Windeck – Viel ist im ehemaligen Haus der Familie Seligmann an der Bergstraße 9 in Rosbach nicht zu sehen. Die Gedenkstätte „Landjuden an der Sieg“, die dort inzwischen ihre Heimat hat, wird seit 2017 saniert. Das hielt den parlamentarischen Staatssekretär im Ministerium für Kunst und Wissenschaft, Klaus Kaiser, nicht von einem Besuch ab. Seit September 2018 hatte er sämtliche NS-Gedenkstätten und Erinnerungsorte des Landes besucht, Rosbach war der letzte von 29.
Kaiser zeigte sich vom ehrenamtlichen Engagement der Bürgerschaft, aber auch der amtlich Verantwortlichen begeistert und hörte sich gern die Geschichte der Gedenkstätte an.
Ansprache junger Leute
„Wir wollen mit den Gedenkstätten vor allem junge Leute ansprechen“, sagte Kaiser. „Sie bieten die Möglichkeiten, mit den Jugendlichen zu diskutieren, wie die Situation für die Betroffenen war. Das ist auch im Sinne von politischer Bildung ganz wichtig.“ Man könne an so einem authentischen Ort „Fakten statt Fakes“ miteinander diskutieren.
Schon 1988 hatte der Rhein-Sieg-Kreis anlässlich des 50. Jahrestages der Novemberpogrome beschlossen, das jüdische Leben an der Sieg zu dokumentieren. Hilde Seligmann stellte dafür das ehemalige Wohnhaus ihres verstorbenen Schwiegervaters Max Seligmann zur Verfügung. Der jüdische Altwarenhändler hatte als einziges von vier Kindern den Holocaust überlebt. Bis 1971 war das Haus Wohn- und Arbeitsplatz seiner Familie. Sein Vater, Moses Seligmann, hatte das heute rund 200 Jahre alte Gebäude 1919 erworben.
Seit 1994 gibt es die Gedenkstätte. In neun Räumen des zweigeschossigen Fachwerkhauses und der originalgetreu eingerichteten Werkstatt wurden bis 2017 Religion und Kultur, Arbeit und Alltag, aber auch Verfolgung und Vernichtung der ehemals in der Siegregion lebenden Juden dokumentiert. Viele der Ausstellungsstücke sollen nach der Sanierung und der Wiedereröffnung, die für Ende des Jahres geplant ist, wieder zurückkehren. „Allerdings mit einem anderen Konzept“, betont Kreisarchivarin Dr. Claudia Arndt, die die Gedenkstätte wissenschaftlich und personell betreut und sich auch um die weitere Erforschung und Aufbereitung der jüdischen Geschichte im Rhein-Sieg-Kreis kümmert.
Der Eingang solle von der Bergstraße und nicht über den Innenhof zu erreichen, das Gebäude barrierefrei sein.Arndt: „Das inhaltliche Konzept, das sich besonders an junge Menschen richtet, ist in Arbeit.“
Neues Programm der Gedenkstätte
Nach der Corona-Pause nimmt die Gedenkstätte „Landjuden an der Sieg“ ihren Veranstaltungsbetrieb wieder auf . Auftakt ist am Freitag, 28. August, der Rundgang „Auf den Spuren ehemaligen jüdischen Lebens am Siegburger Markt“ mit Kreisarchivarin Claudia Arndt. Zum europäischen Tag der jüdischen Kultur am 6. September findet eine Führung über den alten jüdischen Friedhof in Siegburg statt, am Abend folgt ein Vortrag zu Irmgard Keuns Roman „Nach Mitternacht“.
Das vollständige Programm ist bei der Geschäftsstelle der Gedenkstätte im Siegburger Kreisarchiv (Kaiser-Wilhelm-Platz 1), per E-Mail oder Download erhältlich. Weitere Auskünfte unter 02241/13 29 29.
Wer die Arbeit der Gedenkstätte unterstützen möchte, kann Mitglied im Förderverein werden. Die Fördermittel fließen in die Ausstattung der Gedenkstätte und die Durchführung von Sonderveranstaltungen und Projekten. Der gemeinnützige Verein ermöglicht auch die Herausgabe der Publikationsreihe „Gedenk-Schriften – Schriftenreihe der Gedenkstätte Landjuden an der Sieg e. V.“. Die Jahresmitgliedschaft beträgt 15 Euro. Darin enthalten ist freier Eintritt der Gedenkstätte, Ermäßigung bei allen Veranstaltungen, persönliche Einladung zu Sonderveranstaltungen und besondere Konditionen für die Publikationsreihe „Gedenk-Schriften“. (pf, que)