Im Rhein-Sieg-Kreis werden durch die Mauterhöhung wohl die Müllgebühren steigen, und die Speditionen haben gerechnet, was das den Kunden kostet, und was an ihnen hängen bleibt.
Rhein-SiegWelche Auswirkung die Mauterhöhung auf Müllgebühren und Transportkosten hat
Die ab Dezember geltende CO2-abhängige Maut lässt Warenpreise weiter steigen und wohl auch die Müllgebühren. Was den Müll anbelangt ist das gestern bereits in einem entsprechenden Gremium der RSAG vorbesprochen worden, wobei sich aber die Politik erst im Dezember festlegen will und somit die wahrscheinliche Gebührenerhöhung erst im Januar wirksam werden kann. Bei den Spediteuren schlägt die höhere Maut indes schon mit dem Monatswechsel zu. Einige geben auch gleich die Mehrbelastung an die Kunden weiter, sofern sie dazu in der Lage sind.
Nicht jeder Spediteur kann das aber. „Die Maut steigt um deutlich mehr als 80 Prozent. Das wirft uns ganz schön zurück“, sagt Wilfried Wirtz, Inhaber einer auf Kühltransporte spezialisierten Spedition und erklärt sein Problem: „Den Kunden kann ich die neue Lage erklären, aber das gilt dann nur für die Lastkilometer. Wenn ich aber 600 Kilometer Ware nach Berlin transportiere und nur eine Ladung für die Rückfahrt finden kann, die schon 200 Kilometer vor Berlin ausgeladen werden soll, bleiben die Leerkilometer an mir hängen.“ Um beim Beispiel Berlin zu bleiben: Dorthin zahlt Wirtz bislang knapp 100 Euro Maut, ab 1. Dezember dann etwa 175 Euro.
Diese Leerkilometer summieren sich bei seinem Unternehmen gewaltig. Sie machen etwa 30 Prozent aller Fahrten aus, also fast ein Drittel. „Jeder Lastwagen fährt bei mir im Monat für etwa 800 Euro leer“, sagt Wirtz und denkt blitzschnell daran, was das für die etwa 80 Fahrzeuge, die für ihn unterwegs sind, bedeutet. „Diese Erhöhung kommt jetzt in der schwachen Konjunktur einfach zum falschen Zeitpunkt“, findet Wirtz. Es sei viel Lagerraum frei in Deutschland, und so würden Lastwagenkapazitäten „wie Sauerbier angeboten“. Der habe sich schon mehr als verdoppelt.
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Die Folge liegt für Wirtz auf der Hand: „Einige mittlere Unternehmen werden insolvent gehen, wie schon viele in dieser Größenordnung auf der Strecke geblieben sind. Es wird sich letztlich alles am Markt regeln, und dann werden die Preise wieder steigen.“ Es ist sauer auf die Bundesregierung: „Bei uns bucht der Staat die Maut innerhalb von zwei Wochen ab, wir finanzieren sie also vor, sind der Umsonst-Eintreiber der Regierung.“ Mit den Kunden übermäßig feilschen, sei nicht drin: „Wenn ich sage zehn Prozent mehr, dann sagt er acht Prozent.“
Wirtz verweist auf die ohnehin stark gestiegenen Kosten auch in seiner Branche: Dem Personal, etwa 80 Mitarbeitern, müsse er viel mehr zahlen als früher. Der Strom sei teurer geworden. Wirtz: „Momentan befinden wir uns auf einer Durststrecke und leben von den Rücklagen. Wenn wir mit einer schwarzen Null aus dem Jahr herauskommen, haben wir Glück gehabt.“ Der Umsatz sei in diesem Jahr bereits um 30 Prozent eingebrochen. „Viele bisherige Kunden werden einfach keinen Lkw mehr fahren lassen.“ Seine Lösung? Man muss Ausdauer haben. Sein florierendes Unternehmen will er gerne in die Zukunft führen, aber er werde zurückhaltender mit Investitionen sein und Einsparpotenziale suchen. Nur eins kommt für ihn nicht infrage: „Ich habe viele faire Geschäftspartner und fahre lieber leer als unter Preis.“ Die aktuellen Dumpingpreise macht er also nicht mit.
In der Firmenzentrale von Fassbender-Tenten in Alfter muss Geschäftsführer Christian Fassbender auf die Mauterhöhung reagieren: „Die Preiserhöhungen sind an den allermeisten Stellen ohnehin schon unerträglich“, findet er: „An dieser Stelle, zur angestrebten Verkehrswende auch noch ein Preissteig?“ Das scheint ihm nicht der richtige Weg zu sein, dennoch muss er mitmachen. Er hat auch bereits ausgerechnet, welche Erhöhung er weitergeben muss: „Für jede einzelne Lieferung wird es für den Kunden mindestens um neun Euro teurer“, sagt Fassbender: „Irgendwann sind wir aber bei 100 Euro statt 70 bis 80 Euro pro Anlieferung. Das geht ins Unermessliche.“ Er erwartet durch die Preiserhöhung „weniger Fahrten pro Tag“. Dabei gebe es bereits mehr als genug Erschwernisse bei der Ladung, Anträge seien zu stellen und vieles mehr. „Die Bürokratisierung ist das eine. Aber das mit der Maut ist fast Schikane. Logistik ist eh kein Spaß, kostendeckend kann man nicht arbeiten“, sagt Fassbender und betont: „Baustoffhandel ist letztlich Logistik.“ Einen Monat will er den Kunden Zeit lassen. Zum Jahresende werde aber die Maut komplett auf die Anfahrtspauschale aufgeschlagen.
Die Firma Hamann, die ebenfalls Baustoffe in den Rhein-Sieg-Kreis liefert, hat ihre Kunden bereits schriftlich informiert. Schon ab dem 1. Dezember werde der bereits durch andere Faktoren errechnete Aufschlag auf jeden Warenposten weiter steigen. So werden ab diesem Stichtag auf alle Waren aus dem Baustofflager 1,6 statt 1,2 Prozent aufgeschlagen. Auch Anlieferungen ab Werk sind betroffen. Dort steigt der Aufpreis von 0,45 auf 0,6 Prozent. Gerechnet wird jeweils vom Nettowarenwert.
Das Gesetz
Der Bundestag hat mit den Stimmen von SPD, Grünen und FDP eine Erhöhung der Lkw-Maut zum 1. Dezember beschlossen. Es handelt sich um einen CO2-Aufschlag, der Fahrzeuge betrifft, die nicht klimaneutral betrieben werden, etwa Lastwagen mit Dieselmotor. Von 200 Euro je Tonne Co2 ist die Rede.
Leichte Lastwagen, Fahrzeuge ab 3,5 Tonnen, sollen darüber hinaus ab Juli erstmals mit Maut belastet werden.
Der Bund erwartet bis 2027 allein durch die Maut für schwere Lastwagen 26,61 Milliarden Euro an Mehreinnahmen, die er in den Ausbau des Schienen- und Wasserstraßennetzes investieren will. Schon im Gesetzesentwurf hieß es: „Durch die Einführung wird ein Preissignal gesetzt, durch das für die Güterverkehrsbranche die Nutzung von Lkw mit alternativen Antrieben – wie Batterie- und Brennstoffzellen-Lkw – kostenseitig deutlich attraktiver wird.“
Während die CDU von „einer unglaublichen Sauerei für die ganze deutsche Wirtschaft“ sprach, freuen sich die Grünen über „eine historische Weichenstellung, um die Bahn zu stärken“.