Der Fußball-Verein aus dem Windecker Ortsteil blickt auf eine bewegte, 26-jährige Geschichte zurück. 2023 geht es weiter in der Kreisliga B.
Extreme Höhen und TiefenWie der TSV Germania Windeck einmal zum DFB-Pokal und zurück kam
Auf einer Papier-Tischdecke begann im Jahr 1993 die Erfolgsgeschichte der Amateur-Kicker aus Dattenfeld. Im gemeinsamen Portugal-Urlaub 1993 skizzierten die Freunde Franz-Josef Wernze und Heinz Georg Willmeroth unter dem Motto „Germania 2000“ eine Zukunftsvision ihren Lieblingsvereins Germania Dattenfeld, in dem sie groß geworden waren und selbst gespielt hatten. Der Club dümpelte schon seit Jahren in der Kreisliga B. „Ich habe diese Tischdecke als Erinnerungsstück verwahrt, und sie liegt bei uns sicher im Clubheim“, berichtet Heinz Georg Willmeroth.
Der Fußball-Verein aus dem Windecker Ortsteil erlebte ab 1996 in den darauffolgenden 26 Jahren zahlreiche Erfolge: Aus der Kreisliga B , der zweitniedrigsten Liga, folgten vier Aufstiege in sechs Jahren aufeinander, im DFB-Pokal spielte die Mannschaft jeweils in der ersten Runde gegen den FC Schalke 04, FC Bayern München und TSG Hoffenheim. Nach dem freiwilligen Rückzug aus der Regionalliga im Jahr 2011 gelang es gerade unter der Ära von Trainer Marcus Voike, noch etliche Jahre in der Mittelrheinliga und Landesliga als TSV Germania Windeck zu spielen.
Ein Fußball-Amateur Verein mit extremen Höhen und Tiefen
Nun ist diese Geschichte am Ende der vergangenen Saison mit dem letzten Spiel bei Borussia Lindenthal-Hohenlind zu Ende gegangen. Nach 17 Jahren hatte Marcus Voike schon im April seinen Abschied bekannt gegeben und ist als Coach zum Liga-Konkurrenten TuS Oberpleis gewechselt. Der TSV Windeck hat sich dazu entschieden, die Mannschaft drei Klassen tiefer in der Kreisliga B antreten zu lassen – dort, wo vor mehr als 26 Jahren alles angefangen hatte. Wieder mal eine Geschichte eines Fußball-Amateur-Vereins mit extremen Höhen und Tiefen.
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Zuerst sollte es steil bergauf gehen. Willmeroth als Vorsitzender und Wernze als Mäzen mit seinem Steuerberater-Konzern ETL entschieden sich zunächst für einen neuen Rasenplatz und ein neues Vereinsheim als Basis. Der Erfolgstrainer Toni Schyns schaffte ab 1996 drei Aufstiege in vier Jahren bis in die Landesliga; er starb 2020. Im Jahr 2001 gelang dem Dorfverein aus Dattenfeld mit gerade mal rund 2300 Einwohnern sogar der Sprung in die fünfte Liga, der Verbandsliga.
Besucherrekord mit 41.100 Zuschauern im Rheinenergie-Stadion
Der erste von drei FVM-Pokalsiegen im Jahr 2009 im Elfmeterschießen gegen den hoch favorisierten Bonner SC bescherte den Dattenfeldern in der ersten DFB-Pokalrunde den FC Schalke 04 als Gegner, wo gerade Felix Magath das Ruder als Trainer übernommen hatte. Das 0:4 gegen den Bundesligist im Kölner Stadion vor 16.000 Zuschauern toppten die Windecker Amateurkicker ein Jahr später.
Wieder qualifizierte sich das Team als Verbandspokalsieger für den DFB und zog mit dem FC Bayern München das große Los – und das zum 100-jährigen Bestehen. Auch gegen die Favoritenmannschaft unter dem damals neuen Coach Louis van Gaal ließen die Dattenfelder gerade mal vier Gegentore zu. Damals gelang mit 41.100 Zuschauern im Kölner Rheinenergie-Stadion ein Besucher-Rekord für ein Erstrundenspiel im DFB-Pokal.
Im Jahr 2011 schaffte der mittlerweile umbenannte TSV Germania Windeck erneut den Einzug in die erste DFB-Pokalrunde und verkaufte sich gegen den Bundesligisten TSG Hoffenheim als Fünftligist beim 1:3 nach Verlängerung mehr als achtbar. „Das war eigentlich eine riesige Überraschung, weil wir vor dem Spiel gar keine Mannschaft mehr hatten. Trainer Scholz war fast mit dem kompletten Kader vor der Saison zu Viktoria Köln gewechselt“, erinnerte sich Willmeroth.
Trainer Marcus Voike hat schweren Herzens seinen Abschied genommen. Der ehemalige Regionalliga-Spieler, der immerhin 45-mal das Trikot von RW Essen getragen hat, war in Windeck Spieler, Co-Trainer und Chefcoach. Am 28. Oktober 2005 hatte er beim 2:1-Erfolg der Germania bei den SF Troisdorf seinen ersten Einsatz. Viermal stand er wegen Personalproblemen in der letzten Spielzeit selbst noch mit 46 Jahren auf dem Platz. Am 28. April spielte er beim 1:6 gegen den 1. FC Spich sogar 90 Minuten durch. Viele Tränen flossen beim letzten Heimspiel, und viele Zuschauer, Fans und Mitglieder trugen das Windecker Trikot mit Voikes Aufschrift.
Viel Geld ist durch die DFB-Pokalspiele und dank des Sponsors an die obere Sieg geflossen, auch wenn Wernze in den vergangenen zehn Jahren sein Engagement auf den Drittligisten Viktoria Köln verlagert hat. Die Ära der großen Erfolge mag zu Ende sein, doch beim TSV Germania Windeck rollt auch in der kommenden Spielzeit wieder der Ball. Dann erneut in der Kreisliga B, wo der Verein mit dem ersten Aufstieg einst seine Erfolgsgeschichte eingeläutet hatte.