Windeck – Vier Jahre lagen die vier Gebäude des Internats am Herchener Päda im Dornröschenschlaf. Seit Herbst toben dort wieder Kinder durch die Flure und auf dem neu gestalteten Innenhof. Der Rhein-Sieg-Kreis ist mit den Außenstellen der Rudolf-Dreikurs-Schule Siegburg und der Richard-Schirrmann-Schule Hennef-Bröl aus Eitorf-Irlenborn in die Räume der Evangelischen Kirche im Rheinland gezogen.
Noch ist nicht alles fertig. Aber Kirchenarchitekt Stephan Schönenbach liegt nicht nur im Zeitplan. Er geht auch davon aus, dass er unter den veranschlagten Kosten von 2,96 Millionen Euro bleibt. In der vor rund 30 Jahren bezogenen Außenstelle Irlenborn sei es schon seit einiger Zeit eng geworden, berichtet der Schuldezernent des Kreises, Thomas Wagner, beim Ortstermin.
Kurze Wege sollen bleiben
Auch bauphysikalische Gründe hätten den Kreis gezwungen, sich nach einer Alternative umzuschauen: „Der Standort war nicht mehr tragbar.“ Dass der neue Standort auch an der Oberen Sieg liegen sollte, habe nie in Frage gestanden. Schließlich habe es sich bewährt, gerade den Förderschülern im Grundschulalter lange Wege zu ersparen.
Der Rhein-Sieg-Kreis betreibt acht Förderschulen mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Daneben werden viele Kinder im Rahmen der Inklusion in den Regelschulen unterstützt. Er sei stolz auf die gute technische und digitale Ausstattung der Schulen, sagt Schuldezernent Thomas Wagner.
Der Förderschwerpunkt Sprache steht in der Rudolf-Dreikurs-Schule in Siegburg und jetzt Herchen sowie an der Schule Auf der Wicke in Alfter im Mittelpunkt. Auf den Schwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung setzten die Richard-Schirrmann-Schule in Hennef-Bröl und jetzt in Herchen sowie die Schule am Rotter See in Troisdorf und die Waldschule in Alfter. Die geistige Entwicklung der Kinder fördern die Heinrich-Hanselmann-Schule in Sankt Augustin und die Förderschule Rossel in Windeck sowie die Vorgebirgsschule in Alfter.
Die Gemeinde Windeck ist über einen öffentlich-rechtlichen Vertrag mit der Roseggerschule im oberbergischen Waldbröl verbunden, die die Schwerpunkte emotionale und soziale Entwicklung sowie Lernen hat.
So kam der Rhein-Sieg-Kreis mit der Evangelischen Kirche im Rheinland ins Gespräch. Diese betreibt das Bodelschwingh-Gymnasium, in Herchen „Päda“ genannt, mit Mensa, Sportstätten und Schwimmbad. Die Wohnräume für Internatsschüler hatte sie vor nicht einmal zehn Jahren komplett energetisch sanieren lassen. Vor fast fünf Jahren fiel die Entscheidung, das Internat aus Kostengründen aufzugeben.
Kirche und Kreis wurden sich einig. Kirchenplaner Schönenbach ließ für den neuen Mieter Wände einreißen, neue Türen planen und den inzwischen ein wenig zugewachsenen Innenhof neu gestalten. Aus den früheren Schlafräumen für jeweils zwei Internatsschüler wurden Unterrichtsräume für die zehn und 15 Kinder zählenden Klassen der Schulen.
Projekträume entstanden, als Fluchtwege aus den Obergeschossen wurden Stahltreppen angebaut. Wo die Internatsschüler einst an einer kleinen Bar am Kamin ihre Feten feiern durften, zieht das Sekretariat ein. Kopierer und Büro-Utensilien sind erste Vorboten.
Der Abschluss der Arbeiten ist für Sommer geplant
„Für uns als Kirche passt das hervorragend ins Konzept“, kommentiert Schönenbach den Einzug der neuen Mieter. Für die Kinder hat er den Innenhof als Raum zum Toben und Spielen umgestalten, die Wege zwischen den Gebäuden barrierefrei anlegen lassen. Auf einer Wiese soll ein Spielgerät aufgestellt und Platz zum Fußballspielen geschaffen werden. Telefon- und Internetanschlüsse sollen dann fertig sein. Gezahlt hat das alles der Rhein-Sieg-Kreis als zukünftiger Mieter für mindestens die nächsten zehn Jahre.
Es habe wie bei jedem Umzug Reibungsverluste gegeben, räumen Architekt, Schuldezernent sowie die beiden Schulleiter, Marcel Meinecke (Richard-Schirrmann-Schule Hennef-Bröl) und Wolfgang Gräber (Rudolf-Dreikurs-Schule Siegburg), offen ein, betonen aber stets die gute Zusammenarbeit.
Bislang haben die Schulen zwei der vier Häuser bezogen. Zum Sommer will Schönenborn auch die beiden anderen fertig umgebaut haben. Zwölf Klassenräume samt Projekträumen stehen dann zur Verfügung. Sporthallen und Schwimmbad nutzen die Förderschüler ebenso mit, wie demnächst die Mensa. „Dann haben wir erst einmal Platz“, sagt Schuldezernent Wagner.
Die Zahl der Förderschüler steigt
Er ist sich indes schon jetzt sicher, dass der auch gebraucht wird. Die Zahl der Förderschüler nehme zu. Im benachbarten Windeck-Rossel habe die Schule über Jahre immer nur knapp ihre Mindestzahl erreicht. Jetzt werde über den Einzug dortiger Schüler in Herchen zumindest nachgedacht. Raum werde auch die Offene Ganztagsschule beanspruchen.
Die Idee der damaligen rot-grünen Landesregierung, über den Weg der Inklusion von Förderschülern in den Regelunterricht letztendlich auf die Förderschulen verzichten zu können, habe sich als nicht praktikabel erwiesen, berichtet Wagner. Die Zahl der Kinder, die beim Lernen oder in der emotionalen und sozialen Entwicklung gefördert werden müssten, nehme stetig zu. Dass diese Kinder im „Kreis-Allgäu Windecker Ländchen“ hoch über der Sieg und unmittelbar am Wald lernen könnten, sei eine tolle Sache, schwärmt der Schuldezernent.