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Nur ein WimpernschlagQuerschnittsgelähmter aus Hennef kämpft sich ins Leben zurück

Lesezeit 4 Minuten

Der 21-jährige André Düvell kurz nach dem Unfall.

Hennef – Der Bruchteil einer Sekunde, ein heftiger Zusammenstoß – und das Leben von André Düvell änderte sich vom einen auf den anderen Augenblick. Nichts ist mehr, wie es vorher war. Denn der 21-Jährige ist seit dem 4. Juni nach einem Unfall querschnittsgelähmt.

Ob er seine Finger und Hände noch einmal wird nutzen können, hängt von weiteren Operationen ab. Seine Tante Inge Klösges hat jetzt mit Freunden eine große Unterstützungsaktion ins Leben gerufen. Fast ein halbes Jahr nach jenem verhängnisvollen Donnerstag liegt André Düvell immer noch im Krankenhaus.

Zusammenstoß mit Sattelzug

Der Jurastudent war damals gegen 5.40 Uhr von zu Hause aus losgefahren, um an einer wichtigen Veranstaltung in Greifswald teilzunehmen. Er hatte dort ein Zimmer in einer Studenten-Wohngemeinschaft, fühlte sich wohl in der kleinen Universitätsstadt. Durch die Einschränkungen der Corona-Schutzverordnung aber war er weniger oft dort, als er sich das eigentlich vorgestellt hatte.

Er war so früh unterwegs, um noch vor der Rushhour durchs Ruhrgebiet zu kommen. Am Westhovener Kreuz passierte das Unglück. Mit seinem Audi A 4 prallte André Düvell gegen das Heck eines stehenden Sattelzuges. Zeugen berichteten später, dass er ansprechbar war, aber sein Kopf so merkwürdig gebaumelt habe. Sie hielten ihn eine halbe Stunde lang fest.

Mit seinem Audi A 4 geriet der 21-Jährige am 4. Juni 2020 auf der Autobahn 1 unter einen stehenden Sattelschlepper.

Diagnose: Irreversibel

Um 7.30 Uhr erhielt Vater Andreas Düvell einen Anruf von der Autobahnpolizei Dortmund. „Der Beamte erzählte mir, was passiert war und das mein Sohn äußerlich unversehrt sei.“ Er telefonierte mit dem Krankenhaus, erfuhr aber nur, dass André noch behandelt werde. Seine Frau Andrea hatte er noch nicht benachrichtigt, er wollte sie nicht beunruhigen.

Beim Tanken erreichte ihn das Klinikum Dortmund. „»HWS 5/6 irreversibel« war die Diagnose“, so Düvell. Halswirbel waren zertrümmert, und das Rückenmark war so schwer geschädigt, dass es keine Hoffnung auf Heilung gibt. Düvell war schockiert, schlug auf das Lenkrad ein. Dann holte er seine Frau in Siegburg ab und fuhr nach Dortmund.

Operation soll Beweglichkeit wiederbringen

André war aus dem Operationssaal heraus und gerade aufgewacht. Seine Beine konnte er nicht mehr bewegen, ab der Mitte des Brustbeins abwärts ist er seither gelähmt. Schultern und Arme funktionieren, die Daumen werden wohl bald wiederkommen.

Eine Fingersehnenverpflanzung soll ihm die Beweglichkeit in den Händen wiederbringen, da ist der 21-Jährige aber „Versuchskaninchen“. Das Operationsverfahren ist noch im experimentellen Stadium.

Erstes Bewerbungsgespräch

„Ich muss mich wenigstens halbwegs selbst bewegen können“, sagt der junge Mann, der 2018 sein Abitur am Anno-Gymnasium in Siegburg abgelegt hat. Tiefe Täler hat er schon durchschritten, hat sich aber herausgekämpft. „Ich bin so froh, dass ich eine Familie habe, die so zusammen hält und mich unterstützt.“ Auch wenn Mutter Andrea Düvell, selbst Ärztin, gesteht: „Ich bin an die Grenze gekommen.“

Engagiert und begabt

André Düvell hat sich während seiner Schulzeit gesellschaftspolitisch wie musikalisch engagiert. Als Pianist hatte er ein nahezu absolutes Gehör, so Vater Andreas. Hörte er eine Melodie, konnte er sie direkt nachspielen. In seiner Musikschule gab er Konzerte, begleitete Zeitzeugenbegegnungen am Anno-Gymnasium musikalisch.

Nach einer Auschwitz-Schulfahrt entwickelte er eine, wie eine Lehrerin ihm schrieb, beeindruckende , digitale Präsentation der Gruppenerlebnisse. Als Vertreter nahm er am 27. Januar 2018 an einer Internationalen Jugendbegegnung im Bundestag teil. Und er hatte Spaß an der Schauspielerei.

Der 21-Jährige hat in der Schulgemeinschaft am Anno-Gymnasium in Siegburg, wo er das Abitur machte, einen festen Platz, immer noch. Schulleitung, Schulpflegschaft und Schülersprecherin unterstützen die Aktion von Inge Klösges. Weitere Informationenper E-Mail.

Fuer.Andre@gmx.de

Trotz starker Nackenschmerzen wegen einer nicht optimalen Anbringung eines Nagels in der Wirbelsäule strahlt er eine gewinnende Lebensfreude aus. Derzeit liegt André im Evangelischen Stift St. Martin Koblenz. Kaum zu glauben: Er hat sein erstes Bewerbungsgespräch für ein duales Studium in der Kreisverwaltung schon hinter sich.

Barrierefreier Umbau

Er kämpft sich zurück ins Leben: Nach einem Unfall ist André Düvell querschnittsgelähmt. Doch er strahlt Lebensfreude aus und will anderen Mut machen. Ins Elternhaus kann er bislang nur durch den Garten und über eine Rampe gelangen.

Seine ersten Besuche zu Hause haben gezeigt, was auf die Familie noch zukommt. Der 21-Jährige braucht im neuen Zimmer ein spezielles Bett, für ihn maßangefertigt. Um überhaupt ins Haus gelangen zu können, sind größere Umbauten notwendig, so einfach lässt sich ein Aufzug nicht aufstellen. Noch kommt er über das benachbarte Kirchengrundstück in den terrassierten Garten. Den hat er in großen Teilen selbst mit angelegt. Ein Rampe führt schließlich ins erste Obergeschoß.

Spendenaufruf für Kosten

Seine Tante Inge Klösges hat einmal zusammengerechnet, auf 160.000 und 200.000 Euro summieren sich die Mehrbelastungen. Deshalb ist sie aktiv geworden. Seine ehemaligen Mitschülerinnen und Mitschüler haben sich engagiert, verbreiten die Informationen in den sozialen Medien.

Unterstützerin Inge Klösges

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Mehr als 1000 Unterstützer hat Klösges gezählt: „Es ist toll, die Solidarität zu erleben.“ Seine erste Autofahrt nach dem Unfall war für André Düvell ein Erlebnis: „Die ersten fünf Minuten waren schon seltsam.“ Inzwischen denkt er über ein eigenes Auto nach. Sein Vater Andreas Düvell ist stolz: „Wir haben einen neuen André geschenkt bekommen.“