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ErntedankHitze, Läuse und Preise bereiten Bauern im Rhein-Sieg-Kreis Probleme

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Politik und Landwirtschaft trafen sich am Montagmittag auf dem Hof der Familie Becker in Dambroich.

Hennef – Eine wichtige Helferin auf dem Hof der Familie Becker ist die Schlupfwespe. „Wir arbeiten mit Nützlingen“, erläuterte Valentin Becker, wie Biolandwirte gegen Schädlinge vorgehen, die den Getreideertrag bedrohen. Der Großvater des 22-jährigen Agrarbetriebswirts, Jürgen Becker, zählte 1988 zu den Vorreitern, als er den Betrieb auf Bio umstellte. Wie es heute um den Bauernhof, aber auch um den konventionellen Landbau bestellt ist, erfuhren die Gäste des Erntedankfestes, zu dem der Förderkreis Landwirtschaft auf den Hof der Beckers in Dambroich eingeladen hatte.

In der Mehrheit begrüßte Jürgen Brünker, Vorsitzender des Förderkreises und der Kreisbauernschaft, Politiker. Abgeordnete aus dem Bundestag, dem Landtag und dem Kreistag, der Landrat und die Bürgermeister waren eingeladen. Ihnen schrieb Brünker ins Stammbuch, dass viele Vorgaben aus der Politik „nicht praxisgerecht und nicht zielführend“ seien. Auch sei die Annahme, bei weniger Tierhaltung stünden die entsprechenden Flächen für den Pflanzenanbau zur Verfügung, falsch.

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Prall gefüllte Obstkörbchen gab es für die Gäste des Erntedankfestes.

„Auf zwei Dritteln der landwirtschaftlichen Nutzfläche in der Welt kann man gar keinen Ackerbau betreiben“, sagte Brünker. So seien magere Böden in einigen Regionen nur für Gräser geeignet, die über Tiermägen zu Fleisch und Milch würden.

Keine Kontrakte vor der Ernte

Brünker sagte auch, dass manche Bauern nur wegen der Fördermittel auf Öko-Landbau umstellten. Bei Jürgen Becker war das freilich anders. Als heute größtes Problem der konventionellen Bauern benannte der Senior den Umstand, dass sie Getreide, Fleisch und Milch ablieferten, ohne vorher zu wissen, was sie dafür an Geld bekämen.

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In der Anlage zur Trocknung, Reinigung und Abfüllung des Getreides in Big-Pack-Säcke befindet sich auch eine alte Chronoswaage.

Schwiegersohn Bernd Dornbusch, der den Betrieb mit Sohn Valentin Becker in dritter beziehungsweise vierter Generation betreibt, betonte, dass er mit den Abnehmern auf Augenhöhe über Preise verhandele: „Keiner hält dem anderen den Hals zu, das schafft Planungssicherheit.“ Zudem gehe er keine Kontrakte vor der Ernte ein, sonst müsse er eventuell teuer zukaufen, um die Verträge zu erfüllen. Zu den angestammten Geschäftspartnern des Betriebes gehört etwa die Hennefer DLS-Vollkorn-Mühlenbäckerei von David Lee Schlenker, der sich auch unter den Gästen befand.

So waren die Erträge

Obst und Gemüse

Beim Rhabarber fielen die Erträge – abseits der durch die Überschwemmungen 2021 zerstörten Felder – „normal bis gut“ aus. Diese Feststellung stammt aus den Situationsberichten, die Expertinnen und Experten beim Erntedankfest des Förderkreises Landwirtschaft abgaben.

Kopfkohl und Sellerie litten und leiden unter Trockenheit. In einigen Kulturen gab es dieses Jahr zudem starken Befall mit Blattläusen und Weißer Fliege. Das Baumobst erlitt keine Schäden durch Spätfröste, bei den Äpfeln „ist der Fruchtbehang in diesem Jahr ordentlich“.

Getreide und Rüben

Der Ackerbau hatte durch die relativ trockenen Monate März und April, überdurchschnittliche Temperaturen und Sonnenstrahlungsintensität einen guten Start. Niederschläge kamen oft gerade rechtzeitig und im Juni blieben Hitzetage die Ausnahme. „Häufig überzeugende Erträge“ waren die Folge.

Die ab Mitte Juli andauernde Trockenheit und Hitze sorgten für „gestresste Bestände“, Mais und Zuckerrüben litten besonders. Dem Mais fehlte das Wasser zur Kolbenbildung, bei Rüben und Kartoffeln kam massiver Läusebefall dazu. Fürs Getreide stehen mittlerer Krankheitsdruck und sehr gute Erträge im Protokoll, aber auch Qualitätsprobleme – „vom Handel geforderte Proteingehalte wurden oft verfehlt“.

Milch und Fleisch

Auf dem Milchmarkt führte ein knappes Angebot zu „Erzeugerpreisen auf Rekordniveau“: im Schnitt 50,5 Cent je Kilo bei konventioneller Erzeugung, 53,3 Cent bei Biomilch. Alle Rindfleischpreise liegen über Vorjahresniveau, aber auch die Preise für Futter, Strom und Diesel, so dass für Vieh-Landwirte im Endeffekt nicht viel mehr übrig bleibt als in den Vorjahren.

Der Biohof Becker ist ein reiner Ackerbaubetrieb ohne Vieh. Auf 250 Hektar werden unter anderem Weizen, Roggen, Hafer, Dinkel und Futtererbsen angebaut. Die Maschinen stehen zum Teil in Rott und zum Teil in Dambroich, wo das Getreide getrocknet und gereinigt wird. „Wir können 1200 Tonnen einlagern“, sagte Dornbusch, „in einem Monat gehen 50 Tonnen raus.“ Der Weizen für Auszugsmehl geht an eine Mühle in Grevenbroich, der Hafer zur Futtermittelproduktion an eine Schälmühle.

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Mit benachbarten biologisch wirtschaftenden Landwirten unterhält der Familienbetrieb Futter-Mist-Kooperationen: Becker-Dornbusch liefern Getreide und Stroh und bekommen im Gegenzug den Tiermist als organischen Dünger.