Windeck – Die Abstammung trägt er nah am Herzen. Der Ururgroßvater von Martin Tim Kuhne war ein MacGregor, und das Wappen dieses schottischen Volkshelden hat er sich auf seine linke Brust tätowiert. Das Tragen des Kilts der MacGregors steht für den waschechten Sachsen und seine Frau außer Frage.
Doch was verschlägt den in der Nähe von Leipzig aufgewachsenen Martin Tim Kuhne und seine Ehefrau, die US-Amerikanerin Mollie Jo Hoss-Kuhne, ins Windecker Ländchen? „Sie haben nach ihrem Umzug in unsere Region zu mir Kontakt aufgenommen und gesagt, sie benötigen eine 20 mal 40 Meter große Wiese, um die Sportarten für die Highland Games zu trainieren. Ob das auf dem Acker neben unserem Sportplatz möglich wäre“, erinnert sich Jürgen Gansauer, Vorsitzender des SV Leuscheid.
Anfrage führte zu Gründung von neuer Abteilung
„Wir suchen eine Trainingswiese, und wir machen keinen Klamauk“, teilte der Kraftsportler Martin Tim Kuhne in seinem sächsischen Dialekt damals dem etwas verdutzten Fußballer Gansauer mit. Von dem, was die Highlander da für sportliche Leistungen aus dem Hut zauberten, war Gansauer so begeistert, dass er sich mit seinen Vorstandskollegen dazu entschied, eine eigene Abteilung „Highland Games“ als sechste Abteilung des Vereins zu gründen.
„Auf dem Sommerfest sind die beiden sensationell empfangen worden; da ist für uns die Idee geboren“, berichtet Gansauer. „Bislang haben wir zwar erst nur die zwei Mitglieder, aber wir sprechen mit der Sportart ein ganz anderes Sport-Publikum an. Die Sportart wird in der Region sicherlich nicht oft angeboten. Und Interessenten können bei uns von Deutschen Meistern trainiert werden.“
Damit meint der Vereinsvorsitzende die jüngsten Erfolge der beiden. Bei der Deutschen Meisterschaft im „Highland Games“ in Kerpen im August – kurz vor der Hochzeit – holte sich der 32-jährige Martin Tim Kuhne nach zuvor zwei Vizetiteln den ersten Deutschen Meistertitel seiner Karriere. Seine Frau Mollie Jo Hoss-Kuhne (30) wurde Deutsche Vizemeisterin und konnte ihren Meistertitel nur knapp nicht verteidigen.
Steinstoßen und Baumstammüberschlag sind legendäre Disziplinen
Dann zeigen die beiden, worum es geht. Gewertet für den Titel werden acht Disziplinen: Gewichthochwurf, Gewichtweitwurf, Hammerwerfen, Steinstoßen und der legendäre Baumstammüberschlag. Bei dem kommt es nicht etwa darauf an, wie weit man den sechs Meter langen und 120 Kilogramm schweren Baumstamm nach einen kurzen Anlauf wirft. „Der Stamm muss sich einmal um die Längsachse drehen, und die technische Ausführung wird von Wertungsrichtern beurteilt“, erklärt der Kraftsportler.
Verband ist erst 15 Jahre alt
Gegründet wurde der Deutsche Highland Games Verband (DHGV) im Jahr 2006. Er fördert und unterstützt die Vereine in allen fachlichen Fragen und ist dem Deutschen Rasenkraftsport- und Tauziehverband im Deutschen Olympischen Sportverband DOSB zugeordnet.
Das Regelwerk umfasst im Internet 14 Seiten, von der Kleiderordnung bis zur Beschaffenheit der Gewichte und Ausführung der Würfe. Die Highland Games sind traditionelle Veranstaltungen mit sportlichen Wettkämpfen. Sie waren ursprünglich Bestandteil der Treffen schottischer Clans in den Highlands. In Schottland finden im Jahr bis zu 100 solche Veranstaltungen statt. (que)
In drei Disziplinen gibt es Light und Heavy. Dann sind die Gewichte noch einmal deutlich schwerer, bis zu 25,4 Kilogramm.
Seine Erfolge bei der Deutschen Meisterschaft hat das Duo durch gleich mehrere Rekorde erreicht. Mollie Jo Hoss-Kuhne hat ein 12,7 Kilogramm schweres Gewicht ähnlich dem Diskus 12,31 Meter weit geworfen. Mit dem leichteren 6,35 Kilogramm Gewicht kommt sie auf 20,40 Meter, beides aktuelle deutsche Rekorde. Ihr Ehemann hat bei den Deutschen Meisterschaften ein 25,4 Kilogramm schweres Gewicht 4,50 Meter über eine Stange wie beim Hochsprung bugsiert.
Man merkt beiden Extremsportlern schnell an, dass es eine Leidenschaft ist, dieser ungewöhnlichen Sportart nachzueifern. Sie trainieren gemeinsam fünfmal die Woche, oft im Fitnessstudio, wobei es um Schnellkraft geht, und zweimal in der Woche geht es auf die Wiese.
Vor vier Jahren hatten die beiden sich bei einer Kraftsport-Veranstaltung kennengelernt. Während seine Frau, die aus dem US-Bundesstaat Illinois stammt, sich als ehemalige Kraftsportlerin erst seit dem Kennenlernen ihres Mannes für die Highland Games interessiert, ist Martin Tim Kuhne fast schon damit aufgewachsen. „Mein Vater hat 2006 sogar den Deutschen Highland-Games-Verband mit begründet.“
Viele Veranstaltungen sind von dem Orga-Team ins Leben gerufen worden. Sein Vater war auch Mitbegründer des Verbandes.
„Das kann man sicherlich nicht mit den Events in Schottland vergleichen“, erklärt Kuhne, der als Verkäufer von Sportkonzentraten arbeitet. Sie seien im Sommer in Deutschland und Europa fast jedes Wochenende unterwegs, doch reich werden könne man damit auf keinen Fall. „Es gibt schon mal ein paar Euro Antrittsgeld, aber damit finanziert man die Anreise“, fügt Mollie Jo Hoss-Kuhne hinzu, die in Köln bei BASF als Projektleiterin arbeitet.
Bei Veranstaltungen in Schottland freut sich das Duo über den großen Zuspruch. Das seien Volksfeste mit bis zu 35.000 Zuschauern. Noch treten Kuhne und seine Ehefrau als Vereinsmitglied des Vereins „MacGregor 1999 Prießnitz“ an. Vielleicht demnächst dann aber auch als Clubmitglieder des SV Leuscheid.