AboAbonnieren

Rhein-Sieg-KreisFriseurinnen sammeln Haare gegen das Öl im Meer

Lesezeit 3 Minuten
Friseurin Helena Friedrich aus Königswinter-Oberpleis, eine elegante junge Frau, fegt in ihrem Friseursalon Haare zusammen.

Friseurin Helena Friedrich aus Königswinter-Oberpleis sammelt die abgeschnittenen Haare in ihrem Salon für „Hair help the Oceans“.

Nachhaltigkeit ist auch in den Salons ein Thema. Abgeschnittene Haare saugen Verschmutzungen aus Gewässern.

Schnipp, schnapp, die Haare sind ab, die Kundin verlässt den Friseursalon mit neuem Look. Und die Haare, die nach der neuen Frisur zusammengekehrt werden, wandern in die Mülltonne. Nicht so bei einigen Salons im Rhein-Sieg-Kreis.

Nach der Devise „Waschen, Schneiden, Meere retten“ werden die abgeschnittenen Haare gesammelt und der Initiative „Hair help the Oceans“ übergeben. Das Unternehmen in Bückeburg gründete sich Ende 2021 nach dem Vorbild der französischen „Coiffeur Justes“ (faire Friseure): Haare werden dort in alte Nylonstrümpfe gefüllt, zu Rollen gebunden und als Filter in ölverschmutzten Gewässern eingesetzt.

Salon aus Siegburg sammelt schon seit anderthalb Jahren Haare für das Ozean-Projekt

2019 kamen sie zum Beispiel vor Mauritius zum Einsatz, als ein Frachter auf Grund lief und mehrere Tausend Tonnen Öl verlor. „Bei einer Havarie können die Haarwürste den Ölteppich sofort eingrenzen, das ist doch toll“, sagt Marion Alemeier aus Siegburg. Auch Mikroplastik bleibe an den Haaren hängen, sagt sie.

In ihrem Salon „Im Wesentlichen Haare“ in Siegburg sammelt die Naturfriseurin schon seit Anfang 2022 die abgeschnittenen Haare ihrer Kundinnen. Der Salon, der im Ozean-Projekt mit der Mitgliedsnummer 93 geführt wird, steht für den Einklang zwischen Mensch und Natur; dass da ökologisches Bewusstsein großgeschrieben werde, verstehe sich von selbst, sagt die Friseurin.

Eine Frau in einem Wickelkleid hat eine groß, geöffnete Papiertasche mit Haaren auf dem Boden ihres Salons gelegt.

Marion Alemeier sammelt in ihrem Salon „Im Wesentlichen Haare“ in Siegburg schon seit Anfang 2022 die abgeschnittenen Haare.

Wenn man die Haare weiter verwerten und damit noch was Gutes tun kann, ist das doch toll.
Helena Friedrich, Friseurmeisterin aus Oberpleis.

Das gilt für Chefin und Kundschaft gleichermaßen: Kundinnen brächten sogar Tütchen mit, in denen sie die Ausbeute aus der Haarbürste aufbewahren. Auch Korken wandern bei Alemeier in die große Sammeltasche: Damit werden die Haarwürste an der Wasseroberfläche gehalten. Denn auch dabei sollen statt Bojen aus Plastik lieber wiederverwendete Naturstoffe zum Einsatz kommen.

Friseurin aus Oberpleis lässt auch die Folien für Strähnchen recyceln

In Königswinter-Oberpleis fegt Friseurin Helena Friedrich mit einem großen Besen die abgeschnittenen Haare ihrer Kundinnen zusammen. In einem großen Karton sammelt die 23-Jährige, die vor zwei Jahren den Salon an einem Filetstück der Oberpleiser City übernahm, die Ausbeute des Tages. Einmal im Monat wird er dann an „Hair help the Oceans“ eingeschickt.

Ein Haufen aus grauen, dunklen und roten Haaren liegt auf einem Holzfußboden.

Zu schade für die Tonne: Die abgeschnittenen Haare werden gesammelt und von der Initiative einmal im Monat abgeholt.

„Wenn man die Haare weiter verwerten und damit noch was Gutes tun kann, ist das doch toll“, sagt die Friseurmeisterin. Haare seien sehr saugfähig, könnten Öle, Fette und andere Rückstände aufnehmen. Selbst chemisch behandeltes Haar ist dazu in der Lage.

Wenn es doch so leicht ist, die Weltmeere zu retten, warum machen das nicht alle?
Marion Alemeier, Naturfriseurin aus Siegburg

Der Bonus für den Salon mit seinen sieben Angestellten: „Wir produzieren viel weniger Müll“, sagt Friedrich. Auch die Alufolien für die Strähnchen und die Farbtuben kommen bei ihr nicht in die Tonne, sondern in ein Postpaket: „Die schicken wir an die Firma zurück, die sie recycelt.“

Von den Kundinnen gebe es positive Resonanz, sagen beide Salon-Inhaberinnen. Dass es im Rhein-Sieg-Kreis bislang nur zehn Salons gibt, die Haare für die Ozean-Initiative sammeln, bedauert Marion Alemeier: „Ich würde mir wünschen, dass die Kunden ihre Friseure fragen, warum sie nicht schon dabei sind. Wenn es doch so leicht ist, die Weltmeere zu retten, warum machen das nicht alle?“


Tonnen von abgeschnittenen Haaren entsorgen die etwa 83.000 Friseursalons in Deutschland im Restmüll. In Schläuche gefüllt, können sie Öl oder Sonnenmilch aus verschmutztem Gewässer ziehen, anschließend gereinigt und wieder verwendet werden. Bis zu achtmal sei das möglich, so die Initiative „Hair help the Ocean“. Ein Kilogramm Haar könne bis zu acht Kilogramm Öl aus dem Wasser filtern.

Weit über tausend Partnersalons in Deutschland, Österreich und den Niederlanden sind inzwischen Mitglied bei der Initiative geworden, die für eine Monatsgebühr die gesammelten Haare abholt und bis zur Weiterverarbeitung lagert.

Im Rhein-Sieg-Kreis sind zehn Salons bei dem Ozean-Projekt dabei. Sie sind auf der Internetseite der Initiative zu finden.