betont.

Die Ruine im Biotop: Zum Gelände des Pleistalwerks zwischen Schmerbroich und Birlinghoven gehören Grünflächen, Wald und ein Teich.

Die Verwaltung sei immer mal wieder in Gesprächen mit dem Eigentümer Rolf Brüning. Doch bislang gebe es keine konkreten Pläne. Brüning hatte auch in Richtung Umweltforschung gedacht und bedauert, dass Verhandlungen mit der Uni Bonn und der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg im Sande verlaufen seien. Das Engagement des Vereins Umweltbildungszentrum hingegen könne Investoren abschrecken.

Wohnungsbau ist an dieser Stelle offenbar doch nicht ganz ausgeschlossen, das lässt die Diskussion in der Vergangenheit über Standorte für Flüchtlingsunterkünfte vermuten. Das Pleistalwerk fand sich in einer Liste von Reserveflächen, wurde dann aber nicht benötigt – nicht zuletzt, weil die Flüchtlingszahlen stärker als erwartet zurückgingen.

Die Dächer sind löchrig, die Natur erobert sich die alten Gemäuer. Seit Jahrzehnten tut sich nichts in der früheren Tonröhrenfabrik.

Auch für diese Nutzung hätte der Bebauungsplan geändert werden müssen, erläuterte die Stadtsprecherin, die baufällige Fabrik mit ihrem Gefahrenpotenzial sei ebenfalls ein Problem gewesen. Zudem habe die Stadt genug eigene Grundstücke zur Verfügung gehabt, wie das in Niederpleis am Schützenweg. Das bebaute eine Firma, die auch beim Pleistalwerk involviert ist. Die Geschäftspartner des Kameramannes Brüning waren früher auch Köln ansässig und operieren heute von der Schweiz aus. So unterschiedlich die Positionen auch sind, einig sind sich Eigentümer, Vereinsleute und Stadt in einem Punkt: Eine Reha-Klinik wird wohl nicht errichtet.

Die Geschichte

Im Jahr 1924 baute Heinrich Startz die Steinzeug-Fabrik an der Pleistalstraße. Das Pleistalwerk, auch „Zeche Plato“ genannt, produzierte unter anderem Keramikrohre. Die Familie des Fabrikanten wohnte auf dem Gelände in einer Villa. Schwiegersohn Gerhard Geerling übernahm den Betrieb und musste ihn Anfang der 70er Jahre schließen. Die Fertigung brauchte viel Energie, das Schweröl hatte sich dramatisch verteuert. Zuletzt waren dort 26 Mitarbeiter beschäftigt.

Nach der Schließung hätte die Familie Geerling auf dem Industriegelände gern Wohnbebauung realisiert. Doch die Stadt war dagegen. Anfang der 70er Jahre waren zunächst ein Hotel und dann die Ansiedlung des Instituts der gewerblichen Berufsgenossenschaften im Gespräch. Ein Thermalbad scheiterte am Widerstand der Kommunalpolitik. Man befürchtete zu viel Verkehr.

Aus der Neurologischen Klinik wurde ebenfalls nichts, dem Vernehmen nach platzten die Pläne wegen der Gesundheitsreform. Anfang der 90er Jahre hatte der Stadtrat eigens hierfür den Bebauungsplan geändert.

Im April des Jahres 1993 hatte der heutige Eigentümer Rolf Brüning in einer GbR mit neun weiteren Personen schon einmal das Gelände des Pleistalwerks erworben, um dort eine Reha-Klinik zu errichten. Doch das Vorhaben scheiterte wohl ebenfalls an der Gesundheitsreform. (coh)